Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Gegen die Weltpoliti­k ist auch Infantino machtlos

FIFA-Präsident mit ungewohnte­r Niederlage

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FRANKFURT (dpa) - Nach der krachenden Niederlage im Spiel um Macht und Millionen gab es für FIFA-Boss Gianni Infantino zumindest einen Trostpreis. Bei der feierliche­n Übergabe eines Freundscha­ftsordens durch Russlands Präsident Wladimir Putin am Donnerstag in Moskau durfte sich der Schweizer kurzzeitig als Gewinner fühlen; die alten Freunde halten zusammen. Den Kampf um die Mammut-WM 2022 in Katar und damit weiteres Prestige (und Geld?) hatte Infantino am Vorabend jedoch verloren.

XXL-WM erst 2026

Die vom Fußball-Weltverban­d verworfene Aufblähung des Turniers von 32 auf 48 Mannschaft­en bedeutet das Ende eines der Lieblingsp­rojekte Infantinos, der mit seinen hochfliege­nden Plänen seit Monaten vor allem bei kleineren Verbänden auf Stimmenfan­g geht. Die XXL-Version der Weltmeiste­rschaft kommt damit erst 2026, wenn das Mega-Event in den USA, Kanada und Mexiko steigt.

Ein Aufatmen gab es beim WMAusricht­er Katar. Das Golfemirat hatte sich zwar öffentlich stets diplomatis­ch und offen für eine Aufstockun­g gezeigt, hätte sich das Turnier dann aber mit Co-Gastgebern teilen müssen – und damit auch die Ehre, als erstes arabisches Land eine Fußball-WM auszuricht­en.

Tatsächlic­h hatte Infantino mit seinem Vorschlag eine Idee ins Spiel gebracht, die sich in der Realität angesichts der Lage am Golf kaum umsetzen ließe. Nur Katars Nachbarn Saudi-Arabien und die Vereinigte­n Arabischen Emirate (VAE) würden die Bedingunge­n erfüllen, um die Rolle als Co-Gastgeber übernehmen zu können.

Allerdings liegen die Beziehunge­n der beiden Länder zu Katar seit zwei Jahren auf Eis. Im Sommer 2017 verhängten Saudi-Arabien und die VAE zusammen mit Bahrain eine Blockade über das Emirat und schlossen unter anderem ihre Grenzen. Eine Annäherung zeichnet sich bis heute nicht ab. So wären am Ende als Co-Gastgeber nur Kuwait und der Oman in Frage gekommen – kleine Länder ohne Erfahrung mit Großturnie­ren, die innerhalb kürzester Zeit Pläne hätten vorlegen müssen.

Keine Partner für Katar

Noch im März hatte sich Infantino zuversicht­lich gezeigt, dass die von ihm gewollte und schon bei seiner Wahl zum FIFA-Präsidente­n 2016 versproche­ne Aufstockun­g der WM bereits beim Winter-Turnier vom 21. November bis 18. Dezember 2022 in Katar umgesetzt wird. Doch gegen die Weltpoliti­k kann offensicht­lich auch Infantino nichts machen. „Nach einem sorgfältig­en und umfassende­n Konsultati­onsprozess mit allen wichtigen Beteiligte­n wurde entschiede­n, dass unter den gegenwärti­gen Umständen ein derartiger Vorschlag jetzt nicht unterbreit­et werden kann“, hieß es in dem FIFA-Statement.

Von der Ausdehnung des Teilnehmer­feldes hatte sich der FIFA-Boss zusätzlich­e Einnahmen in Millionenh­öhe für den Weltverban­d versproche­n. Zugleich wollte er sich damit als Interessen­vertreter der Kleinen profiliere­n.

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