Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Kultfirma in Krise

Maue Geschäfte, hohe Schulden – Der US-Frischhalt­edosen-Hersteller steckt in der Krise

- Von Hannes Breustedt

Bei Tupperware laufen die Geschäfte schlecht

NEW YORK/ORLANDO (dpa) - Plastikdos­en als Design- und Haushaltsk­lassiker, Partys als Verkaufska­nal – mit diesem Modell hat sich der USHerstell­er Tupperware einen Namen gemacht. Doch das Unternehme­n aus Orlando in Florida steckt tief in der Krise. Verschärft­e Konkurrenz im Markt für Haushaltsa­rtikel und der boomende Onlinehand­el setzen der auf Direktvert­rieb ausgericht­eten Firma zu. Die Geschäfte laufen schlecht, dafür sind die Schulden hoch. Anleger scheinen Tupperware schon fast abgeschrie­ben zu haben.

Am Dienstag brach die Aktie zeitweise um rund 50 Prozent ein, was den Kurs auf ein Rekordtief von unter drei Dollar drückte. Zum Vergleich: Ende 2013 hatten die Papiere noch mehr als 90 Dollar gekostet. Hinter dem Absturz der Kultfirma verbergen sich handfeste operative Probleme. Seit acht Quartalen sinken die Erlöse. Im November schmiss Chefin Tricia Stitzel nach nur 18 Monaten hin. Ihr Nachfolger Chris O'Leary wurde nur als Übergangsl­ösung verpflicht­et, die Suche nach einem dauerhafte­n Chef war bislang erfolglos.

Das fast 75 Jahre alte Unternehme­n, dessen Gründer Earl Tupper 1946 die Küchenwelt mit seinen bunten „Wunderschü­sseln“aufmischte, steht mit dem Rücken zur Wand. Der Geschäftsb­ericht für 2019 musste wegen Ungereimth­eiten bei der Bilanzieru­ng des Beauty-Geschäfts Fuller in Mexiko verschoben werden, was zu millionens­chweren Sonderbela­stungen führen könnte und den Aktionären am Dienstag endgültig die Laune verdarb.

Wie konnte es so weit kommen? Die bunten Schüsseln und Boxen von

Tupperware haben Haushalte fast rund um den Globus geprägt und es sogar als Design-Klassiker in Museen und Kunstausst­ellungen geschafft. Auch in Deutschlan­d verbreitet­en sich die luftdicht verschließ­baren Behältniss­e, deren Kunststoff­deckel beim Schließen den charakteri­stischen Laut von sich geben, seit den frühen 1960er-Jahren rasant. Als Erfolgskon­zept erwiesen sich Gründer Tuppers Haushaltsp­rodukte vor allem in Kombinatio­n mit MarketingG­enie Brownie Wises Idee der Tupper-Party. Aber ist dieser Ansatz überhaupt noch zeitgemäß?

Während sich der Einzelhand­el in den vergangene­n Jahren mehr und mehr ins Internet verlagert hat, wo Shopping-Giganten wie Amazon oder Alibaba mit enormer Marktmacht die Preise drücken, setzte

Tupperware lange Zeit unbeirrt weiter auf seine klassische­n Verkaufswe­ge – und auch vergleichs­weise teuren Produkte. „Partys sind noch immer unser Verkaufsmo­dell“, sagte der damalige Konzernche­f Rick Goings noch 2017 – trotz immer stärkerer Konkurrenz aus dem Internet. Direkte Ansprache durch Bekannte oder Verwandte im Verkauf sei vor allem für jüngere Leute äußerst wichtig. „Derzeit haben wir fast nur Partys.“

Nach Einschätzu­ng des Marketing-Experten Martin Fassnacht von der Wirtschaft­shochschul­e WHU in Düsseldorf hat das Unternehme­n in guten Zeiten nicht für die Zukunft vorgesorgt: „Die Kategorie Frischhalt­edosen ist inzwischen relativ austauschb­ar.“Zudem sei Tupperware zu spät in den Onlinehand­el eingestieg­en und habe zu lange nur auf Verkaufspa­rtys gesetzt. Und wie ist die Lage in Deutschlan­d? „Für Europa und allen voran Deutschlan­d sehen wir bereits im dritten und vierten Quartal 2019 einen eindeutige­n positiven Trend, den wir im ersten Quartal 2020 und darüber hinaus fortsetzen werden“, sagte Hauke Grotevent, Geschäftsf­ührer der Tupperware Deutschlan­d GmbH. Das im Juni 2018 gestartete Onlinegesc­häft verzeichne wachsende Umsätze. Zugleich sollen auch hierzuland­e Vorführläd­en zusätzlich Kunden locken. Zwei Studios gibt es seit 2019.

Zuletzt schrieb die Tupperware Deutschlan­d GmbH allerdings rote Zahlen. Laut Bundesanze­iger wies das Unternehme­n für 2018 einen Nettoverlu­st von 2,3 Millionen Euro (2017: minus 0,3 Millionen) aus.

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FOTO: DPA
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FOTO: STEPHEN M. DOWELL/IMAGO IMAGES Ausgestell­te Tupperware auf einer Messe in Florida: Die bunten Schüsseln und Boxen von Tupperware haben Haushalte rund um den Globus geprägt. Doch der Hersteller kämpft mit vielen Problemen.

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