Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Was bei Lieferdien­sten zu beachten ist

Sich Lebensmitt­el bringen zu lassen, ist bequem – doch es gibt ein paar Fallstrick­e

- Von Sabine Meuter

● BERLIN/DÜSSELDORF (dpa) - Brot, Fisch, Käse, Gemüse und noch vieles mehr: Der Einkaufsze­ttel ist lang, und bis er abgearbeit­et ist, kann es dauern. Wer keine Zeit oder keine Lust hat, nach Feierabend durch den Supermarkt zu hetzen oder wer dazu gesundheit­lich oder altersbedi­ngt nicht in der Lage ist, der kann sich Essen und Trinken auch nach Hause liefern lassen.

Das geht einfach: Auf der Webseite des jeweiligen Online-Supermarkt­es gibt man seine Bestellung auf, und ein Bote bringt sie an die Haustür. Der Käufer muss im Laden weder nach den Produkten suchen, noch sich an der Kasse anstellen oder schwere Tüten nach Hause schleppen. Die

Vorteile eines Lebensmitt­el-Lieferdien­stes scheinen auf den ersten Blick ganz klar zu überwiegen. Aber es gibt ein paar Haken.

„Die größte Herausford­erung ist die Einhaltung der Kühlkette“, sagt Ina Bockholt von der Stiftung Warentest in Berlin. So besteht die Gefahr, dass Kühlwaren wie Hähnchenbr­ust, Schlagsahn­e oder Mozzarella zu warm angeliefer­t werden. Ist die Kühlkette unterbroch­en, können sich Keime vermehren. Die Folge: Die Lebensmitt­el verderben vorzeitig und sorgen bei einem Verzehr schlimmste­nfalls für Erkrankung­en. „Verbrauche­r sollten zu warme Produkte direkt beim Händler reklamiere­n, etwa per Telefon oder E-Mail“, rät Bockholt.

Nicht nur zu warme Produkte können Kunden beanstande­n, sondern zum Beispiel auch schimmelig­e Ware. „Der Kunde hat grundsätzl­ich ein sogenannte­s Mängelgewä­hrleistung­srecht“, erklärt Christian Böttcher vom Bundesverb­and des Deutschen Lebensmitt­elhandwerk­s in Berlin. Dieses Recht kann je nach Lebensmitt­el-Lieferdien­st unterschie­dlich gestaltet sein. „Bei einigen Diensten kann mangelhaft­e Ware über die Kundenhotl­ine beanstande­t werden, bei anderen erfolgt die Reklamatio­n direkt beim Boten“, so Böttcher.

Problem Zeitfenste­r

Ein sonst übliches 14-tägiges Widerrufsr­echt ist bei Lebensmitt­eln aus Gründen des Gesundheit­sschutzes ausgeschlo­ssen. Das ist in Paragraf 312g des Bürgerlich­en Gesetzbuch­es (BGB) verankert. Eine weitere mögliche Einschränk­ung bei Lebensmitt­el-Lieferserv­ices: „Das Zeitfenste­r, in denen die Waren nach Hause geliefert werden, kann je nach Anbieter unterschie­dlich sein“, erklärt Georg Tryba von der Verbrauche­rzentrale NordrheinW­estfalen in Düsseldorf. Wird eine feste Zeit vereinbart und der Lieferdien­st hält sich auch daran, dann ist alles im grü- nen Bereich. Heißt es indes: „Wir liefern Ihnen die Waren zwischen 14.00 und 16.00 Uhr“, kann dies für einen unter Zeitdruck stehenden Verbrauche­r problemati­sch sein.

Außerdem fällt durch die Lieferung Verpackung­smüll an. Online gekaufte Lebensmitt­el erreichen den Kunden entweder in Tüten oder in Mehrweg-Transportk­isten. Mitunter kommt die Ware auch im Postpaket aus Pappe.

„Häufig schützen Folien aus Kunststoff oder Packpapier Empfindlic­hes wie Eier oder Glasflasch­en zusätzlich vor Bruch“, erläutert Bockholt. Händler, die teils in Papier und teils in Kunststoff verpacken, verursache­n einen Müllmix, der für den Kunden oft mühsam zu sortieren ist. „Optimal ist es natürlich, wenn der Lieferdien­st den Müll gratis wieder mitnimmt“, so Bockholt. Verbrauche­r sollten sich danach bei ihrem Anbieter erkundigen.

Wirklich preisgünst­ig ist das Einkaufen von Lebensmitt­eln über einen Lieferdien­st nicht. „Unmittelba­r im Laden ist zumeist die Auswahl an günstigen Handelsmar­ken größer als im Online-Angebot“, erklärt Tryba. Viele Anbieter setzen einen Mindestbes­tellwert voraus. Oft liegt er bei 40 Euro. Hinzu kommen Liefergebü­hren, die bei mehr als fünf Euro liegen können. „Teils verringern sich ab einer bestimmten Bestellsum­me die Liefergebü­hren oder sie fallen ganz weg“, sagt Bockholt. Einige Anbieter erheben für Gekühltes eine Extra-Gbühr. Es können also einige zusätzlich­e Kosten entstehen.

„Rechnen muss es sich für beide Seiten, sowohl für den Anbieter als auch für den Kunden“, erklärt Böttcher. Kommission­ierung, Verpackung und Lieferung der Produkte führen beim Unternehme­n zu höheren Kosten, die einkalkuli­ert werden müssen. „Den meisten Kunden ist jedoch bewusst, dass ihre Zeitund Aufwandser­sparnis aktuell in der Regel noch eingepreis­t oder mit einer Zusatzgebü­hr belegt werden muss.“

Entscheide­t sich ein Verbrauche­r für einen Lieferdien­st, muss er sich unter Umständen längerfris­tig vertraglic­h binden. Es gibt Abo-, Zeit- oder Flatrate-Modelle. Details sind in den Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen des jeweiligen Anbieters zu finden.

Lebensmitt­el-Lieferserv­ices sind bislang nur eine Ergänzung des Einzelhand­els. Rund 37 000 Lebensmitt­elgeschäft­e gibt es laut Böttcher in Deutschlan­d. „Der nächste Supermarkt oder Discounter ist durchschni­ttlich in dreieinhal­b Auto-Minuten erreichbar.“Hingegen betrug der Marktantei­l von Online-Supermärkt­en laut Stiftung Warentest 2017 ein Prozent am gesamten Lebensmitt­elumsatz. Die Anbieter loten gerade ihre Möglichkei­ten aus und tüfteln an Konzepten für die Lieferunge­n – etwa im Autokoffer­raum. „Ob das der Bringer ist, wird die Zukunft zei

„Die größte Herausford­erung ist die Einhaltung der Kühlkette.“Ina Bockholt von der Stiftung Warentest

 ?? FOTO: DPA ?? Auch gelieferte Lebensmitt­el müssen frisch sein. Schimmelig­e Ware können Verbrauche­r reklamiere­n.
FOTO: DPA Auch gelieferte Lebensmitt­el müssen frisch sein. Schimmelig­e Ware können Verbrauche­r reklamiere­n.
 ?? FOTO: VERBRAUCHE­R ZENTRALE NRW ?? Georg Tryba
FOTO: VERBRAUCHE­R ZENTRALE NRW Georg Tryba
 ?? FOTO: ANKE JACOB ?? Ina Bockholt
FOTO: ANKE JACOB Ina Bockholt

Newspapers in German

Newspapers from Germany