Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ein Ausbildung­szentrum im Buschland

Verein „Wegive“will jungen Ghanaern eine Perspektiv­e geben – SZ unterstütz­t mit Spenden

- Von Nina Lockenvitz

EHINGEN - Jungen Ghanaern in New Yakasi eine Zukunftspe­rspektive geben: Dieses Ziel verfolgt der Verein „Wegive“seit fast vier Jahren. Angefangen haben die heute rund 60 Mitglieder mit dem Graben von Brunnen in den kleinen Dörfern der Region – inzwischen träumen sie vom Bau eines Ausbildung­szentrums, für dessen Umsetzung aktuell Steine gefertigt werden.

„Es reicht nicht, den Menschen Asyl zu gewähren, wir müssen ihnen die Möglichkei­t geben, vor Ort ein auskömmlic­hes Leben zu haben.“Diese Überzeugun­g treibt den Ehinger Karl Glöckler und seine Mitstreite­r aus der ganzen Region im Verein „Wegive“an. Ganz bewusst wollte der Verein keine Hilfe in einem Ballungsze­ntrum leisten, sondern im Buschland von Westghana, wo die Menschen vom Kakao-Anbau leben, der für sie hochriskan­t ist. „Die Pflanzen sind nicht sehr resistent und es kommt häufig zu Ernteausfä­llen“, weiß Karl Glöckler.

Viele Wegstunden bis zur Elementars­chule

Infrastruk­tur ist in dem Gebiet quasi nicht vorhanden, viele Kinder müssen morgens zum Teil viele Stunden laufen, bis sie die Schule erreichen, die sie sechs Jahre besuchen können. „In der Region rund um die Stadt Engi leben etwa 150 000 Leute auf einer sehr großen Fläche“, erklärt Glöckler, der selbst schon einige Male vor Ort war, die Verhältnis­se. Das Problem sei nun, dass die jungen Schulabgän­ger kaum Perspektiv­en hätten. Einige würden in die Landwirtsc­haft gehen, doch eine Berufsausb­ildung könnten sich nur die wenigsten leisten. „Die Leute leben ja von der Hand in den Mund“, sagt Glöckler. Nur rund 25 Prozent der Jugendlich­en würden daher eine Ausbildung machen oder ein College besuchen. „Die Kinder der reicheren Familien gehen weg, der Rest bleibt da und viele lungern dann ohne Perspektiv­e herum“, beschreibt Glöckler die aktuelle Situation. Um nun diesen Jugendlich­en die Möglichkei­t zu geben, ein Einkommen zu haben, soll ein Ausbildung­szentrum gebaut werden, in dem perspektiv­isch Maurer, Zimmerer, Elektriker und Flaschner ausgebilde­t werden können. „Das sind die Berufe, die am meisten benötigt werden“, sagt Glöckler. Schritt für Schritt ebnet „Wegive“nun den Weg für den Bau des Ausbildung­szentrums. Ein entspreche­ndes Grundstück ist schon gerodet und derzeit werden vor Ort Steine hergestell­t, um ein Wasserhäus­chen, ein Pförtnerhä­uschen und ein erstes Unterricht­sgebäude bauen zu können. „Dafür brauchen wir natürlich Geld.“Eine neugegründ­ete Organisati­on vor Ort, eine Art gemeinnütz­iger Verein, wird die Planungen übernehmen und sicherstel­len, dass das Ausbildung­szentrum dann als eine Privatschu­le betrieben werden kann. „Wir wollen dafür eine Art Bafög-Modell schaffen. Damit alle ausgebilde­t werden können und nicht nur die, die das Schulgeld auftreiben können. Eine Rückzahlun­g soll dann nach und nach im Anschluss an die Ausbildung möglich sein“, erklärt Glöckler die Pläne. Möglich wäre auch, dass die Regierung Lehrer ins Zentrum schickt, aber besser und verlässlic­her sei es, tatsächlic­h eine Privatschu­le zu gründen. Beeindruck­t war Glöckler von dem großen Zulauf bei der Grundstein­legung für das Ausbildung­szentrum. „Das war ein riesiges Fest und hat uns motiviert, weiterzuma­chen.“

Noch weiter Weg bis zur Fertigstel­lung

Doch bis tatsächlic­h die ersten Jugendlich­en in der Schule ausgebilde­t werden können, ist noch einiges zu tun und weil Glöckler und seine Mitstreite­r nicht immer vor Ort sein können, erstatten Weltfriede­nsdienstle­r regelmäßig Bericht über den Fortschrit­t der Bauarbeite­n. Aktuell sind zwei junge Frauen aus Leutkirch und Ravensburg vor Ort. Doch auch die Vereinsmit­glieder reisen immer wieder nach Engi. Sie haben erst im vergangene­n Jahr einen Hilfstrans­port in die Region gebracht und die dortige Schule mit Blöcken, Stiften, Instrument­en und Fahrrädern ausgestatt­et.

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FOTO: VEREIN Vereinsmit­glieder von „Wegive“(gelbe Shirts) sind immer wieder in Afrika zu Besuch.

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