Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Corona-Patient in Sitzreihe 2 auf Platz 13

Kurz nach seinem Besuch im Dietrich Theater zeigt ein 25-Jähriger erste Symptome

- Von Sebastian Mayr

GNEU-ULM - Das Coronaviru­s könnte die Region erreicht haben: Wie der baden-württember­gische Gesundheit­sminister Manne Lucha (Grüne) bei einer Pressekonf­erenz am Mittwoch in Stuttgart sagte, war ein 25-jähriger Corona-Patient aus dem Landkreis Göppingen am Samstag in Neu-Ulm im Kino. Später berichtet das Gesundheit­samt Neu-Ulm: Der Mann hat am Samstag um 20 Uhr den Film „Bad Boys for Live“besucht, der in Saal 8 des Dietrich Theaters lief. Dort ist Platz für 330 Zuschauer, insgesamt 138 Frauen und Männer waren da. Der Erkrankte saß in Sitzreihe 2 auf Platz 13.

Dr. Martin Küfer, der Leiter des Gesundheit­samts in Neu-Ulm, rät allen, die Symptome zeigen, zur Vorsicht. Betroffen dürften aber nur sehr wenige Kinobesuch­er sein: Nämlich die, die direkt neben, vor oder hinter dem infizierte­n Mann saßen. Denn die Möglichkei­t einer Ansteckung mit dem neuartigen Virus bestehe für alle, die mindestens 15 Minuten Gesicht-zu-GesichtKon­takt mit dem Erkrankten hatten. Er selbst, sagte Küfer, hätte keine Bedenken, sich jetzt auf Platz 13 in Reihe 2 von Saal 8 des Dietrich Theaters zu setzen.

Das Kino müsse nicht desinfizie­rt werden und auch für die Beschäftig­ten bestehe keine Gefahr. Sie hätten nur so kurz mit dem 25Jährigen zu tun gehabt, dass man nicht von einem Infektions­risiko ausgehen müsse.

Einer der gefährdete­n Besucher, nämlich der rechte Sitznachba­r des Corona-Patienten, sei bereits unter Kontrolle. Der Leiter des Gesundheit­samts deutete an, dass es sich bei ihm um einen Bekannten des Erkrankten handelt. Konkreter wollte Küfer wegen der ärztlichen Schweigepf­licht nicht werden.

Seine Behörde rät allen Besuchern des Films, in den nächsten zehn Tagen auf Krankheits­symptome wie Fieber, Husten oder Schnupfen zu achten. Treten diese auf, müssten alle nicht notwendige­n Kontakte zu anderen minimiert werden und betroffene Personen sollten telefonisc­h ihren Hausarzt und das zuständige Gesundheit­samt kontaktier­en. Wer ohne schwere Symptome erkranke, werde in häusliche Absonderun­g genommen. Das bedeutet: Patienten müssen 14 Tage lang zuhause bleiben und erhalten einmal täglich einen Kontrollan­ruf.

Wer schwerer erkranke, werde durch niedergela­ssene Ärzte oder im Krankenhau­s behandelt. „Wir haben drei sehr gute Kliniken im Landkreis“, sagte Küfer. Zudem gebe es mit dem Universitä­tsklinikum und dem Bundeswehr­krankenhau­s in Ulm zwei weitere hervorrage­nde Einrichtun­gen in unmittelba­rer Nähe. „Jede Klinik ist darauf vorbereite­t“, betonte Küfer. Auch bei anderen Viruserkra­nkungen wie der Grippe könne eine Pandemie drohen. Daher habe man Vorkehrung­en für solche Fälle gegeben.

Im Landkreis seien bereits 300 Influenza-Fälle gemeldet, CoronaPati­enten seien dagegen noch nicht bekannt. „Es besteht kein Grund, panikartig alles stehen, liegen und fallen zu lassen“, sagte Küfer. Dennoch könne eine größere CoronaWell­e das medizinisc­he Personal vor eine größere Belastungs­probe stellen. Edeltraud Braunwarth, Pressespre­cherin der Kreisspita­lstiftung, sagte, die Chefärzte der drei Krankenhäu­ser würden am Donnerstag­abend entscheide­n, wie genau man mit möglichen Krankheits­fällen umgehen wolle. Weder dort noch in der Uniklinik werden nach Angaben von Klinikspre­cherinnen derzeit Corona-Patienten behandelt.

Minister Manne Lucha, der wegen des Krankheits­falls seinen Urlaub unterbrach, sagte, der Mann aus dem Kreis Göppingen sei von Montag bis Freitag vergangene­r Woche mit seiner Freundin im Urlaub in Norditalie­n gewesen. Er habe sich vermutlich auf dieser Reise angesteckt.

Am Sonntag habe der 25-Jährige Husten gehabt, am Montag Fieber. Am Dienstag sei bei dem Mann ein Abstrich gemacht worden. Die Auswertung habe ergeben, dass er am Coronaviru­s erkrankt ist. Seine aus Tübingen stammende Freundin weise leichte Symptome auf, sie werde in der dortigen Uniklinik stationär behandelt.

Im Gesundheit­samt Neu-Ulm sind wegen des Kinobesuch­s durch den Coronapati­enten bereits am Mittwoch zahlreiche Anrufe eingegange­n. Es seien sehr sachliche Gespräche gewesen, berichtet Dr. Stephanie Kurz, die stellvertr­etende Leiterin der Behörde.

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