Gefällte Bäume landen auf Ökohecke
Was bei Baumfällarbeiten in Schemmerberg schiefgelaufen ist – Sorge um Igel und Vögel
GSCHEMMERBERG - Für die Sanierung der Kreisstraße zwischen Schemmerberg und Baltringen sind bereits zahlreiche Bäume gefällt worden. Doch ein Teil davon wurde ausgerechnet in einem Biotop gelagert und könnte dort wertvollen Lebensraum beschädigt haben. Albert Rieger, Vorsitzender der Naturschutzfreunde Schemmerberg, ist entsetzt. Sein Eingreifen hat aber offenbar Schlimmeres verhindert.
Seit zehn Jahren schon engagiert sich Albert Rieger bei den Schemmerberger Naturschutzfreunden. Immer wieder kam es vor, dass nach einem Sturm eine Fichte von gegenüber auf die Totholzhecke fiel, die Rieger zusammen mit seinen Vereinskollegen als Biotop aufgeschichtet hatte. „Da sagt man ja nichts, das ist höhere Gewalt“, erklärt er. Doch was Rieger nun erleben musste, macht ihn wütend und sprachlos.
Auf einem seiner täglichen Rundgänge kam er an der Hecke vorbei und sah schon von Weitem das Unglück: Die gefällten Bäume von der Kreisstraße lagen genau auf seiner Hecke, auf einer Länge von mehreren hundert Metern. „Mich hat schier der Schlag getroffen“, erzählt er. „Es gäbe doch so viel Platz, aber nein, man muss die Bäume ausgerechnet in ein Biotop werfen.“
Rieger dachte an die wochenlange Arbeit, an den beherzten Einsatz seiner Vereinskollegen, aber auch an die Tiere, die in der Hecke eine wichtige Zuflucht gefunden haben.
Schließlich handelt es sich dabei nicht um eine gewöhnliche Hecke. Auf rund 500 Metern Länge haben die Schemmerberger Naturschutzfreunde aus Ästen, Zweigen und Mähgut erst im Herbst eine natürliche Totholzhecke aufgeschüttet, eine so genannte Benjeshecke, benannt nach dem deutschen Landschaftsgärtnern Brüder Hermann und Heinrich Benjes.
Das Besondere daran: Die Grünabfälle werden locker zu einer Hecke aufgehäuft und bieten somit hervorragenden Unterschlupf und Lebensraum für zahlreiche Tierarten. Von Vögeln wie Zaunkönigen, Rotkehlchen und Amseln bis zu Igeln, Eidechsen, Insekten und Wildbienen. „So ein Baumstamm aber zerquetscht alles, die Igel auf jeden Fall“, glaubt Rieger und fügt hinzu:
„Das hat mir im Herzen wehgetan. Ich mach’s ja für die Natur – aber auch für die Allgemeinheit.“
Rieger informierte umgehend das Landratsamt, das das Fällen der Bäume an der Kreisstraße angeordnet hatte. „In unserer Genehmigung steht, dass die Firma einen entsprechenden Ablageort wählen muss“, erklärt Landratsamtssprecher Bernd Schwarzendorfer. Als Ablageort seien je nach Voraussetzung „befestigte Flächen, vorhandene Wege und Ackerflächen“zulässig. Nachdem sich Rieger beim Landratsamt gemeldet hatte, reagierte die Behörde rasch. Schon am nächsten Tag war ein Großteil der Baumstämme beseitigt werden. Nur die Spuren rund um die Hecke zeugten noch von dem Umweltfrevel. Rieger lobt die Behörde: „Mich hat’s zunächst sehr geärgert. Aber dann haben sie gleich danach geschaut, da kann ich mich nicht beklagen.“
Für Rieger liegt die Erklärung auf der Hand: „Ich will keine Böswilligkeit unterstellen. Das war einfach nur Unwissen.“Offenbar hatten die Arbeiter der Forstfirma nicht erkannt, dass es sich bei der Ansammlung aus Ästen, Zweigen und Grünschnitt um eine besonders ökologisch wertvolle Hecke handle. „Aber wer nur ein bisschen Ahnung hat, der sieht doch, dass da ein Biotop ist“, findet Rieger. „Die hätten weitergemacht, wenn ich es nicht unterbunden hätte.“Für die Zukunft aber möchte er Vorkehrungen treffen, damit sich ein solcher Fall nicht wiederholt. „Wir müssen Schilder aufstellen und in Zukunft besser darauf achten.“Die Hecke davor aus Schwarz- und Weißdorn hatte bereits Albert Riegers Bruder gepflanzt, der inzwischen verstorben ist. Rieger will sie nun ebenfalls nachpflanzen und verdichten. Die Früchte seien wichtig für Vögel, die stacheligen Hecken bieten ebenfalls wichtigen Schutz.
Rieger und seine Naturschutzfreunde aus Schemmerberg wollen sich auch in Zukunft vor ihrer Haustür für mehr Artenschutz und die heimische Umwelt einsetzen. Dabei sei er nicht generell gegen Bauprojekte. Dass die Bäume an der Kreisstraße gefällt werden mussten, könne er nachvollziehen. Schließlich halte er es für wichtig, dass die schmale, unebene Straße verbreitert und damit sicherer werde.