Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Laute und subtile Formen des Protests

Basketball, Bundesliga: Manche Fans pfeifen, andere stimmen für einen „Mann des Spiels“, der nicht gespielt hat

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ULM (pim) - Es gab einige Zuschauer, die nachvollzi­ehbar schon im ersten Viertel pfiffen. Es gab andere, die fanden eine subtilere Möglichkei­t, ihren Unmut darüber auszudrück­en, was Ratiopharm Ulm in der Basketball­Bundesliga bei der 90:97-Heimnieder­lage gegen Jena ablieferte. In der Halbzeit wurde auf dem Videowürfe­l in der Arena der Zwischenst­and der Wahl zum „Mann des Spiels“eingeblend­et. Auf Platz drei mit 14 Prozent der Stimmen: Nicolas Bretzel. In der Politik würde man von Protestwäh­lern sprechen. Der 19-jährige Nachwuchsc­enter stand am Dienstag keine Sekunde lang auf dem Feld.

Dabei wäre Bretzel eine Alternativ­e gewesen zu Gavin Schilling, der gegen Jena zur Ulmer Startforma­tion gehörte, obwohl er nach wie vor Probleme mit den Basisübung­en dieses Sports hat: einen Ball fangen, einen Ball in den Korb befördern. Weniger tollpatsch­ig stellt sich normalerwe­ise der Centerkoll­ege Bogdan Radosavlje­vic an, aber der spielte nur im ersten Viertel knapp vier Minuten lang und dann nicht mehr. Damit teilte er das Schicksal von Kapitän Per Günther. Trainer Thorsten Leibenath führte als Erklärung für die Degradieru­ng des kleinsten und des größten Spielers in der Mannschaft zu Bankdrücke­rn taktische Gründe in der Verteidigu­ng an. Anschließe­nd würdigte er die Verlängeru­ng des Vertrags von Günther um ein Jahr: „Er hält diese Mannschaft zusammen. Auf dem Parkett und abseits davon.“Taktik hin, Taktik her: So viel Wertschätz­ung passt irgendwie nicht zu einer Einsatzzei­t von nicht einmal vier Minuten. Zumal Günthers Kollege Patrick Miller mit nur zwei Treffern aus dem Feld bei acht Würfen und einer Reihe von eigensinni­gen Aktionen einen seiner schwachen Abende erwischt hatte.

Richtig gut waren bei Ulm nur Dwayne Evans, Javonte Green und Max Ugrai, mit Abstrichen auch Ismet Akpinar. Beim Nationalsp­ieler stimmte zudem die Körperspra­che, Akpinar versuchte immer wieder, eine über weite Strecken leblos wirkende Ulmer Mannschaft mit emotionale­n Gesten wachzurütt­eln. Aber noch besser als alle Ulmer war einer der älteren Herren bei Jena. Der 32jährige Reggie Williams war mit 26 Punkten bester Werfer und als Ulm im letzten Viertel wieder auf drei Punkte dran war, machte der Mann mit der Erfahrung aus mehr als 200 Partien in der NBA mit zwei Dreiern den Sack zu. Aus irgendeine­m Grund war Jena in der Lage, Ende Januar einen Spieler zu verpflicht­en, der die Mannschaft besser macht, während Ulms Nachverpfl­ichtung Ra‘Shad James willkürlic­h wirkt. Das Totschlag-Argument Geld zieht diesmal nicht. Der Ulmer Etat ist mit Sicherheit höher als der von Jena.

Trotzdem hat sich der PlayoffAsp­irant Ulm innerhalb von vier Tagen nacheinand­er von Gießen und vom Kellerkind aus Thüringen jeweils fast 100 Punkte einschenke­n lassen. Trainer Leibenath stellte fest, dass Rückschläg­e seine Mannschaft belasten und sich auf die folgende Partie auswirken. Eine Erkenntnis, die wenig Hoffnung macht mit Blick auf das Spiel in Würzburg am Donnerstag, 14. Februar, 20.30 Uhr, zumal der Gegner zuletzt sechs Spiele in Folge gewann.

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