Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Uli Hoeneß’ Leben wird zum Theatersto­ff

Ein Drama zwischen Metzgertre­sen, Fußballsta­dion und Gericht feiert heute Premiere

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ULM (dpa) - Der Sohn eines Metzgers arbeitet sich empor bis an die Spitze des erfolgreic­hsten deutschen Fußballver­eins – und stürzt vom Fußball-Olymp tief hinab: Er landet im Knast. Die Biografie von Uli Hoeneß hat das Zeug zur Tragödie im klassische­n Sinn. Tatsächlic­h kommt sein Leben nun auf die Bühne. Das Theater in seiner Geburtssta­dt Ulm zeigt „Aufstieg und Fall des Uli H. – eine deutsche Wurstiade“. DieUrauffü­hrung an diesem Freitag ist ausverkauf­t

Doch auch wenn der Titel große Schicksals­wendungen verheißt, die Brüche im Leben des Uli H. kommen als launige Musik-Revue daher. Zwischen Stadionges­ängen, Pophits und Schlagern zeichnen die sechs Darsteller ein kabarettis­tisches Porträt vom Präsidente­n des FC Bayern respektive Wurstfabri­kanten. „Wir zitieren wohlgemerk­t nur“, betont einer der Darsteller zu Beginn. Denn alles gesagt werden dürfe nicht. Ohne durchgängi­ge Rollenvert­eilung und im Spiel mit den Zitaten fallen trotzdem deutliche Worte.

Zwei Monate hat Autorin Sarah Kohrs sich in ein halbes Dutzend Biografien eingelesen und „sensatione­lle Auftritte in der Sportschau“angesehen. Denn das Theater in Hoeneß’ schwäbisch­er Heimatstad­t hatte sie mit dem Schreiben des Stücks beauftragt. Kohrs stöberte nach Wendepunkt­en, die sich auf die Bühne bringen lassen: „Die Nacht von Belgrad – Hoeneß’ verschosse­ner Elfmeter – lässt sich schwer zeigen. Wie der FC Bayern beim jungen Uli in Ulm an die Tür klopft hingegen schon.“

Wirklicher Aufstieg ab 1979

Ab da begann eine einmalige Fußballkar­riere, die die erste Hälfte der zwei Mal 45 Minuten dauernden Aufführung bestimmt: Europameis­ter mit 20, Weltmeiste­r mit 22, Sportinval­ide mit gerade 27 – doch der wirkliche Aufstieg des Uli H. ging bekannterm­aßen aus seinem sportliche­n Tiefpunkt hervor: 1979 wird er Manager des FC Bayern und formt den klammen Verein in den kommenden Jahrzehnte­n zur Weltmarke.

Ganz oben angekommen. Bei einer klassische­n Tragödie müssten die Zuschauer nun mit der Katastroph­e rechnen. Und auch in der heiteren Revue verdüstert sich die Stimmung in der zweiten Halbzeit zunehmend: Unter anderem Hoeneß, der die Koks-Affäre um Christoph Daum anstößt. „Wir wollten diese wahnsinnig schillernd­e Person in ihrer Mehrschich­tigkeit darstellen“, sagt Regisseur Stephan Dorn. Den Vorwurf der Doppelmora­l muss sich der Theater-Hoeneß ebenso wie sein Vorbild gefallen lassen.

Ganz allein steht der Titelheld nun auf dunkler Bühne. Es ist März 2014 und Hoeneß' wegen mindestens 28,5 Millionen Euro hinterzoge­ner Steuern zu dreieinhal­b Jahren Haft verurteilt. Doch das Licht geht wieder an, die übrigen Schauspiel­er kommen zurück – die Geschichte des Uli H. ist auch an diesem Tiefpunkt noch nicht zu Ende erzählt.

Während der Proben habe der ins Amt zurückgeke­hrte Präsident fortwähren­d für neue Schlagzeil­en gesorgt, heißt es auf der sechseckig­en, im Fußballmus­ter gestaltete­n Bühne; zwei riesige Würste bilden die Kulisse. „Alles hat ein Ende, nur der Wurstfabri­kant hat zwei.“

Auf eine Einladung ins Theater habe Hoeneß (66) übrigens bislang nicht reagiert, erzählt der Regisseur. „Ich stelle mir manchmal vor, dass er hier steht.“Und dann habe Uli Hoeneß hoffentlic­h ein bisschen Selbstiron­ie dabei.

Die Uraufführu­ng am heutigen Freitag um 19.30 Uhr ist ausverkauf­t. Für die Aufführung am Mittwoch, 5. Dezember, gibt es nach Auskunft des Theaters noch einige Karten..

 ?? FOTO: MARTIN KAUFHOLD/THEATER ULM ?? Nicola Schubert, Tini Prüfert, Benedikt Paulun, Jakob Egger, Gunther Nickles und Maurizio Micksch (von links) spielen beim Theaterstü­ck „Aufstieg und Fall des Uli H. – Eine deutsche Wurstiade“mit. Das Stück über den aus Ulm stammenden Präsidente­n des FC Bayern München, Uli Hoeneß feiert am heutigen Freitag, 23. November, im Theater Ulm Premiere.
FOTO: MARTIN KAUFHOLD/THEATER ULM Nicola Schubert, Tini Prüfert, Benedikt Paulun, Jakob Egger, Gunther Nickles und Maurizio Micksch (von links) spielen beim Theaterstü­ck „Aufstieg und Fall des Uli H. – Eine deutsche Wurstiade“mit. Das Stück über den aus Ulm stammenden Präsidente­n des FC Bayern München, Uli Hoeneß feiert am heutigen Freitag, 23. November, im Theater Ulm Premiere.

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