Intelligente Oberflächen fürs Cockpit von morgen
Smart Surfaces verdrängen Schalter und Knöpfe im Auto – Licht kommt eine immer größere Bedeutung zu
Schalter und Tasten am Lenkrad, in der Mittelkonsole Knöpfe, darüber ein großer Monitor: Cockpits von modernen Autos gleichen manchmal denen in Flugzeugen. Große Bildschirme und Head-up-Displays hatten in den vergangenen Jahren bereits zu deutlichen Veränderungen im Innenraum geführt. Mit den Knöpfen aber könnte es schon bald vorbei sein. Immer mehr Hersteller entrümpeln ihre Fahrzeuge.
„Künftig werden Teile der Oberflächen interaktiv sein, wir sprechen von Smart Surfaces“, sagt Andreas Wlasak, Leiter Industrial Design beim Autozulieferer Faurecia. Wenn Oberflächen bedienbar werden und nicht nur einen dekorativen
Wert haben sollen, müssen sie spür- und fühlbar eine Rückmeldung an den Nutzer geben. „Sie müssen eindeutig zeigen, welche Funktion sie anbieten“, so Wlasak. Rein dekorative Oberflächen werde es immer weniger geben.
Mit den Smart Surfaces lässt sich die Anzahl der sichtbaren Funktionen an den Insassen und seine aktuelle Situation anpassen. „Es geht darum, flexible und intuitive Anzeigeund Bedienmöglichkeiten zu schaffen, um das Cockpit nicht zu überfrachten und dem Fahrer die momentan wichtigste Information dort zu zeigen, wo seine Aufmerksamkeit liegt“, so Wlasak. So kann beispielsweise die Steuerung der Klimaanlage verborgen werden. Sie erscheint in diesem Fall nur dann, wenn sich eine Hand nähert.
Bei den smarten Oberflächen sind akustisches Verhalten, elektronische Leitfähigkeit und Lichtdurchlässigkeit wichtig. „Ziel muss es sein, dass die traditionellen Materialien und die digitale Welt im Auto nicht nebeneinander existieren, sondern dass die Grenzen verschwimmen und die Funktionen verschmelzen“, sagt Wlasak. Einerseits, um den Kunden mit der Neuheit zu überraschen. Andererseits aber auch, um weitere Funktionen im Auto elegant zu integrieren.
Auch Continental forscht am Cockpit von morgen. „Licht wird künftig noch stärker bei Oberflächen eingesetzt werden“, sagt Andreas Brüninghaus, Experte für Haptik und Gestaltung im Automobilinnenraum bei dem Zulieferer. „Lichtdurchlässige Oberflächen können – neben klassischen
„Der Kunde wird ein Ambiente fordern, in dem der Fokus nicht mehr auf das reine Fahren gelegt wird.“Martina Starke, Leiterin Design Zukunft und Marke bei BMW
Anzeigeflächen – auch in anderen Bereichen im Cockpit zum Informationsgeber werden.“So könnten optische Warnsignale in der Seitentür oder im Heck des Fahrzeugs erscheinen. Besonders effizient sei das, wenn per Innenraumkamera auch die Blickrichtung des Fahrers erfasst werden könne. So informiere das Auto den Fahrer wirklich nur dort, wo er gerade hinschaue. Moderne Oberflächen sollten überdies unempfindlich gegenüber hässlichen Kratzern und auch reinigungsfreundlich sein. Außerdem sollten sie sich nicht stark aufheizen, um die dahinter liegende Technik nicht zu gefährden.
„Der Innenraum wird sich im Laufe des autonomen Fahrens verändern. Der Kunde wird ein Ambiente fordern, in dem der Fokus nicht mehr auf das reine Fahren gelegt wird“, sagt Martina Starke, Leiterin Design Zukunft und Marke bei BMW. „Um sich wohlzufühlen, wird das optische und haptische Erlebnis mehr in den Vordergrund rücken.“Hinzu komme eine stärkere Individualisierung bei Licht, Sound und Geruch.
Für neue Bedienkonzepte entwickeln die Hersteller eine eigene Designsprache. Beleuchtete, hinterleuchtete oder selbstleuchtende Oberflächen können, ganz nach persönlichem Geschmack, den Innenraum beinahe zur Wohnstube machen. „Licht ist heute zuweilen im Bereich des Cockpits quasi das, was früher einmal Chromringe waren“, sagt Hans-Joachim Hayn, Entwicklungsingenieur Instrumententafel bei Volkswagen. Berührungsempfindliche Cockpits wie von Faurecia oder Continental sieht er bei VWFahrzeugen in Zukunft aber nicht. „Solche versteckten Bedieneinheiten widersprechen unserer Bedienphilosophie“, sagt er.
Eines wird nach Meinung von Andreas Wlasak aber bleiben: Menschen freuen sich über Oberflächen, die sich gut anfühlen, die hochwertig verarbeitet sind und gut aussehen. Traditionelle Materialien wie Leder, Stoff, Holz, Aluminium oder Chrom werden deshalb auch künftig im Auto verbaut, bei manchen Fahrzeugen zudem Carbon, Stein, keramische Oberflächen, Glas und Naturfasern. „Nicht mal ein Technikfreak würde als Boden seines Wohnzimmers einen LED-Bildschirm wählen“, sagt er. Sondern Holzplanken, die sich beim Barfußgehen einfach gut anfühlen. (dpa)