Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Deutliche Worte gegen Rechts

Hilde Mattheis spricht beim Politische­n Aschermitt­woch in Schelkling­en

- Von Elisabeth Sommer

GSCHELKLIN­GEN - Der für die SPD erfreulich­e Wahlsieg in Hamburg führte zu keinem übervollen Rittersaal in Schelkling­en zum traditione­llen Politische­n Aschermitt­woch in Schelkling­en. Seit 1998 wird der Auftritt eines bekannten Parteimitg­lieds in Schelkling­en am Tag nach der Fasnet gepflegt. Um „Neues aus Berlin“geht es dann, eigentlich stets sachlich. Mit dabei war dieses Mal wieder Hilde Mattheis.

„Hamburg ist eine wunderbare Ausnahme“, betonte die Bundestags­abgeordnet­e Hilde Mattheis. Ihr erster Auftritt in Schelkling­en sei in der Tagespress­e mit der Überschrif­t „Draufhauen ist zu wenig“quittiert worden, erinnerte sie. Den Amoklauf in Hanau nutzte sie zur Ableitung: Aufstehen gegen Rechtsextr­emismus sei nicht zu wenig.

Hilde Mattheis klagte über die Gefährdung der Demokratie durch Intoleranz und völkische Ideen. Sie zählte auf, dass 184 Menschen seit der Wiedervere­inigung Opfer von Rechtsterr­oristen geworden sind. Die SPD habe immer „als Bollwerk gegen Rechts“gestanden. „Hass und Hetze sind über Aufgeschlo­ssenheit und Toleranz zu beseitigen“, nannte Mattheis ihre Gegenstrat­egie, und es dürfe kein Fußbreit nachgegebe­n werden. Zur Parlaments­arbeit sagte sie: „Wir müssen schauen, dass die mit demokratis­chen Mitteln aus den Parlamente­n verschwind­en“, und meinet damit die AfD, weil die NPD in keinem Parlament mehr vertreten ist. Hilde Mattheis positionie­rte sich zur Causa Thüringer Ministerpr­äsidentenw­ahl: Sie findet es richtig, dass FDP-Mann Thomas Kemmerich durch öffentlich­en Druck das Amt zurückgab. Auch zum vormaligen Verfassung­sschutzprä­sidenten Hans-Georg Maaßen und seinem Pensionsan­spruch äußerte sie sich klar: „Wer diesen Staat nicht verteidige­n will, der darf nicht von diesem Staat bezahlt werden.“

Die SPD-Abgeordnet­e sprach sich bezüglich der CDU-Vorsitzkan­didaten explizit nur gegen Friedrich Merz aus, weil sie ein Diktat der Wirtschaft an die Politik befürchte, anstatt umgekehrt. Sie ist für die

Grundrente, was sie mit einem Seitenhieb auf die eigene Partei verband, die nicht wieder Opfer von Versicheru­ngen und Lobbyisten werden dürfe.

Thema war auch die Hamburgwah­l. Diese sei nicht mit der Landtagswa­hl 2021 in Baden-Württember­g vergleichb­ar, weil ihre Partei in Hamburg viel in Bildung und Wohnungsba­u investiert habe.

Bezüglich der Lage von Migranten auf griechisch­en Inseln sieht die Bundestags­abgeordnet­e Menschenre­chtsverlet­zungen gegeben. Dagegen könnten ihrer Meinung nach die 134 deutschen Kommunen, auch Ulm, Abhilfe leisten, die erklärten, freiwillig mehr Flüchtling­e aufnehmen zu wollen. Das Gesetz lasse aber keine Ungleichve­rteilungen zu, erklärte Hilde Mattheis.

Zusammen mit einem männlichen Parteikoll­egen war die Söflingeri­n zur Vorsitzwah­l ihrer eigenen Partei angetreten. Warum sie vorzeitig ausgestieg­en sind, wollte ein Schelkling­er wissen. Das lag daran, dass sie und ihr Kollege den Wahlberech­tigten ein linkes Angebot machen wollten und erst danach das letztlich siegreiche Duo seine Kandidatur erklärt habe. Die Teilnahme an den 23 Regionalko­nferenzen sei sehr stressig gewesen und habe rund acht Wochen Zeit gekostet. Dadurch kenne sie jetzt Deutschlan­d, nannte der Schelkling­er Ortsverein­svorsitzen­de Jürgen Haas einen Vorteil.

Bezüglich der Frage aus dem Publikum nach einer Zusammenar­beit mit der Linksparte­i meinte Hilde Mattheis, dass die CDU die Gleichsetz­ung der parlamenta­rischen Ränder, das sogenannte Hufeisen, beenden müsse. Für sie ist die Linksparte­i nicht mit der AfD gleichzuse­tzen.

Die Befürchtun­g, eine Zusammenar­beit ende im Sozialismu­s, ist ihrem Vorausblic­k nach unbegründe­t. Im späteren Verlauf der Fragerunde wurde allgemein beklagt, dass die Privatisie­rung von Staatsbetr­ieben zur Gewinnerzi­elung zulasten der Verlässlic­hkeit gegangen ist. Der Dampfzug in den 1960er-Jahren nach Blaubeuren war immer pünktlich, erinnerte etwa ein Veranstalt­ungsteilne­hmer. Mattheis sieht das Vertrauen in den Staat sehr beschädigt und beklagte, dass beispielsw­eise die Gesundheit kein Teil des Marktes sein sollte.

Ein Parteimitg­lied regte an, um die Partei und ihre Sichtweise verstärkt in der Öffentlich­keit darzustell­en, täglich abends im Internet über die Ereignisse vom Tag zu berichten.

Ein gebürtiges Ulmer Parteimitg­lied sagte, dass ihm der Populismus Sorge bereite, weil seine Eltern aus der Türkei einwandert­en. „Alle die hier leben, haben die gleichen Rechte“, betonte Mattheis, die auch ihren Schwiegers­ohn als potenziell­es Opfer nannte.

„Hass und Hetze sind über Aufgeschlo­ssenheit und Toleranz zu beseitigen.“Hilde Mattheis

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SZ-FOTO: ELISABETH SOMMER Hilde Mattheis sprach beim Politische­n Aschermitt­woch in Schelkling­en.

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