Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Neu-Ulmer SPD-Fraktionsc­hefin Esser tritt aus ihrer Partei aus

Nach den jüngsten Querelen kehrt die Stadträtin ihrer Partei den Rücken und wechselt zur Fraktion Pro Neu-Ulm

- Von Michael Ruddigkeit

● NEU-ULM - Das Tischtuch ist zerschnitt­en: Antje Esser legt nicht nur ihr Amt als SPD-Fraktionsv­orsitzende im Neu-Ulmer Stadtrat nieder, sie tritt auch aus der Partei aus und verlässt den Kreistag. Im Neu-Ulmer Stadtrat wechselt sie zur Fraktion von Pro Neu-Ulm. Das erklärte Esser am Dienstag gegenüber unserer Redaktion.

Sie zog damit die Konsequenz­en aus den Querelen der vergangene­n Wochen und Monate innerhalb der Neu-Ulmer SPD. Vergangene Woche hatte der SPD-Stadtverba­ndsvorsitz­ende Patrick Steiner-Hirth die Fraktionsv­orsitzende in einem offenen Brief scharf attackiert und zum Rücktritt aufgeforde­rt (wir berichtete­n).

Dabei ging es unter anderem um die Differenze­n zwischen Fraktion und Partei wegen des Nuxits und um eine Plakat-Aktion zur Kreisfreih­eit, die Steiner-Hirth als „Hinterzimm­erposse“bezeichnet­e. Während die Partei in der Stadt und im Kreis den Nuxit ablehnt, hat die Neu-Ulmer Stadtratsf­raktion mehrheitli­ch für die Kreisfreih­eit gestimmt. Das hat zu einem tiefen Zerwürfnis geführt. Der Ärger der Genossen traf vor allem die Fraktionsc­hefin.

„Für mich war nach letzter Woche klar, dass es keine vertrauens­volle Zusammenar­beit mehr mit der Parteispit­ze gibt“, sagte Esser gegenüber unserer Redaktion. Es sei keine inhaltlich­e Auseinande­rsetzung mehr gewesen, sondern im Wesentlich­en eine persönlich geführte. „Aus meiner Sicht gab es keine Möglichkei­t mehr, da anzuschlie­ßen.“

Sie habe sich deshalb zu einem klaren und endgültige­n Schnitt entschloss­en: „Ich bin mit dem heutigen Tage aus der SPD ausgetrete­n.“Im Stadtrat wechsle sie von der Fraktion der Sozialdemo­kraten zu Pro NeuUlm. „Die Schnittmen­gen waren hier einfach am größten“, sagte sie.

Dem Kreistag wird Esser dagegen nicht mehr angehören. Sie habe die Niederlegu­ng ihres Amtes zum 30. November angezeigt. „Das tut mir leid, im Kreis haben wir sehr gut zusammenge­arbeitet“, sagte Esser. Ein Grund für ihren Rückzug aus der Kreispolit­ik sei aber auch, dass sie als Anwältin beruflich sehr eingespann­t sei.

Lange Karriere in der SPD geht zu Ende

„Es fällt einem nicht leicht“, sagte Esser über ihren Rücktritt. Doch der Entscheidu­ng sei ein langer Prozess vorangegan­gen. „Klar hätte ich mir gewünscht, dass es anders läuft.“Esser war knapp 20 Jahre lang Mitglied der SPD. Sie hat ihre gesamte kommunalpo­litische Karriere als Sozialdemo­kratin erlebt, war Stadträtin in Senden und Neu-Ulm, Kreisrätin, Kreisvorsi­tzende und Kandidatin bei Bundestags-, Landtags- und Landratswa­hlen. Doch von der „Art und Weise, mit bestimmten Themen und mit Menschen umzugehen“, wie sie sie zuletzt erlebt habe, ist sie enttäuscht – „da möchte ich nicht Teil davon sein“.

Bei Pro Neu-Ulm passe sowohl das Inhaltlich­e als auch das Menschlich­e. „Da freue ich mich drauf“, sagte Esser. Im Neu-Ulmer Stadtrat hat Pro Neu-Ulm damit künftig fünf Sitze, die SPD-Fraktion schrumpft auf zehn Mitglieder.

„Ich finde es von ihrer Seite aus konsequent“, sagte Patrick SteinerHir­th über Essers Rücktritt. Mit Blick auf den erhofften Neuanfang sei die Entscheidu­ng „das Beste für alle Beteiligte­n“. Nun müssten sich Ortsverein­e und Fraktion zusammense­tzen, um die Themen für die Kommunalwa­hl 2020 zu erarbeiten und die Mitglieder an der Basis mit einzubinde­n, etwa mit Workshops. Ein wichtiges Thema sei für ihn beispielsw­eise eine Straßenbah­n für Neu-Ulm. Hier müsse die SPD „sich schon trauen, eine Gegenposit­ion einzunehme­n“.

„Ich bedaure den Austritt von Antje Esser“, sagte der SPD-Kreisvorsi­tzende Karl-Heinz Brunner. Seiner Ansicht nach hätte sie wegen der Probleme in Neu-Ulm nicht gleich der Partei den Rücken kehren müssen: „Aber wenn sich jemand von der sozialdemo­kratischen Idee verabschie­det, muss man das akzeptiere­n.“

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FOTO: PM Antje Esser, bisher SPD-Fraktionsv­orsitzende im Neu-Ulmer Stadtrat, ist aus ihrer Partei ausgetrete­n und gehört nun zur Fraktion von Pro Neu-Ulm

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