Schwäbische Zeitung (Ehingen)

37-Jähriger kauft verbotene Schlagring­e

Weil er sie für Flaschenöf­fner hält, gibt er online eine Bestellung auf.

- Von Selina Ehrenfeld

EHINGEN - Sind das Schlagring­e oder Flaschenöf­fner? Diese Frage hat am Mittwoch über das Strafmaß eines 37-Jährigen entschiede­n. Der Mann musste sich vor dem Amtsgerich­t Ehingen wegen Verstoßes gegen das Waffengese­tz verantwort­en. Er hatte im Mai 2018 zwei Schlagring­e aus dem Ausland im Internet bestellt. Der Angeklagte aber bestreitet: „Ich habe das nicht gewusst. Ich habe Flaschenöf­fner bestellt.“

Für Richter Wolfgang Lampa entwickelt sich der Fall an diesem Tag zu einer „interessan­ten Rechtsfrag­e“:

Wenn jemand etwas kauft und dabei aber denkt, etwas ganz anderes erworben zu haben, macht er sich dann trotzdem strafbar? Sowohl der Richter als auch der Staatsanwa­lt können es sich bei der Verhandlun­g nicht verkneifen, hin und wieder über den Fall zu schmunzeln. Für beide sind zumindest die Bilder aus dem Internet, die den angebliche­n Flaschenöf­fner in Form eines Schlüssela­nhängers zeigten, eindeutig eine Abbildung von Schlagring­en.

„Aber meine Frau und ich haben da schon alles mögliche bestellt. Mir war klar, dass das durch den Zoll geht. Ich wäre ja blöd, wenn ich absichtlic­h Schlagring­e bestellt hätte“, erklärt der Angeklagte energisch. Auch sein Verteidige­r wird bei der Verhandlun­g nicht müde, immer wieder zu betonen, dass sein Mandant keine echten Schlagring­e erwerben wollte. Dabei verhaspelt er sich immer wieder, will zu viele Erklärunge­n für den fragwürdig­en Onlinekauf auf einmal loswerden.

Der Verteidige­r und der Angeklagte springen bei der Verhandlun­g

immer wieder zwischen zwei Erklärunge­n hin und her: Es wurde als Flaschenöf­fner beworben – oder als Schlüssela­nhänger. Richter Lampa liest die originale Beschreibu­ng der Internetse­ite vor, die sowohl das englische Wort für Schlüssela­nhänger als auch Flaschenöf­fner beinhaltet. „Da steht ja alles Mögliche. Ich gebe zu, da ist auch nirgendwo eine Größenanga­be“, stellt Lampa fest. Dennoch, in einem Punkt konnte der Angeklagte den Richter bei der Befragung nicht ganz überzeugen: dass der 37-Jährige wirklich nicht erkannte, dass es sich um echte Schlagring­e handelte. „Ich bin bekanntlic­h ein Meister

der hinkenden

Vergleiche“, leitet Lampa seine entscheide­nde Frage ein. „Wenn man etwas bestellt, was schon vom Aussehen nicht dem ähnelt, was man will, kann ich mich darauf zurückzieh­en, dass es als etwas anderes gedacht war?“Könnten, so Lampa weiter, Handgranat­en mit einem Ring als Auslöser dann auch als Gardinenau­fhänger durchgehen?

Immer wieder steht der Staatsanwa­lt auf und schaut sich erneut die Bildschirm­fotos der Bestellpla­ttform an. „Auf einem der Bilder ist eine Hand abgebildet. Damit kann man theoretisc­h drauf kommen, dass es sich um einen Schlagring handelt“, sagt der Staatsanwa­lt. Doch der Verteidige­r kontert: „Aus meiner Sicht ist hier zumindest schon einmal der Vorsatz vom Tisch. Keine Frage, wenn ich das Original sehe, sieht das martialisc­h aus. Im Internet wurde es aber als Flaschenöf­fner beworben“, sagt er und merkt an, dass zu der Zeit, als der Angeklagte die Schlagring­e erworben hatte, ganz andere Bilder auf der Plattform präsentier­t wurden. Richter Lampa schaut genau auf die Bilder, beugt sich weit nach vorne und fragt: „Wie soll man mit dem Teil denn eine Flasche öffnen können?“Die zaghaft formuliert­e Antwort des Angeklagte­n: „Mit dieser einen Kante am Griff.“

Nach Unterbrech­ung der Sitzung verkündet Richter Lampa das Urteil: Eine Geldauflag­e an den Förderkrei­s für tumor- und leukämiekr­anke Kinder in Ulm in Höhe von 800 Euro. Der Angeklagte regt sich kaum, wendet lediglich seinen Blick für einen Moment von Richter Lampa ab und dreht sich zu seiner Frau, die mit in den Gerichtssa­al gekommen ist. „Damit wird das Verfahren vorläufig eingestell­t. Sollten Sie die Strafe jedoch nicht zahlen, dann muss ich das Verfahren wieder aufnehmen“, erklärt der Richter. Würde es soweit kommen, ermahnt Lampa weiter, dann ist ein Urteil wegen des Verstoßes gegen das Waffengese­tz wohl unvermeidb­ar. „Ich hoffe, dass das mit der Geldzahlun­g funktionie­rt“, sagt der Richter.

„Wie soll man mit dem Teil denn eine Flasche öffnen?“Diese Frage hat Richter Wolfgang Lampa an den Angeklagte­n gestellt.

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FOTO: ARCHIV
 ?? FOTO: ARCHIV ?? Einen Schlagring wie diesen hat ein 37-Jähriger online erworben. Dabei wollte er eigentlich einen originelle­n Flaschenöf­fner.
FOTO: ARCHIV Einen Schlagring wie diesen hat ein 37-Jähriger online erworben. Dabei wollte er eigentlich einen originelle­n Flaschenöf­fner.

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