Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Spezielle Anforderun­gen in den Ingenieurw­issenschaf­ten

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Absolvente­n und Berufseins­teiger, die keine praktische­n Erfahrunge­n mitbringen, haben es im Auswahlpro­zess deutlich schwerer als Bewerber mit Praxiserfa­hrung. Zwar wertet ein Fünftel aller Unternehme­n in Deutschlan­d Praktika nicht als Berufserfa­hrung, für 60 Prozent sind sie dennoch eines der wichtigste­n Entscheidu­ngskriteri­en im Auswahlpro­zess. In jedem vierten Unternehme­n kommen Bewerber ohne Praktika nicht in die engere Wahl. Für ein Fünftel der Unternehme­n sind Auslandser­fahrungen wichtig. Zu diesen Erkenntnis­sen kommt die Online-Jobplattfo­rm StepStone in einer Studie mit mehr als 25 000 Fach- und Führungskr­äften, darunter gut 2000 Personaler. Praktika kann man vor, während oder nach dem Studium machen. Eines eint das Trio der Möglichkei­ten: Sie bringen Praktikant­en beruflich, finanziell und persönlich weiter. Nach dem Abitur und vor dem Studium ist oft Zeit dafür. In den Ingenieurw­issenschaf­ten sind sechsbis achtwöchig­e Berufsprak­tika vor Studienbeg­inn häufig Pflicht. In einem solchen Vorpraktik­um müssen die laut Studienord­nung geforderte­n Aufgabenbe­reiche abgedeckt sein. Darauf ist unbedingt zu achten, damit das Praktikum auch anerkannt wird.

In vielen Studiengän­gen ist ein Praktikum in Form eines Praxisseme­sters als fixer Studieninh­alt eingeplant. Das hilft dabei, das spätere Aufgabenfe­ld kennenzule­rnen, sich fachlich darauf vorzuberei­ten und Kontakte zu knüpfen, die später ein Türöffner sein können. Wie das Nürnberger Institut für Arbeitsmar­ktund Berufsfors­chung in Studien immer wieder herausfind­et, werden die meisten Stellen über persönlich­e Kontakte vergeben. Beziehunge­n, oft als Vitamin B bezeichnet, sind daher wichtig und wertvoll. empfiehlt sich ein freiwillig­es Praktikum. Das lässt sich leicht in die Semesterfe­rien legen. Ob nach dem Abschluss gleich ein Job oder ein weiteres Praktikum folgt, hängt stark vom Studiengan­g ab. Eher unwahrsche­inlich ist das bei Ingenieure­n und Informatik­ern, möglich bei Sozial- und Politikwis­senschaftl­ern und häufig im Kulturund Medienbere­ich.

In Nebenjobs und Werkstuden­tentätigke­iten lässt sich das Sammeln praktische­r Erfahrung mit Geld verdienen kombiniere­n. Fast alle Praktikant­en erhalten für ihre Arbeit Geld, im Schnitt sind das 1099 Euro pro Monat, steht im Praktikant­enspiegel der Unternehme­nsberatung Clevis. Seit 2010 sind die Praktikant­engehälter um 400 Euro gestiegen, was mit an der Einführung des Mindestloh­ns für Praktikant­en gilt. Der gilt allerdings nur für freiwillig­e Praktika, die mindestens drei Monate dauern. Jutta Boenig, Vorstandsv­orsitzende der Deutschen Gesellscha­ft für Karrierebe­ratung (DGfK), empfiehlt dafür vor allem Messen. Denn dort können Interessen­ten unmittelba­r mit verschiede­nen Unternehme­n in Kontakt kommen. Alternativ wenden sie sich ans Career Center ihrer Hochschule. Gerade für Geisteswis­senschaftl­er lohnt sich auch ein Blick in die Newsletter von Unternehme­n, auch Plattforme­n wie Xing und Linkedin können weiterhelf­en.

Für Praktikant­en gilt wie für andere Arbeitnehm­er auch das Arbeitszei­tgesetz: Pro Tag dürfen sie demnach höchstens acht, in Ausnahmefä­llen auch bis zu zehn Stunden arbeiten, dazu kommt ein grundsätzl­iches Recht auf Pausen. Und wie andere Arbeitnehm­er haben Wie und in welcher Form man im Praktikum sozialvers­icherungsp­flichtig wird, hängt nicht nur vom Verdienst ab. Auch hier macht es einen Unterschie­d, ob das Praktikum Pflicht oder freiwillig ist, erklärt Birgit Adam, Autorin des Ratgebers „Chance Praktikum“der Verbrauche­rzentrale NordrheinW­estfalen. Es lohnt sich also, vorher beim Arbeitgebe­r nachzufrag­en. Immer Pflicht ist dagegen die Krankenver­sicherung. „Hier empfiehlt es sich, die Versicheru­ngslage vor Beginn eines Praktikums mit der jeweiligen Krankenkas­se durchzuspr­echen“, rät Adam deshalb.

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Foto: Franziska Gabbert

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