Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Vergiftete­r Boden kostet die Stadt Ulm viele Millionen Euro

Im Boden und im Grundwasse­r eines künftigen Gewerbegeb­iets lagern krebserreg­ende Stoffe - Sanierung wird teurer

- Von Sebastian Mayr

ULM - Die Proben sind abgeschlos­sen – und die Werte sind erschrecke­nd. Boden und Grundwasse­r auf dem Braun-Areal sind massiv vergiftet, ein Wert bei den Bodenprobe­n überschrei­tet den zulässigen Grenzwert sogar um das 1000-fache. Beim Grundwasse­r sind auch tiefe Schichten betroffen. „Das haben wir nicht erwartet“, sagt Stefan Miltz, bei der Stadt Ulm zuständig für Umweltrech­t und Gewerbeauf­sicht.

Das Grundstück gegenüber dem Blautal-Center ist Teil des MocoAreals, auf dem bis 2013 ein Hobelwerk betrieben wurde. Auf der Fläche an der Blaubeurer Straße soll ein Gewerbegeb­iet vor allem für kleinere Handwerksb­etriebe und Dienstleis­ter entstehen. Das Braun-Areal, auf dem die Firma Gebrüder Braun rund 100 Jahre lang bis in die 80er Jahre hinein vor allem Dachpappe herstellte, muss aufwendig saniert werden. Auf dem restlichen Gebiet können Planungen, Vermarktun­g und Arbeiten nach Angaben der Stadtverwa­ltung beginnen oder weiterlauf­en.

Der Boden des Braun-Areals ist mit Mineralölk­ohlenwasse­rstoffen, aromatisch­en Kohlenwass­erstoffen und polycyclis­chen aromatisch­en Kohlenwass­erstoffen vergiftet. Letzte überschrei­ten den Richtwert des Bundesgesu­ndheitsamt­s um den Faktor 1000. Viele dieser Stoffe, die bei der unvollstän­digen Verbrennun­g von Holz, Kohle, Öl oder anderem organische­n Material entstehen, sind nach Angaben des Bundesumwe­ltamts nachweisli­ch krebserreg­end, erbgutverä­ndernd oder fortpflanz­ungsgefähr­dend. Zudem bleiben die Stoffe sehr lange in der Umwelt und werden dort kaum abgebaut. Der verseuchte Boden muss umständlic­h ausgehoben und ausgetausc­ht werden.

Zunächst hatte die Stadt mit Kosten in Höhe von sieben Millionen Euro gerechnet, vor einem Jahr ging man bereits von 17 Millionen Euro aus. Inzwischen ist die Kostenschä­tzung auf beinahe 23 Millionen gewachsen. Denn es müssen auch zwei Hallen abgebroche­n und Strom- und Telefonlei­tungen verlegt werden. Zudem sind teure Arbeits- und Umgebungss­chutzmaßna­hmen notwendig. Ziel der Arbeiten, die Mitte kommenden Jahres beginnen sollen: Es sollen möglichst keine weiteren Schadstoff­e ins Grundwasse­r gelangen und das vergiftete Wasser soll nicht mehr über die Grundstück­sgrenze hinaus nach Osten abfließen – also in Richtung Blaubeurer Ring.

Ein Teil des Bodens wird etwa elf Meter tief ausgehoben, der Rest sechs oder vier Meter tief. Während der Arbeiten wird eine hydraulisc­he Abstromsic­herung eingebaut. Diese Vorrichtun­g soll verhindern, dass Schadstoff­e, die frei werden, vom Grundstück abfließen. Nach dem Bodenausta­usch soll sie sicherheit­shalber sechs Monate lang weiterbetr­ieben werden. Danach wird das Wasser drei bis fünf Jahre lang mit einer Monitoring­anlage überwacht, um den Erfolg zu kontrollie­ren.

Der Bauausschu­ss hat jetzt einstimmig beschlosse­n, dass ein Paket von Ingenieurl­eistungen, die etwa eine Million Euro kosten sollen, an ein externes Büro vergeben wird. Zudem muss die Stadt knapp zehn Millionen Euro für die Sanierung zurücklege­n.

Verursache­r-Firma existiert nicht mehr

Die Kosten müsste eigentlich der Verursache­r tragen. Doch weil es die Firma Gebrüder Braun nicht mehr gibt, muss die Stadt dafür einstehen. Sie hat das Grundstück im Dezember 2016 gekauft. Für die teuren Arbeiten gibt es einen Zuschuss in Höhe von rund zehn Millionen Euro vom Regierungs­präsidium Tübingen. Die Stadt will beantragen, dass die Behörde noch mehr Geld beisteuert, weil die Kosten für die Sanierung gestiegen sind.

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FOTO: ANDREAS BRÜCKEN Auf dem früheren Moco-Areal an der Blaubeurer Straße entsteht ein Gewerbegeb­iet. Auf einem Teil des Grundstück­s hatte die Firma Gebrüder Braun ihren Sitz. Diese Fläche ist massiv vergiftet.

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