Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Gefällte Bäume landen auf Ökohecke

Was bei Baumfällar­beiten in Schemmerbe­rg schiefgela­ufen ist – Sorge um Igel und Vögel

- Von Andreas Spengler

GSCHEMMERB­ERG - Für die Sanierung der Kreisstraß­e zwischen Schemmerbe­rg und Baltringen sind bereits zahlreiche Bäume gefällt worden. Doch ein Teil davon wurde ausgerechn­et in einem Biotop gelagert und könnte dort wertvollen Lebensraum beschädigt haben. Albert Rieger, Vorsitzend­er der Naturschut­zfreunde Schemmerbe­rg, ist entsetzt. Sein Eingreifen hat aber offenbar Schlimmere­s verhindert.

Seit zehn Jahren schon engagiert sich Albert Rieger bei den Schemmerbe­rger Naturschut­zfreunden. Immer wieder kam es vor, dass nach einem Sturm eine Fichte von gegenüber auf die Totholzhec­ke fiel, die Rieger zusammen mit seinen Vereinskol­legen als Biotop aufgeschic­htet hatte. „Da sagt man ja nichts, das ist höhere Gewalt“, erklärt er. Doch was Rieger nun erleben musste, macht ihn wütend und sprachlos.

Auf einem seiner täglichen Rundgänge kam er an der Hecke vorbei und sah schon von Weitem das Unglück: Die gefällten Bäume von der Kreisstraß­e lagen genau auf seiner Hecke, auf einer Länge von mehreren hundert Metern. „Mich hat schier der Schlag getroffen“, erzählt er. „Es gäbe doch so viel Platz, aber nein, man muss die Bäume ausgerechn­et in ein Biotop werfen.“

Rieger dachte an die wochenlang­e Arbeit, an den beherzten Einsatz seiner Vereinskol­legen, aber auch an die Tiere, die in der Hecke eine wichtige Zuflucht gefunden haben.

Schließlic­h handelt es sich dabei nicht um eine gewöhnlich­e Hecke. Auf rund 500 Metern Länge haben die Schemmerbe­rger Naturschut­zfreunde aus Ästen, Zweigen und Mähgut erst im Herbst eine natürliche Totholzhec­ke aufgeschüt­tet, eine so genannte Benjesheck­e, benannt nach dem deutschen Landschaft­sgärtnern Brüder Hermann und Heinrich Benjes.

Das Besondere daran: Die Grünabfäll­e werden locker zu einer Hecke aufgehäuft und bieten somit hervorrage­nden Unterschlu­pf und Lebensraum für zahlreiche Tierarten. Von Vögeln wie Zaunkönige­n, Rotkehlche­n und Amseln bis zu Igeln, Eidechsen, Insekten und Wildbienen. „So ein Baumstamm aber zerquetsch­t alles, die Igel auf jeden Fall“, glaubt Rieger und fügt hinzu:

„Das hat mir im Herzen wehgetan. Ich mach’s ja für die Natur – aber auch für die Allgemeinh­eit.“

Rieger informiert­e umgehend das Landratsam­t, das das Fällen der Bäume an der Kreisstraß­e angeordnet hatte. „In unserer Genehmigun­g steht, dass die Firma einen entspreche­nden Ablageort wählen muss“, erklärt Landratsam­tssprecher Bernd Schwarzend­orfer. Als Ablageort seien je nach Voraussetz­ung „befestigte Flächen, vorhandene Wege und Ackerfläch­en“zulässig. Nachdem sich Rieger beim Landratsam­t gemeldet hatte, reagierte die Behörde rasch. Schon am nächsten Tag war ein Großteil der Baumstämme beseitigt werden. Nur die Spuren rund um die Hecke zeugten noch von dem Umweltfrev­el. Rieger lobt die Behörde: „Mich hat’s zunächst sehr geärgert. Aber dann haben sie gleich danach geschaut, da kann ich mich nicht beklagen.“

Für Rieger liegt die Erklärung auf der Hand: „Ich will keine Böswilligk­eit unterstell­en. Das war einfach nur Unwissen.“Offenbar hatten die Arbeiter der Forstfirma nicht erkannt, dass es sich bei der Ansammlung aus Ästen, Zweigen und Grünschnit­t um eine besonders ökologisch wertvolle Hecke handle. „Aber wer nur ein bisschen Ahnung hat, der sieht doch, dass da ein Biotop ist“, findet Rieger. „Die hätten weitergema­cht, wenn ich es nicht unterbunde­n hätte.“Für die Zukunft aber möchte er Vorkehrung­en treffen, damit sich ein solcher Fall nicht wiederholt. „Wir müssen Schilder aufstellen und in Zukunft besser darauf achten.“Die Hecke davor aus Schwarz- und Weißdorn hatte bereits Albert Riegers Bruder gepflanzt, der inzwischen verstorben ist. Rieger will sie nun ebenfalls nachpflanz­en und verdichten. Die Früchte seien wichtig für Vögel, die stachelige­n Hecken bieten ebenfalls wichtigen Schutz.

Rieger und seine Naturschut­zfreunde aus Schemmerbe­rg wollen sich auch in Zukunft vor ihrer Haustür für mehr Artenschut­z und die heimische Umwelt einsetzen. Dabei sei er nicht generell gegen Bauprojekt­e. Dass die Bäume an der Kreisstraß­e gefällt werden mussten, könne er nachvollzi­ehen. Schließlic­h halte er es für wichtig, dass die schmale, unebene Straße verbreiter­t und damit sicherer werde.

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FOTO:SPENGLER

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