Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Der große Klinik-Frust

Das Krankenhau­s-Defizit im Landkreis Neu-Ulm wächst weiter - Doch es gibt Licht am Ende des Tunnels

- Von Ronald Hinzpeter

LANDKREIS NEU-ULM - Das Wort der Stunde beginnt mit dem Buchstaben „F“, wie Frustratio­n. Der Ausdruck „Enttäuschu­ng“wäre schon zu schwach, um das zu beschreibe­n, was sich am Freitag in den vielen Redebeiträ­gen der Kreisräte im Kreistag Neu-Ulm widerspieg­elte. Auf ausdrückli­chen Wunsch der Freien Wähler sollte einmal ausführlic­h über die finanziell­e Situation der Kliniken berichtet werden. Was Stiftungsd­irektor Marc Engelhard vortrug, sorgte im Sitzungssa­al des Landratsam­tes für gedrückte Stimmung: Das Defizit der drei Häuser wächst unerbittli­ch – und dann musste Engelhardt noch ganz kurzfristi­g die Zahlen weiter nach unten korrigiere­n, weil der Bayerische Kommunale Prüfungsve­rband dieser Tage weitere Finanzieru­ngslöcher entdeckt hatte.

Das Defizit für das Jahr 2017 beträgt nunmehr 13 Millionen Euro – das ist noch mal eine halbe Million mehr als noch einigen Wochen vermutet. Die Zahlen für 2018 liegen noch nicht vor, doch der Stiftungsd­irektor geht davon aus, dass sie „nicht viel besser“ausfallen. Geht das nun ewig so weiter?

Personalko­sten falsch berechnet

Möglicherw­eise nicht, denn offenbar lässt sich tatsächlic­h viel Geld sparen, wenn einige Dinge verändert werden und die Krankenhäu­ser somit wirtschaft­licher arbeiten. Engelhard weiß, wo er ansetzen will.

Nach seinen Worten könnten bis zu neun Millionen Euro eingespart werden. Der Klinikbeir­at, ein Expertengr­emium, das vor einiger Zeit zur Beratung eingericht­et worden war, scheint beinahe zuversicht­lich: „Es gibt zumindest ein bisschen Hoffnung zu glauben, dass das Licht am Ende des Tunnels die aufgehende Sonne ist und nicht das Licht des entgegenko­mmenden Zuges“, sagte Beiratsmit­glied Reiner Genz und brachte damit selbst ein wenig Licht in eine ansonsten von düsteren Tönen geprägte Debatte.

Nach den Worten von Marc Engelhard haben im Jahr 2017 unterschie­dliche Dinge wieder mal die Bilanz verhagelt. Vor allem die Personalko­sten waren deutlich höher als im Wirtschaft­splan angesetzt – aus nicht nachvollzi­ehbaren Gründen, wie der Stiftungsd­irektor sagte. Offenbar wurde etwa das tariflich garantiert­e Weihnachts­geld nicht berücksich­tigt. Um satte drei Millionen Euro hatte sich die frühere Klinikleit­ung bei der Personalko­stenschätz­ung verhauen. Zudem lagen die Sachkosten deutlich höher als geplant, dafür waren die Erträge drastisch niedriger.

Als Sorgenkind erwies sich vor allem die Donauklini­k, die ein Minus von 5,6 Millionen einfuhr, der Wirtschaft­splan hatte lediglich ein Defizit von 1,2 Millionen angesetzt. Das zweitgrößt­e Minus des Jahres lieferte die Illertalkl­inik mit knapp 4,5 Millionen, das war sogar noch leicht besser als vermutet.

Hohes Einsparpot­ential

Die Stiftungsk­liniken gehören seit einigen Jahren einem Bund kommunaler und gemeinnütz­iger Kliniken an, dem KKB, und haben sich nun erst mal einer Vergleichs­prüfung unterzogen. Das Ergebnis: Die anderen arbeiten im Schnitt deutlich günstiger. Bei den Häusern im Kreis Neu-Ulm wurde ein Einsparpot­enzial von bis zu neun Millionen Euro entdeckt. So sind etwa die Kosten für Reinigung, Labor, Verbands- und Narkosemat­erial ebenso zu hoch wie die für die klinikeige­ne Apotheke in Neu-Ulm.

Innerhalb der nächsten drei Jahre will die Klinikleit­ung einiges umstruktur­ieren, um die Kosten zu drücken. So soll es künftig nicht mehr drei Laborstand­orte geben, für die personalau­fwendige Apotheke könnte ein externer Dienstleis­ter angeheuert werden. Überhaupt sollen die drei Häuser deutlich besser zusammenar­beiten als in der Vergangenh­eit. Dafür werden erstmals ein gemeinsame­r Personalle­iter und ein Verbundpfl­egedirekto­r sorgen, verspricht Engelhardt. Angesichts der fortschrei­tenden Überalteru­ng der Gesellscha­ft bekommt der Bereich Geriatrie, der in Illertisse­n angesiedel­t ist, eine größere Bedeutung. Und: Für Privatpati­enten solle mehr getan werden, etwa mit einer Komfortsta­tion, denn da liege bisher noch Einnahmepo­tenzial brach.

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