„Ganz ohne Empathie geht es nicht“
Der Schriftsteller Bov Bjerg (bürgerlich Rolf Böttcher) hat vor Kurzem seinen Roman „Serpentinen“veröffentlicht. Nach „Auerhaus“(2015) und „Deadline“(2008) ist es sein drittes Buch, das auf der Schwäbischen Alb spielt. Kristina Staab hat mit ihm gesprochen.
In Heiningen bei Göppingen sind Sie geboren, inzwischen leben Sie in Berlin. Sind Sie heimatverbunden und was ist für Sie an der Schwäbischen Alb besonders?
Ich sehe den Begriff „Heimat“eher skeptisch, deshalb kommt er in meinem aktiven Wortschatz auch nicht vor. Meine Heimat ist seit langem Berlin, wenn man das so sagen will, hier lebe ich seit 35 Jahren. Ich bin aber am Rand der Schwäbischen Alb geboren und aufgewachsen, das schon. Was die Gegend für mich ausmacht, sind Freunde und Verwandte. Zum Beispiel meine Mutter lebt dort noch. Sonst ist es vor allem die Landschaft: Der Albtrauf ist schon ein Anblick, der mich sehr geprägt hat.
Sie schreiben mal überraschend humorvoll, mal düster über Depression und Suizid. Warum haben Sie gerade diese Themen gewählt?
Ich wollte jeweils eine Geschichte erzählen. Eine Mission hatte ich nicht. Das Thema Depression hat immer mal Konjunktur, dann verpufft es wieder. Beim nächsten Suizid eines Prominenten stürzt sich der Boulevard wieder darauf. Zwei Wochen später ist es kein Thema mehr. Denn dann müsste man sich grundlegender damit beschäftigen, um zukünftige Suizide oder eine Depression zu verhindern, vorzubeugen, zu lindern. Das Thema Suizid beschäftigt mich schon lange. Deswegen taucht es immer wieder in meinen Romanen auf.
Wie sollte man als Schriftsteller mit dem Thema Depression und Suizidgedanken umgehen? Wann ist Humor erlaubt?
Jeder, der in der Lage ist zu lachen, sollte das tun. Mit „Auerhaus“habe ich die Erfahrung gemacht, dass viele Leute zu mir gekommen sind, die Psychiatrieerfahrung oder sogar einen Suizidversuch hinter sich hatten. Sie haben gesagt, dass das genau der Tonfall war, der ihnen geholfen hat: das manchmal etwas Flapsige und auch Pietätlose. Der Sarkasmus gehört für viele dazu, mit solchen Erfahrungen fertig zu werden. Betroffene leiden sehr unter diesem Pietätsgetue, dass in öffentlichen Reden mitschwingt. Das hat etwas von Beerdigungsstimmung, die einen noch weiter runterzieht. Saublöde Witze über Leute, die sich vor den Zug schmeißen, offenbaren hingegen eine merkwürdig dreiste Brutalität. Ganz ohne Empathie geht es natürlich nicht.