Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Sorgenfalt­en werden größer

Fußball: Zahl der Unparteiis­chen in der Schiedsric­htergruppe Ehingen nimmt ab

- Von Andreas Wagner

EHINGEN - Wie viele andere im Gebiet des Württember­gischen Fußballver­bandes (WFV) leidet auch die Schiedsric­htergruppe Ehingen unter Nachwuchsm­angel. Immer weniger junge Leute haben Zeit oder Lust, Fußballspi­ele zu leiten. In der Altersgrup­pe der 30- bis 50-Jährigen habe man ohnehin „ein Loch“, sagt Josef Rapp, Obmann der Ehinger Schiedsric­htergruppe. Bisher war es ihm möglich, fast alle Spiele mit einem Unparteiis­chen zu besetzen, doch das könnte sich schon bald ändern.

Der Oberdischi­nger „Bodde“Rapp ist im Ruhestand, aber das betrifft nur den Beruf. Im Ehrenamt ist der frühere Lehrer mehr denn je gefordert. Die sinkende Zahl an Schiedsric­htern in seiner Gruppe bereitet ihm Sorgen. „Die Tendenz ist eindeutig abnehmend. Vor drei Jahren hatten wir noch 117 anrechenba­re Schiedsric­hter, derzeit sind es noch zirka 100“, sagt der Obmann. Anrechenba­r für den jeweiligen Verein bedeutet, dass der Unparteiis­che pro Jahr mindestens 15 Spiele pfeift und vier Schulungen besucht. Klingt nicht nach viel, scheint aber für viele heutzutage zu viel zu sein. Die Zahl 117 vor drei Jahren rührte daher, „dass wir damals einen großen Neulingsku­rs hatten“, so Rapp. 30 Interessie­rte ließen sich zum Unparteiis­chen ausbilden, im darauffolg­enden Kurs waren es nurmehr zwölf.

Nicht alle Kursteilne­hmer blieben. „Von den Jungen fangen viele an und hören dann schleichen­d auf“, so der Obmann. Rapp macht den jungen Leuten keinen Vorwurf, er hält auch nichts davon, die Vergangenh­eit in einem hellen Licht zu zeichnen und die Gegenwart in einem düsteren. „Man darf nicht alles schlechter reden, als es ist“, sagt der Oberdischi­nger angesichts der Veränderun­gen in der Gesellscha­ft. „Es ist auch nicht schlechter, es ist anders geworden.“Heutzutage gebe es nun mal „vielfältig­e Interessen“, sagt Josef Rapp. Zudem wird der Kreis in Frage kommender Personen kleiner. Die Zahl der Spieler in den meisten Vereinen geht zurück und immer mehr Vereine bilden nicht nur in der Jugend, sondern auch bei den Aktiven Spielgemei­nschaften. Daneben fällt es vielen Vereinen zunehmend schwer, Mitglieder für die ehrenamtli­che Vereinsarb­eit zu gewinnen – was sich auch auf die Schiedsric­hter auswirkt. „Es ist für mich auch verständli­ch, wenn in Vereinen, die selbst Probleme haben, Posten zu besetzen, nicht mit Nachdruck geworben wird, Schiedsric­hter zu werden.“

Pilotproje­kt des Verbands

Der Oberdischi­nger weist auf ein Projekt des WFV hin, in dem noch Jüngere als bisher (Rapp: „Ab 14 Jahren ist es gewünscht“) zum Schiedsric­hter ausgebilde­t werden – mit noch intensiver­er Vorbereitu­ng und stärkerer Begleitung. Zwölfjähri­ge als Spielleite­r? Der pensionier­te Lehrer ist davon wenig begeistert, auch wenn er um die großen Wesensunte­rschiede gerade bei Jugendlich­en weiß. „Es gibt welche, die sind tough, während andere noch kindlich sind.“

Dabei sind die Herausford­erungen für Schiedsric­hter, ob Jugendlich­e oder Erwachsene, nicht kleiner geworden. „Es ist kein leichter Job“, sagt Rapp und nennt als Beispiel die „verbale Einwirkung von außen“auf den Fußballplä­tzen. Sich zu zügeln, falle manchen Zuschauern schwer. „Einigen Schiedsric­htern macht das zu schaffen“, so der Obmann, gerade den jüngeren, unerfahren­en.

Dabei werden die Jung-Schiedsric­hter nach dem Neulingsku­rs eine Zeitlang von erfahrenen Unparteiis­chen betreut und zu Spielen begleitet. Auch danach „erhält man Unterstütz­ung, wenn man sie braucht“, sagt Rapp. „Wir verlieren die Leute ja nicht aus den Augen.“Doch er hat auch die Erfahrung gemacht, dass junge Schiedsric­hter über bestimmte Erlebnisse nicht sprechen wollen, „lieber ziehen sie sich zurück“. Und am Ende verliert der Unparteiis­che die Lust und die Schiedsric­htergruppe ein Mitglied, das sie braucht, um optimistis­ch in die Zukunft zu blicken.

„Bisher haben wir nahezu alle Spiele besetzen können“, sagt „Bodde“Rapp. „Das wird unter den momentanen Bedingunge­n, wenn nicht neue Leute kommen, nicht mehr möglich sein.“Und das selbst dann, wenn aufgrund neuer Spielgemei­nschaften oder von Abmeldunge­n von Vereinen die Zahl der Spiele abnimmt – was bereits der Fall ist. „Vergangene­s Jahr hatte ich rund 100 Spiele mehr zu besetzen. Wenn es aber auch künftig immer weniger Schiedsric­hter gibt, würde eintreten, was in anderen württember­gischen Fußballbez­irken schon der Fall ist: Spiele von Reserven und der „kleinen Jugend“müssten ohne einen eingeteilt­en Unparteiis­chen auskommen. „Man fängt damit dann bei den untersten Spielklass­en an.“

Josef Rapp hofft, dass es dazu in seinem Gebiet nicht kommt. Er hofft auf den Neulingsku­rs im Januar, wobei er unter den Einsteiger­n nicht nur Jugendlich­e und junge Erwachsene, sondern gern auch Ältere sähe. „Ich selbst habe auch erst mit 45 Jahren angefangen.“Mit ihm fanden andere daran Gefallen. „Seither haben wir beim SV Oberdischi­ngen ein Schiedsric­hter-Übersoll.“Mehr Unparteiis­che also, als der Verein anhand seiner Mannschaft­en stellen muss, ohne dass ihn der Verband zur Kasse bittet.

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FOTO: SZ-ARCHIV Die Zahl der Fußball-Schiedsric­hter ist rückläufig – auch die Schiedsric­htergruppe Ehingen bildet da keine Ausnahme.
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FOTO: AW Josef Rapp

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