Schluss mit lustig
Vergleiche hinken – generell und überhaupt. Doch was dieser Tage in der Ukraine passiert, ist ungefähr so, als würde wahlweise Jan Böhmermann, Dieter Nuhr oder Oliver Welke zum Bundeskanzler gewählt. In Kiew wurde am Montag ein Mann als Präsident vereidigt, der sein Geld zuvor als Satiriker verdient hat. Jetzt hat Wolodymyr Selenskyj eine erste Zwischenbilanz gezogen. Ganz privat, en passant und so gar nicht staatsmännisch hat der 41-Jährige am Donnerstag bei der Kiewer Buchmesse erklärt, es sei für ihn alles „ein bisschen schockierend“:
das Amt, das alte Gebäude aus Sowjetzeiten, in dem er jetzt residiert – und vor allem die „viele Arbeit“, die nun auf ihn wartet.
Ratlos lässt der junge Präsident Zuhörer in In- und Ausland zurück. Keiner weiß, ob dies nun ein missratener Kalauer war oder Selenskyjs voller Ernst. Schließlich ist er am Montag nach seiner Vereidigung auch im schicken Einreiher herumgelaufen und hat dem ukrainischen Volk auf der Straße die Pommesgabel entgegengestreckt. Die Geste ist bislang eher unter Freunden der Heavy-Metal-Musik und nicht bei Staats- und Regierungschefs gebräuchlich. Wer Zeigefinger und kleinen Finger von der geballten Faust abspreizt, will vor allem eines – ausgelassene Stimmung jenseits der zähen Alltagsroutine demonstrieren.
Offenbar wusste der gute Wolodymyr am Montag noch nicht, was da als Präsident so alles auf ihn zukommt. Nun, drei Tage nach der Pommesgabel, ist ihm jedenfalls klar, dass er eher einen Löffel braucht – um die Suppe auszulöffeln, die er sich selbst eingebrockt hat. (jos)