Vergifteter Boden kostet die Stadt Ulm viele Millionen Euro
Im Boden und im Grundwasser eines künftigen Gewerbegebiets lagern krebserregende Stoffe - Sanierung wird teurer
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ULM - Die Proben sind abgeschlossen – und die Werte sind erschreckend. Boden und Grundwasser auf dem Braun-Areal sind massiv vergiftet, ein Wert bei den Bodenproben überschreitet den zulässigen Grenzwert sogar um das 1000-fache. Beim Grundwasser sind auch tiefe Schichten betroffen. „Das haben wir nicht erwartet“, sagt Stefan Miltz, bei der Stadt Ulm zuständig für Umweltrecht und Gewerbeaufsicht.
Das Grundstück gegenüber dem Blautal-Center ist Teil des MocoAreals, auf dem bis 2013 ein Hobelwerk betrieben wurde. Auf der Fläche an der Blaubeurer Straße soll ein Gewerbegebiet vor allem für kleinere Handwerksbetriebe und Dienstleister entstehen. Das Braun-Areal, auf dem die Firma Gebrüder Braun rund 100 Jahre lang bis in die 80er Jahre hinein vor allem Dachpappe herstellte, muss aufwendig saniert werden. Auf dem restlichen Gebiet können Planungen, Vermarktung und Arbeiten nach Angaben der Stadtverwaltung beginnen oder weiterlaufen.
Der Boden des Braun-Areals ist mit Mineralölkohlenwasserstoffen, aromatischen Kohlenwasserstoffen und polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen vergiftet. Letzte überschreiten den Richtwert des Bundesgesundheitsamts um den Faktor 1000. Viele dieser Stoffe, die bei der unvollständigen Verbrennung von Holz, Kohle, Öl oder anderem organischen Material entstehen, sind nach Angaben des Bundesumweltamts nachweislich krebserregend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend. Zudem bleiben die Stoffe sehr lange in der Umwelt und werden dort kaum abgebaut. Der verseuchte Boden muss umständlich ausgehoben und ausgetauscht werden.
Zunächst hatte die Stadt mit Kosten in Höhe von sieben Millionen Euro gerechnet, vor einem Jahr ging man bereits von 17 Millionen Euro aus. Inzwischen ist die Kostenschätzung auf beinahe 23 Millionen gewachsen. Denn es müssen auch zwei Hallen abgebrochen und Strom- und Telefonleitungen verlegt werden. Zudem sind teure Arbeits- und Umgebungsschutzmaßnahmen notwendig. Ziel der Arbeiten, die Mitte kommenden Jahres beginnen sollen: Es sollen möglichst keine weiteren Schadstoffe ins Grundwasser gelangen und das vergiftete Wasser soll nicht mehr über die Grundstücksgrenze hinaus nach Osten abfließen – also in Richtung Blaubeurer Ring.
Ein Teil des Bodens wird etwa elf Meter tief ausgehoben, der Rest sechs oder vier Meter tief. Während der Arbeiten wird eine hydraulische Abstromsicherung eingebaut. Diese Vorrichtung soll verhindern, dass Schadstoffe, die frei werden, vom Grundstück abfließen. Nach dem Bodenaustausch soll sie sicherheitshalber sechs Monate lang weiterbetrieben werden. Danach wird das Wasser drei bis fünf Jahre lang mit einer Monitoringanlage überwacht, um den Erfolg zu kontrollieren.
Der Bauausschuss hat jetzt einstimmig beschlossen, dass ein Paket von Ingenieurleistungen, die etwa eine Million Euro kosten sollen, an ein externes Büro vergeben wird. Zudem muss die Stadt knapp zehn Millionen Euro für die Sanierung zurücklegen.
Verursacher-Firma existiert nicht mehr
Die Kosten müsste eigentlich der Verursacher tragen. Doch weil es die Firma Gebrüder Braun nicht mehr gibt, muss die Stadt dafür einstehen. Sie hat das Grundstück im Dezember 2016 gekauft. Für die teuren Arbeiten gibt es einen Zuschuss in Höhe von rund zehn Millionen Euro vom Regierungspräsidium Tübingen. Die Stadt will beantragen, dass die Behörde noch mehr Geld beisteuert, weil die Kosten für die Sanierung gestiegen sind.