„Große Errungenschaft in der Medizin“
Dr. Monika Spannenkrebs spricht über Impfungen und das Masernschutzgesetz
BIBERACH - Ab 1. März tritt bundesweit das Masernschutzgesetz in Kraft. Dann gilt die Masern-Impfpflicht für alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr beim Eintritt in die Schule oder den Kindergarten. Die Impfpflicht gilt ebenso für Kindertagespflegekräfte, Lehrer sowie Beschäftigte an Kliniken. Wie wichtig die Masernimpfung ist und wie das Gesetz umgesetzt wird, Tanja Bosch hat bei Dr. Monika Spannenkrebs, Leiterin des Kreisgesundheitsamts, nachgefragt.
Frau Spannenkrebs, ab Sonntag gilt die Masern-Impflicht in Deutschland. Was gibt es zu beachten?
Das Masernschutzgesetz gilt für Gemeinschaftseinrichtungen für Kinder und Jugendliche, Gemeinschaftseinrichtungen für Asylbewerber und Flüchtlinge und für medizinische Einrichtungen. Kinder ohne ausreichenden Masernimpfschutz dürfen ab 1. März 2020 nicht mehr in einer Kita aufgenommen werden. Auch Personen, die in den Bereichen, für die das Masernschutzgesetz gilt, neu tätig werden wollen, müssen ausreichend gegen Masern geimpft sein. Das ist also Einstellungsvoraussetzung. Für diejenigen, die bereits in den Einrichtungen betreut werden oder tätig sind, besteht eine Übergangsfrist bis Ende Juli 2021.
Warum ist es so wichtig, dass jeder eine Masernimpfung hat?
Masern sind sehr ansteckend, eine erkrankte Person kann etwa 16 bis 18 ungeimpfte Personen anstecken. Erst wenn 95 Prozent einer Bevölkerung gegen Masern geimpft sind, kann eine Weiterverbreitung der Masernviren verhindert werden und es kommt nicht mehr zu einem Ausbruch. Besonders gefährdet sind die Allerkleinsten im ersten Lebensjahr, da erst ab etwa neun bis zehn Monaten eine Masernimpfung möglich ist. Sie sind also auf eine gut geimpfte Bevölkerung angewiesen.
Wie wird überprüft, ob jemand geimpft ist?
Die Überprüfung des Masernimpfschutzes obliegt dem Leiter der jeweiligen Einrichtung durch Kontrolle des Impfpasses.
Erwartet die Behörden ein großer organisatorischer Aufwand?
Dem Gesundheitsamt müssen Personen ohne ausreichenden Impfschutz ab 1. März 2020 gemeldet werden. Nach der Meldung wird das Gesundheitsamt tätig und nimmt Kontakt mit den Betreffenden auf. Wie viele Personen das sein werden, kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden. Natürlich besteht auch allgemein ein großer Beratungsbedarf rund um das Masernschutzgesetz.
Was ist, wenn jemand bereits als Kind an Masern erkrankt ist und demnach immun ist und nicht geimpft werden muss. Kann das irgendwie nachgewiesen werden? Es besteht die Möglichkeit, dass der behandelnde Arzt bescheinigt, dass Immunität gegen Masern besteht – meist nachgewiesen durch eine Antikörperbestimmung gegen Masern im Blut.
Es gibt Menschen, die Impfungen ablehnen. Kann eine Impfung krank machen?
Impfungen sind eine der größten Errungenschaften in der Medizin. Impfnebenwirkungen sind sehr selten und in der Regel nur vorübergehender Art. Das Risiko an Masern zu erkranken und eine Komplikation zu erleiden, ist um ein Vielfaches höher.
Die Impfung erfolgt mit einem Impfstoff gegen Masern, Mumps und Röteln. Kann man sich auch nur gegen Masern impfen lassen? In Deutschland ist nur ein Kombinationsimpfstoff gegen Masern, Mumps und Röteln erhältlich.
Was ist, wenn ein Kind nicht geimpft ist? Darf es dann vom Kindergarten oder der Schule abgelehnt werden? Was sind die Konsequenzen für die Eltern?
Ab 1. März 2020 darf ein nicht gegen Masern geimpftes Kind nicht in eine Kindertageseinrichtung aufgenommen werden. Die Schulpflicht wird allerdings durch das Masernschutzgesetz nicht ausgehebelt, aber das
Gesundheitsamt wird tätig und kontaktiert die Erziehungsberechtigten. Es wird eine Frist gesetzt, um die Impfung nachzuholen, gegebenenfalls kann auch ein Bußgeld verhängt werden. Das Bußgeld hebt aber die Masernimpfpflicht nicht auf.
Für wen ist eine Masernerkrankung gefährlich?
Masern sind bereits drei bis fünf Tage vor Auftreten des typischen Masernausschlags besonders stark ansteckend, deshalb können nicht geimpfte Kinder bereits in der sogenannten Inkubationszeit, also die Zeit bis zum Ausbruch der Erkrankung, andere Menschen anstecken. Masern führen häufig zu Komplikationen. Die Masernvirusinfektion bedingt eine Immunschwäche von mindestens sechs Wochen Dauer, dadurch kommt es in der Folge der Masernerkrankung öfter zu Mittelohrentzündungen oder Lungenentzündungen. Eine besonders gefürchtete Komplikation ist eine Entzündung des Gehirns mit schweren Folgeschäden oder sogar tödlichem Ausgang. Sehr seltene Spätkomplikation nach sechs bis acht Jahren kann zudem eine schwere unheilbare Erkrankung des zentralen Nervensystems sein.
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