Neu-Ulmer Kreiskliniken im Minus: Neue Gruselzahlen
Das Defizit ist noch weit höher als geschätzt - Falsche Zahlen beim Personal
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LANDKREIS NEU-ULM - Es sah fast ein wenig nach Resignation aus, wie die Mitglieder des Krankenhausausschusses auf die neuesten Gruselzahlen reagierten: Das Defizit der drei Kreiskliniken ist im vergangenen Jahr noch einmal drastisch nach oben geschnellt. Die Schätzungen für 2017 sagten noch ein Minus von 7,6 Millionen Euro vorher.
Doch mittlerweile ist der Abschluss gemacht, die Zahlen liegen auf dem Tisch, und siehe da: Hinter dem Minuszeichen steht plötzlich eine Zahl von fast 12,6 Millionen Euro. Das hat offenbar niemand so kommen sehen.
Deshalb sagte denn auch Landrat Thorsten Freudenberger (CSU): „Die Enttäuschung ist riesig.“SPDKreisrat Ulrich Schäufele sprach von einem „Schock für uns alle“. Offenbar war da in der Planung für die Stiftungskliniken einige schief gelaufen, doch das hatten die Wirtschaftsprüfer von KPMG, die sich ihre Arbeit teuer entlohnen ließen, auch nicht gemerkt.
Die neue Finanz-Hiobsbotschaft verkündete Stiftungsdirektor Marc Engelhard in seinem routinemäßigen Managementbericht für den Ausschuss eher nebenbei.
Zunächst musste erst noch verkündet werden, dass etwa der Mietvertrag für die Parkplätze an der Donauklinik verlängert wurden. Während die Vorausberechnungen für die Illertisser Klinik noch weitgehend stimmten – hier war ein Defizit von 4,6 Millionen Euro angesetzt gewesen – gingen sie bei Weißenhorn und Neu-Ulm deutlich auseinander. Am Stammsitz der Stiftung fiel das Minus um eine Million höher aus, in Neu-Ulm sogar um vier Millionen.
Nach Darstellung von Engelhard hat das unterschiedliche Gründe. So hätten sich die Erlöse weniger gut entwickelt als vorhergesagt und auch der Verkauf von Krebsmedikamenten, sogenannter Zytostatika, brachte weniger als geschätzt.
Ein ordentlicher Defizitbatzen entfällt auf die Personalkosten, die deutlich höher lagen, als im Wirtschaftsplan berechnet. Nach den Zahlen von Engelhard waren dafür fast zwei Millionen Euro zu wenig angesetzt worden – obwohl nicht mal alle Planstellen besetzt waren. Der Stiftungsdirektor sprach denn auch von „rechnerischen Fehleinschätzungen“.
Die sind ihm jedoch nicht anzulasten, denn er hat sein Amt erst am 1. Januar diese Jahres angetreten. Sein Vorgänger Michael Gaßner war im November 2016 entlassen worden, nachdem sich ein gewaltiges Defizit abgezeichnet hatte. Übergangsweise hatte den Posten Ernst Peter Keller inne.
Aber wie kann es sein, dass die Personalkosten so falsch kalkuliert waren? „Wo wurden da Fehler gemacht?“, wollte etwa Josef Kränzle (FW) wissen. Das konnte Engelhard nicht erklären: „Ich kann nur die Fakten feststellen.“Ob die Zahlen allerdings jetzt stimmen, wusste er auch nicht mit Sicherheit zu sagen, denn beim Controlling „ploppt immer mal wieder eine Rechnung auf“.
Das brachte Ulrich Schäufele zu der bitteren Feststellung, dass „wir 2017 im Blindflug unterwegs waren“. In der freien Wirtschaft sei so etwas undenkbar. Nicht nur er Personalbestand sei nicht beherrscht worden, auch bei der Materialplanung „sind wir amateurhaft unterwegs“. Wie Engelhard einräumte, gebe es immer noch einen gewissen Unsicherheitsfaktor bei den Berechnungen, aber: „Wir wissen zu 90/95 Prozent, wo wir hinkommen.“
Landrat Freudenberger machte angesichts des unerwartet hohen Defizits aus seinem Herzen keine Mördergrube. „Die Enttäuschung ist riesig“, gab er zu. Er nahm erst mal den amtierenden Stiftungsdirektor in Schutz, der hier nicht zum Sündenbock gemacht werden solle, denn diese Zahlen hätten andere zu verantworten. Er schoss auch noch eine Spitze auf KPMG ab, die er allerdings nicht direkt beim Namen nannte: „Was wir da an Beratung hatten ... so machen wir das nicht mehr. Wir haben dafür hunderttausende von Euros ausgegeben.“Das Ergebnis sei bei weitem nicht das, „was uns in Aussicht gestellt worden war.“
Am Freitag wird der Kreistag ebenfalls über das Klinikdefizit beraten.