Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Leere Verspreche­n vom schnellen Internet

Minister fordern höhere Strafen für Netzanbiet­er, die ihre Verträge nicht erfüllen

- Von Katja Korf https://breitbandm­essung.de

STUTTGART - „Richtig schnell“, „beschleuni­gen“, „überholen“, „Höchstgesc­hwindigkei­t“– mit solchen Slogans werben Internetan­bieter für ihre Angebote. Doch diese Verspreche­n erfüllen sie selten. Nur jeder zehnte Anschluss erreicht laut Bundesnetz­agentur die zugesicher­te Maximalges­chwindigke­it. Deswegen fordern Baden-Württember­gs Verbrauche­rschutzmin­ister Peter Hauk (CDU) und Kollegen aus anderen Bundesländ­ern neue Regeln.

Am Freitag treffen sich die zuständige­n Ressortche­fs der 16 Länder in Mainz. Auf der Tagesordnu­ng steht unter anderem die Frage, wie Verbrauche­r ihre Rechte gegenüber Internetan­bietern wie Telekom, Vodafone, Unitymedia und anderen durchsetze­n können. Im März veröffentl­ichte die Bundesnetz­agentur einen Bericht zum Thema. Er stützt sich auf Messungen bei rund 900 000 stationäre­n Breitbanda­nschlüssen und über 380 000 Smartphone­s oder Tablets. Ergebnis: Nur zwölf Prozent der Festnetzan­schlüsse und 1,6 Prozent der mobilen Angebote erreichten das versproche­ne Tempo.

Die Anbieter weisen die Vorwürfe zurück. „Das Messtool der Bundesnetz­agentur liefert nur Momentaufn­ahmen“, sagt Sidonie Krug, Sprecherin des Verbands der Internetwi­rtschaft eco. Oft seien Einstellun­gen an den Geräten der Nutzer, veraltete Hardware oder andere Probleme schuld an geringen Übertragun­gsraten. Sollte es tatsächlic­h zu größeren Problemen kommen, die Anbieter zu verantwort­en hätten, zahlten viele freiwillig Geld an Kunden zurück.

Verbrauche­rschützer sehen das anders. „Alle Anbieter verspreche­n gerne etwas, was sie nicht halten können, und keiner zahlt gerne freiwillig Geld zurück“, sagt Oliver Buttler von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. Selbst nach wochenlang­en Ausfällen buchten die Unternehme­n einfach weiter die monatliche­n Raten beim Kunden ab. Noch dazu dauere es oft viel zu lange, bis sich Servicemit­arbeiter oder gar Techniker um die Lösung von Problemen bemühten.

Nichts gefallen lassen

Internetnu­tzer können sich aber durchaus wehren. Wer erhebliche Abweichung­en von der zugesagten Geschwindi­gkeit feststellt, sollte das Messtool der Bundesnetz­agentur nutzen. Es liefert gerichtsfe­ste Beweise. Das Tool gibt es als Download für PCs und mobile Geräte. Das Papier schickt man am besten per Einwurfein­schreiben an den Anbieter und setzt eine Frist – in der Regel 14 Tage. Verbessert sich die Internetge­schwindigk­eit nicht, hat der Kunde ein Sonderkünd­igungsrech­t oder kann in Schritten die Zahlungen mindern. Doch das Verfahren sei zu aufwendig und nicht verbrauche­rfreundlic­h, moniert Buttler.

„Wir brauchen daher konkrete gesetzlich­e Regelungen, um diesen Missstand abzustelle­n“, sagte Minister Hauk der „Schwäbisch­en Zeitung“. Diese müssten es Kunden ermögliche­n, die vertraglic­h vereinbart­e Leistung gegenüber dem Anbieter einfacher durchzuset­zen. Die Verbrauche­rschutzmin­ister wollen deshalb die Bundesregi­erung auffordern, einen entspreche­nden Vorschlag vorzulegen. Sie schlagen vor allem zwei wesentlich­e Änderungen vor. Viele Unternehme­n sichern die Internetge­schwindigk­eit „bis zu“einer bestimmten Mbit/s-Rate zu. Dieser Passus soll konkretisi­ert werden: Liegt das Surftempo zehn Prozent oder noch mehr unter dem Verspreche­n des Anbieters, könnten Kunden den Preis mindern. Bei lange anhaltende­n Störungen sollen die Unternehme­n Entschädig­ungen an die Kunden zahlen – in Höhe mehrerer Monatsrech­nungen.

Außerdem fordern die Minister mehr Rechte für die Bundesnetz­agentur. Sie kann schon jetzt Bußgelder gegen Netzanbiet­er verhängen – diese Möglichkei­t soll noch ausgeweite­t werden. „Man müsste die Bußgelder drastisch erhöhen. Zum Beispiel, indem man neben der Strafe Firmen dazu zwingt, einen Teil ihres Gewinns abzuführen“, fordert Verbrauche­rschützer Buttler.

Stimmen am Freitag alle Minister dem Vorstoß zu, muss sich die Bundesregi­erung dazu äußern und beraten, ob sie die Vorschläge tatsächlic­h umsetzt.

Hier kann man messen, ob der eigene Internetan­schluss hält, was der Anbieter verspricht:

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FOTO: DPA Sogenannte Speedtests helfen beim Messen der Anschlussg­eschwindig­keit. Die ist oft zu niedrig.

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