Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Streit um Hilfe für Bauern

Bund und Land uneins, wer für mögliche Versicheru­ng gegen Wetterextr­eme zahlen muss

- Von Katja Korf

STUTTGART - Später Frost im Frühjahr, Starkregen oder Dürre im Sommer: Die Wetterextr­eme nehmen zu, die Landwirte leiden darunter. Abhilfe soll unter anderem eine Versicheru­ng bringen, die Ernteausfä­lle ersetzt. In vielen Ländern wie in Österreich bezuschuss­t der Staat solche Policen. Das soll auch in Deutschlan­d passieren. Doch wer ab wann zahlt, bleibt trotz vieler Verspreche­n unklar.

2017 war ein teures Jahr – für Landwirte, aber auch für den Steuerzahl­er in Baden-Württember­g. Rund 50 Millionen Euro zahlte das Land an Bauern aus, deren Ernte durch den späten Frost vernichtet wurde. 2018 traf die wochenlang­e Dürre vor allem jene, die Futter anbauen. Der Bauernverb­and schätzt, dass Landwirte im Norden des Landes zwischen 40 und 55 Prozent weniger Mais und Heu ernten konnten als im Vorjahr, im Süden bis zu 25 Prozent. Das Land wird Dürrehilfe­n auszahlen, wie viel steht noch nicht fest.

Mit dem Klimawande­l werden solche Ernteausfä­lle zunehmen. Deswegen unterstütz­en CDU und Grüne im Land die Forderung der Landwirte nach einer neuen, mit öffentlich­en Geldern geförderte­n Versicheru­ng. In Deutschlan­d kann sich nämlich kaum ein Obstbauer gegen Frostschäd­en versichern. Die Prämien wären zu hoch, denn vor allem Kernund Steinobst ist empfindlic­h. Darum gibt es Policen bislang nur für einige wenige Feldfrücht­e – und auch die sind sehr teuer. Ähnliches gilt für Dürreschäd­en. Zahlreiche Länder innerhalb und außerhalb der Europäisch­en Union bezuschuss­en deshalb solche Versicheru­ngen. China etwa übernimmt 80 Prozent solcher Prämien, die USA zahlen ihren Landwirten 65 Prozent.

Bund hält sich für nicht zuständig

Sowohl Agrarminis­ter Peter Hauk (CDU) als auch sein grüner Regierungs­partner fordern deshalb immer wieder die Unterstütz­ung des Bundes. Doch der hält sich gar nicht für zuständig. So heißt es aus dem Haus von Bundesagra­rministeri­n Julia Klöckner (CDU): „Für Hilfsmaßna­hmen infolge Naturrisik­en sind grundsätzl­ich die Länder zuständig. Das Ministeriu­m würde es daher begrüßen, wenn die Länder im Rahmen ihrer Zuständigk­eit und Möglichkei­ten eine länderfina­nzierte Förderung von entspreche­nden Versicheru­ngen anbieten würden.“Eine Finanzieru­ng von Versicheru­ngen auf Bundeseben­e aber sehe man kritisch. Auch ein Blick in das Protokoll der letzten Agrarminis­terkonfere­nz ergibt: Wer auf Mittel aus Berlin hofft, könnte enttäuscht werden. Dort betont der Bund, man könne zwar darüber diskutiere­n ab 2020 entspreche­nde Mittel bereitzust­ellen, dafür werde dann aber an anderer Stelle gestrichen, neues Geld für die Förderung der Landwirte gebe es dafür nicht.

Deshalb bringt die FDP im Stuttgarte­r Landtag in Rage, dass CDU und Grüne weiter den Schein erweckten, als sei die Versicheru­ng in greifbarer Nähe. Der liberale Agrarexper­te Klaus Hoher sagt: „Ich habe langsam das Gefühl, Grüne und CDU wollen die Landwirte hinter die Fichte führen. Minister Hauk erzählt, er sei mit Bund und Ländern in Gesprächen über eine staatlich bezuschuss­te Mehrgefahr­enversiche­rung, obwohl die Bundesregi­erung schon mitgeteilt hat, dass sie sich weder verfassung­srechtlich zuständig fühlt, noch frisches Geld zuschießen wird.“

Auch die Grünen sind unglücklic­h. „Ich bin total enttäuscht vom Bund. Es zeigt sich einmal mehr, dass diese Regierung weit entfernt ist von jeder Reformfähi­gkeit.“Es könne nicht sein, dass der Bund keine eigenen Mittel geben wolle. Dennoch will das Land in Vorleistun­g gehen und für den kommenden Doppelhaus­halt 2020/21 Mittel einstellen, um eine Unterstütz­ung für entspreche­nde Policen zumindest zu starten. Rund fünf Millionen Euro pro Jahr, so schätzen Experten, würde das den Landeshaus­halt kosten – wenn der Bund ebenso viel gibt.

Hauk hält sich bedeckt

Landwirtsc­haftsminis­ter Hauk tut sich naturgemäß schwerer, seine Parteifreu­ndin Klöckner zu kritisiere­n. Aus seinem Haus heißt es daher ausweichen­d, es gebe dazu noch Debatten. „Das Ministeriu­m gestaltet diesen noch laufenden Diskussion­sprozess auf Bundeseben­e maßgeblich mit und setzt sich für eine deutliche Stärkung des Risikomana­gements ein“, erklärte ein Sprecher. Die Hilfen müssten in den entspreche­nden Förderprog­rammen ab 2020 ermöglicht werden, damit „prinzipiel­l EU und Bund als zusätzlich­e Mittelgebe­r zur Entlastung des Landes sowie der Landwirte herangezog­en werden könnten“.

FDP-Mann Hoher hält das für Nebelkerze­n: „Meines Erachtens ist dieses eher unrealisti­sche Gerede von bezuschuss­ten Versicheru­ngen ein klarer Versuch der CDU, vom eigenen Wortbruch abzulenken.“

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FOTO: DPA Da im Sommer 2018 der Mais vertrockne­te, mussten Landwirte wie hier in Ostrach früh ernten, um einen Teil der Pflanzen zu retten.

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