Der große Klinik-Frust
Das Krankenhaus-Defizit im Landkreis Neu-Ulm wächst weiter - Doch es gibt Licht am Ende des Tunnels
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LANDKREIS NEU-ULM - Das Wort der Stunde beginnt mit dem Buchstaben „F“, wie Frustration. Der Ausdruck „Enttäuschung“wäre schon zu schwach, um das zu beschreiben, was sich am Freitag in den vielen Redebeiträgen der Kreisräte im Kreistag Neu-Ulm widerspiegelte. Auf ausdrücklichen Wunsch der Freien Wähler sollte einmal ausführlich über die finanzielle Situation der Kliniken berichtet werden. Was Stiftungsdirektor Marc Engelhard vortrug, sorgte im Sitzungssaal des Landratsamtes für gedrückte Stimmung: Das Defizit der drei Häuser wächst unerbittlich – und dann musste Engelhardt noch ganz kurzfristig die Zahlen weiter nach unten korrigieren, weil der Bayerische Kommunale Prüfungsverband dieser Tage weitere Finanzierungslöcher entdeckt hatte.
Das Defizit für das Jahr 2017 beträgt nunmehr 13 Millionen Euro – das ist noch mal eine halbe Million mehr als noch einigen Wochen vermutet. Die Zahlen für 2018 liegen noch nicht vor, doch der Stiftungsdirektor geht davon aus, dass sie „nicht viel besser“ausfallen. Geht das nun ewig so weiter?
Personalkosten falsch berechnet
Möglicherweise nicht, denn offenbar lässt sich tatsächlich viel Geld sparen, wenn einige Dinge verändert werden und die Krankenhäuser somit wirtschaftlicher arbeiten. Engelhard weiß, wo er ansetzen will.
Nach seinen Worten könnten bis zu neun Millionen Euro eingespart werden. Der Klinikbeirat, ein Expertengremium, das vor einiger Zeit zur Beratung eingerichtet worden war, scheint beinahe zuversichtlich: „Es gibt zumindest ein bisschen Hoffnung zu glauben, dass das Licht am Ende des Tunnels die aufgehende Sonne ist und nicht das Licht des entgegenkommenden Zuges“, sagte Beiratsmitglied Reiner Genz und brachte damit selbst ein wenig Licht in eine ansonsten von düsteren Tönen geprägte Debatte.
Nach den Worten von Marc Engelhard haben im Jahr 2017 unterschiedliche Dinge wieder mal die Bilanz verhagelt. Vor allem die Personalkosten waren deutlich höher als im Wirtschaftsplan angesetzt – aus nicht nachvollziehbaren Gründen, wie der Stiftungsdirektor sagte. Offenbar wurde etwa das tariflich garantierte Weihnachtsgeld nicht berücksichtigt. Um satte drei Millionen Euro hatte sich die frühere Klinikleitung bei der Personalkostenschätzung verhauen. Zudem lagen die Sachkosten deutlich höher als geplant, dafür waren die Erträge drastisch niedriger.
Als Sorgenkind erwies sich vor allem die Donauklinik, die ein Minus von 5,6 Millionen einfuhr, der Wirtschaftsplan hatte lediglich ein Defizit von 1,2 Millionen angesetzt. Das zweitgrößte Minus des Jahres lieferte die Illertalklinik mit knapp 4,5 Millionen, das war sogar noch leicht besser als vermutet.
Hohes Einsparpotential
Die Stiftungskliniken gehören seit einigen Jahren einem Bund kommunaler und gemeinnütziger Kliniken an, dem KKB, und haben sich nun erst mal einer Vergleichsprüfung unterzogen. Das Ergebnis: Die anderen arbeiten im Schnitt deutlich günstiger. Bei den Häusern im Kreis Neu-Ulm wurde ein Einsparpotenzial von bis zu neun Millionen Euro entdeckt. So sind etwa die Kosten für Reinigung, Labor, Verbands- und Narkosematerial ebenso zu hoch wie die für die klinikeigene Apotheke in Neu-Ulm.
Innerhalb der nächsten drei Jahre will die Klinikleitung einiges umstrukturieren, um die Kosten zu drücken. So soll es künftig nicht mehr drei Laborstandorte geben, für die personalaufwendige Apotheke könnte ein externer Dienstleister angeheuert werden. Überhaupt sollen die drei Häuser deutlich besser zusammenarbeiten als in der Vergangenheit. Dafür werden erstmals ein gemeinsamer Personalleiter und ein Verbundpflegedirektor sorgen, verspricht Engelhardt. Angesichts der fortschreitenden Überalterung der Gesellschaft bekommt der Bereich Geriatrie, der in Illertissen angesiedelt ist, eine größere Bedeutung. Und: Für Privatpatienten solle mehr getan werden, etwa mit einer Komfortstation, denn da liege bisher noch Einnahmepotenzial brach.