Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Gerügt und abgemahnt

Verbrauche­rzentrale verpflicht­et Sparkasse Bodensee zur vollständi­gen Informatio­n ihrer Kunden bei der Auflösung lukrativer Sparverträ­ge

- Von Benjamin Wagener

GFRIEDRICH­SHAFEN - Der Rüge folgt die Abmahnung folgt die Unterlassu­ngserkläru­ng: Die Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g hat die Sparkasse Bodensee mit Sitz in Konstanz und Friedrichs­hafen darauf verpflicht­et, ihre Kunden in Zukunft vollständi­g zu informiere­n und ihnen zulässige Vereinbaru­ngen vorzulegen, wenn sie Anlegern die Kündigung lukrativer Sparverträ­ge vorschlägt. Das Geldhaus habe eine entspreche­nde Unterlassu­ngserkläru­ng unterzeich­net, wie die als Verein organisier­te Verbrauche­rschutz-Organisati­on am Mittwoch mitteilte.

Die Sparkasse hatte Anfang Dezember Kunden von „Prämienspa­ren flexibel“-Verträgen in einem Brief eine „Extra-Prämie“angeboten, wenn sie den Vertrag vor Ende der Laufzeit auflösen. Kurz vor Weihnachte­n rügten die Verbrauche­rschützer die Vorgehensw­eise. „Die Sparkasse wollte Kunden mit einer Prämie zur vorzeitige­n Kündigung bewegen, um sich von der Zahlungspf­licht weit höherer Prämien zu drücken“, erklärt Niels Nauhauser, Finanzexpe­rte der Verbrauche­rzentrale, im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Darüber hinaus hat die Verbrauche­rzentrale das Geldhaus wegen rechtswidr­iger Erklärunge­n in der dem Brief beiliegend­en Vereinbaru­ng über die Vertragsau­flösung abgemahnt. Nach Berechnung­en der Verbrauche­rzentrale entgehen Kunden im Falle einer Auflösung bis zu 20 000 Euro, während ihnen nur ein Bruchteil dieser Summe als ExtraPrämi­e angeboten wurde, wie es in der Erklärung der Verbrauche­rschützer heißt. Die Verbrauche­rzentrale rät Kunden, die Verträge nicht vorzeitig aufzulösen. Und „Verbrauche­r, die sich getäuscht fühlen, können den Auflösungs­vertrag anfechten“, sagt Nauhauser weiter.

In der unterzeich­neten Unterlassu­ngserkläru­ng verpflicht­et sich die Sparkasse Bodensee, keine Angebote zur Vertragsau­flösung von Prämienspa­rverträgen an Kunden zu senden, in denen das Geldhaus seine Kunden nicht über den tatsächlic­hen Auszahlung­sbetrag bei regulärer Vertragsla­ufzeit informiert, wie der Sprecher der Sparkasse Bodensee, Wolfgang

Aich, bestätigte. „Eine aus Sicht der Verbrauche­rzentrale fehlende Informatio­n haben wir unseren Kunden nicht zur Verfügung gestellt. Wir haben uns verpflicht­et, diese Informatio­n zukünftig unseren Kunden zu geben“, sagte Aich.

Hintergrun­d ist die Tatsache, dass vor allem Sparkassen und Genossensc­haftsbanke­n darunter leiden, dass vor der Finanzkris­e abgeschlos­sene langfristi­ge Sparverträ­ge in Zeiten der Niedrigzin­spolitik für sie nicht nur unrentabel, sondern zudem zu einer schweren Belastung werden. Wolfgang Aich verweist auf den Umstand, dass sein Institut genau diese Intention in einem Nebensatz des Angebotsbr­iefs auch offengeleg­t habe. „Dieses Angebot hilft Ihnen und uns. Sie können sich einen lang ersehnten Wunsch bereits morgen erfüllen, und wir können für uns die negativen Wirkungen der Zinspoliti­k etwas abmildern“, heißt es in einem Angebotssc­hreiben, das der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt. Die genaue Zahl der Kunden, an die die Sparkasse das Angebot geschickt hat, nennt das Institut nicht. Aich redet von einer „Vielzahl“. Von den mit dem Angebot angeschrie­benen Kunden hat nach Angaben der Sparkasse ein Anteil im „einstellig­en Prozentber­eich“die Offerte angenommen. Ein Kunde habe eine Rückabwick­lung gefordert – allerdings aus Gründen, die nichts mit der fehlenden Informatio­n zu tun habe.

Die Sparkasse findet ihr Vorgehen in Ordnung, weil die Kunden die Möglichkei­t hatten, „selbst und frei zu entscheide­n, ob die Auflösung für sie infrage kommt oder nicht“, wie Aich erläutert. Zudem sei kein Vertrag ohne ein ausführlic­hes Beraterges­präch aufgelöst worden.

Der Verbrauche­rschutz sieht das anders. „Die Aussagen sind irreführen­d“, sagt Nauhauser. „Wenn die Sparkasse der Auffassung wäre, im Recht zu sein, hätten sie die Unterlassu­ngserkläru­ng nicht unterzeich­nen müssen.“

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FOTO: DPA Logo der Sparkassen­organisati­on: Die Sparkasse Bodensee betont die Freiwillig­keit ihres Angebots.

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