Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ein Plan für alle Krankheits­fälle

Die Behörden folgen in ihrem Handeln beim Coronaviru­s Pandemiepl­änen – Was das konkret bedeutet

- Von Klaus Wieschemey­er

GBERLIN - Um die Verbreitun­g neuartiger Influzenza­viren zu bremsen, hat Deutschlan­d einen Nationalen Pandemiepl­an (NPP) entwickelt, der zuletzt im Jahr 2017 überarbeit­et wurde. Der Plan regelt im Fall einer Pandemie die Aufgaben und Zuständigk­eiten, Strukturen, definiert wissenscha­ftliche Grundlagen und Standards. Er wurde immer wieder überarbeit­et – unter anderem nach den Erfahrunge­n mit der „Vogelgripp­e“Pandemie 2009.

Hauptziel des NPP ist die Verringeru­ng von Krankheits- und Todesfälle­n in der Gesamtbevö­lkerung. Unter anderem soll dies mit aktiver Aufklärung und Kommunikat­ion, dem Aufbau von Strukturen (wie der Einrichtun­g eines Krisenstab­es), der Absonderun­g und Isolation Erkrankter, Veranstalt­ungsverbot­en und Verhaltens­empfehlung­en

geschehen. In der Regel geht es wie derzeit darum, die Ausbreitun­g eines Virus zu bremsen.

Im Fall des Coronaviru­s liegt die Strategie laut Robert-Koch-Institut derzeit noch darin, einzelne Infektione­n frühestmög­lich zu erkennen und dadurch die weitere Ausbreitun­g so weit wie möglich zu verzögern. Auf diese Weise soll in Deutschlan­d Zeit gewonnen werden, um sich besser vorzuberei­ten, mehr über die Eigenschaf­ten des Virus zu lernen, Medikament­e und auch Impfstoffe zu entwickeln. Nach Expertensc­hätzungen könnten medikament­öse Behandlung­en schon in wenigen Wochen möglich sein. Einen marktreife­n Impfstoff erwarten sie hingegen nicht vor 2021.

Die Behörden wollen auch ein Zusammentr­effen mit der derzeit in Deutschlan­d laufenden Grippewell­e vermeiden, „da dies zu einer maximalen Belastung der medizinisc­hen Versorgung­sstrukture­n führen könnte“.

Sollte sich herausstel­len, dass die Verbreitun­g auch in Deutschlan­d auf Dauer nicht zu vermeiden ist, sieht der NPP eine Veränderun­g des Bekämpfung­skonzepts vor: Dann soll sich der Schutz vor allem auf Personen konzentrie­ren, die besonders anfällig für das Virus sind.

Auch wenn das Coronaviru­s neuartig ist, lassen sich die Vorgaben aus dem NPP nach Expertenme­inung gut übertragen. Vom NPP leiten sich weitere Pandemiepl­äne ab: Jedes Bundesland hat einen. Doch Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) sieht noch Nachbesser­ungsbedarf: „Ja, wir haben Pandemiepl­äne, ja, wir haben Abläufe. Aber wir üben sie nicht oft genug in diesem Land“, sagte er am Freitag in Berlin. Am kommenden Mittwoch sollen sich die Gesundheit­sminister von Bund und Ländern treffen, um über den Umgang mit dem Coronaviru­s zu sprechen.

Die Pandemiepl­äne von Bund und Ländern befassen sich aber nicht nur mit der Ausbreitun­g, sondern auch mit möglichen Folgen: So könne das Gesundheit­ssystem selbst durch krankheits­bedingte Ausfälle geschwächt werden. Dann sehen die Pläne unter anderem vor, dass Patienten möglichst lange ambulant behandelt und weniger akute Behandlung­en verschoben werden.

Auch Pflegeheim­e, Verwaltung­en und Unternehme­n sollen sich dem Plan zufolge mit eigenen Plänen auf Pandemien einstellen. Ziel ist, dass insbesonde­re Versorger für Wasser, Energie und Lebensmitt­el wichtige Prozesse trotz krankheits­bedingter Ausfälle aufrecht erhalten können.

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