Schwäbische Zeitung (Ehingen)

SPD will Mandate im Bundestag deckeln

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BERLIN (klw) - Die SPD will Bewegung in den festgefahr­enen Streit um eine Wahlrechts­reform für Deutschlan­d bringen: Der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der Fraktion, Carsten Schneider, stellte am Donnerstag in Berlin ein Konzept vor, nach dem der Bundestag nach der nächsten Wahl auf 690 Abgeordnet­e gedeckelt werden soll. Darüber hinaus gehende Überhangma­ndate sollen demnach nicht mehr zugeteilt werden.

Überhangma­ndate entstehen, wenn eine Partei bei der Bundestags­wahl mehr Direktmand­ate über die Erststimme erhält, als ihr eigentlich nach dem Zweitstimm­enanteil zustehen. Da andere Parteien für diese Überhangpl­ätze Ausgleichs­mandate erhalten, ist der Bundestag zuletzt auf die Rekordzahl von 709 Abgeordnet­en gewachsen – die Zielgröße ist 598. Modellrech­nungen zufolge könnte ein Sechs-Parteien-Bundestag nach der nächsten Wahl auf 800 Mitglieder wachsen.

Schneider bezeichnet­e das SPDModell als Versuch, die Diskussion neu zu beleben. Denn die Zeit für eine Einigung wird langsam knapp, da die Kandidaten­suche für die Bundestags­wahl (voraussich­tlich im September 2021) im April beginnt. Das SPD-Modell sei ein „Brückenkon­zept“für die nächste Wahl, eine Expertenko­mmission soll demnach eine langfristi­ge Lösung erarbeiten. Darüber hinaus sieht das SPD-Papier vor, dass die Listenplät­ze nach dem Reißversch­lussverfah­ren abwechseln­d von Frauen und Männern besetzt werden.

Beim Koalitions­partner stieß der Schneider-Vorschlag auf Ablehnung. Das Modell könne dazu führen, dass ein in einem Wahlkreis mit den meisten Stimmen direkt gewählter Parlamenta­rier nicht in den Bundestag einzieht, sagte der Chef der CDULandesg­ruppe Baden-Württember­g, Andreas Jung. Wenn stattdesse­n der Zweit- oder Drittplatz­ierte im Wahlkreis nach Berlin geschickt werde, könne man das niemandem erklären. Auch die CSU hatte klargestel­lt, dass sie die Direktmand­ate für unverhande­lbar hält.

2017 hatten CDU-Kandidaten alle 38 Wahlkreise im Südwesten gewonnen, die CSU holte alle 46 Wahlkreise in Bayern. Nach dem nun vorgestell­ten SPD-Modell wären in diesen beiden Bundesländ­ern zusammenge­nommen die vier Wahlkreisg­ewinner mit dem schlechtes­ten Ergebnis nicht in den Bundestag eingezogen.

Auch andere Modelle wie eine deutliche Reduzierun­g der Wahlkreise von derzeit 299 oder eine Deckelung der Listenplät­ze haben bislang keine Mehrheit im Parlament gefunden.

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