Corona-Patient in Sitzreihe 2 auf Platz 13
Kurz nach seinem Besuch im Dietrich Theater zeigt ein 25-Jähriger erste Symptome
GNEU-ULM - Das Coronavirus könnte die Region erreicht haben: Wie der baden-württembergische Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in Stuttgart sagte, war ein 25-jähriger Corona-Patient aus dem Landkreis Göppingen am Samstag in Neu-Ulm im Kino. Später berichtet das Gesundheitsamt Neu-Ulm: Der Mann hat am Samstag um 20 Uhr den Film „Bad Boys for Live“besucht, der in Saal 8 des Dietrich Theaters lief. Dort ist Platz für 330 Zuschauer, insgesamt 138 Frauen und Männer waren da. Der Erkrankte saß in Sitzreihe 2 auf Platz 13.
Dr. Martin Küfer, der Leiter des Gesundheitsamts in Neu-Ulm, rät allen, die Symptome zeigen, zur Vorsicht. Betroffen dürften aber nur sehr wenige Kinobesucher sein: Nämlich die, die direkt neben, vor oder hinter dem infizierten Mann saßen. Denn die Möglichkeit einer Ansteckung mit dem neuartigen Virus bestehe für alle, die mindestens 15 Minuten Gesicht-zu-GesichtKontakt mit dem Erkrankten hatten. Er selbst, sagte Küfer, hätte keine Bedenken, sich jetzt auf Platz 13 in Reihe 2 von Saal 8 des Dietrich Theaters zu setzen.
Das Kino müsse nicht desinfiziert werden und auch für die Beschäftigten bestehe keine Gefahr. Sie hätten nur so kurz mit dem 25Jährigen zu tun gehabt, dass man nicht von einem Infektionsrisiko ausgehen müsse.
Einer der gefährdeten Besucher, nämlich der rechte Sitznachbar des Corona-Patienten, sei bereits unter Kontrolle. Der Leiter des Gesundheitsamts deutete an, dass es sich bei ihm um einen Bekannten des Erkrankten handelt. Konkreter wollte Küfer wegen der ärztlichen Schweigepflicht nicht werden.
Seine Behörde rät allen Besuchern des Films, in den nächsten zehn Tagen auf Krankheitssymptome wie Fieber, Husten oder Schnupfen zu achten. Treten diese auf, müssten alle nicht notwendigen Kontakte zu anderen minimiert werden und betroffene Personen sollten telefonisch ihren Hausarzt und das zuständige Gesundheitsamt kontaktieren. Wer ohne schwere Symptome erkranke, werde in häusliche Absonderung genommen. Das bedeutet: Patienten müssen 14 Tage lang zuhause bleiben und erhalten einmal täglich einen Kontrollanruf.
Wer schwerer erkranke, werde durch niedergelassene Ärzte oder im Krankenhaus behandelt. „Wir haben drei sehr gute Kliniken im Landkreis“, sagte Küfer. Zudem gebe es mit dem Universitätsklinikum und dem Bundeswehrkrankenhaus in Ulm zwei weitere hervorragende Einrichtungen in unmittelbarer Nähe. „Jede Klinik ist darauf vorbereitet“, betonte Küfer. Auch bei anderen Viruserkrankungen wie der Grippe könne eine Pandemie drohen. Daher habe man Vorkehrungen für solche Fälle gegeben.
Im Landkreis seien bereits 300 Influenza-Fälle gemeldet, CoronaPatienten seien dagegen noch nicht bekannt. „Es besteht kein Grund, panikartig alles stehen, liegen und fallen zu lassen“, sagte Küfer. Dennoch könne eine größere CoronaWelle das medizinische Personal vor eine größere Belastungsprobe stellen. Edeltraud Braunwarth, Pressesprecherin der Kreisspitalstiftung, sagte, die Chefärzte der drei Krankenhäuser würden am Donnerstagabend entscheiden, wie genau man mit möglichen Krankheitsfällen umgehen wolle. Weder dort noch in der Uniklinik werden nach Angaben von Kliniksprecherinnen derzeit Corona-Patienten behandelt.
Minister Manne Lucha, der wegen des Krankheitsfalls seinen Urlaub unterbrach, sagte, der Mann aus dem Kreis Göppingen sei von Montag bis Freitag vergangener Woche mit seiner Freundin im Urlaub in Norditalien gewesen. Er habe sich vermutlich auf dieser Reise angesteckt.
Am Sonntag habe der 25-Jährige Husten gehabt, am Montag Fieber. Am Dienstag sei bei dem Mann ein Abstrich gemacht worden. Die Auswertung habe ergeben, dass er am Coronavirus erkrankt ist. Seine aus Tübingen stammende Freundin weise leichte Symptome auf, sie werde in der dortigen Uniklinik stationär behandelt.
Im Gesundheitsamt Neu-Ulm sind wegen des Kinobesuchs durch den Coronapatienten bereits am Mittwoch zahlreiche Anrufe eingegangen. Es seien sehr sachliche Gespräche gewesen, berichtet Dr. Stephanie Kurz, die stellvertretende Leiterin der Behörde.