Tiefe Trauer, Bestürzung, Ratlosigkeit
Mahnwache zum Gedenken an Opfer rechter Gewalt: Laichinger versammeln sich im Zentrum
LAICHINGEN - Kerzen sind aufgestellt, die Flammen flackern im Wind. Rosen liegen auf dem Boden des Marktplatzes. Dort hat am Mittwochabend eine Mahnwache zum Gedenken an die Opfer rechter Gewalt stattgefunden. Auslöser war der Anschlag auf zwei Shisha-Bars in Hanau. Gedacht wird aber auch weiterer Opfer von Anschlägen wie auf die Synagoge in Halle oder des Mordes am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke.
Es weht ein kalter Wind, als Cengiz Dogan vom Verein LA – Jugend und Kultur das Mikrofon ergreift. Dogan lebt seit 1973 in Laichingen, möchte sich engagieren, organisierte beispielsweise auch Mahnwachen für die Journalistin und jetzige Volontärin der „Schwäbischen Zeitung“Mesale Tolu in Ulm mit. Ihm geht es darum, jegliche Form von Gewalt zurückzuweisen. Deswegen initiierte er die Mahnwache in Laichingen. „Wir wollen ein Zeichen setzen. Deswegen sind wir gekommen“, sagt er zur Eröffnung der
Mahnwache. Gekommen ist auch Gisela Steinestel, die Fraktionsvorsitzende der IGEL und stellvertretende Bürgermeisterin Laichingens. Die Mahnwache ist für sie wichtig, um „meine tiefe Trauer, die Bestürzung und die Ratlosigkeit auszudrücken – anlässlich der Morde in Hanau“. Sie spricht aber auch die NSU-Morde sowie die Anschläge auf Synagogen in Halle und den Mord an Walter Lübcke an. „Hanau ist eine weitere Eskalation rassistischer Gewalt“, sagt sie. In Laichingen
leben ebenso Menschen mit Migrationshintergrund. „Vielleicht haben diese Menschen, unsere Nachbarn und Freunde, jetzt Angst. Dafür schäme ich mich“, so die stellvertretende Bürgermeisterin. „Es ist an uns, aufzustehen und zu signalisieren, dass wir an der Seite der Menschen mit Migrationshintergrund stehen, dass wir klare Kante zeigen und uns gegen den braunen Sumpf wehren“, appelliert Gisela Steinestel.
Solidarität gegen Rassismus: So ist auch eines der Plakate überschrieben. Gut 90 Personen sind zur Mahnwache gekommen, um zu gedenken. Sie stehen in einem Halbkreis zusammen, umringen Kerzen, Rosen und die Bilder der Opfer von Hanau.
Der CDU-Kreisrat Kurt Wörner überbringt die Grüße des CDULandtagsabgeordneten Manuel Hagel sowie der CDU-Bundestagsabgeordneten Ronja Kemmer. In einem Schreiben teilen beide Politiker ihre Anteilnahme mit. „Wir können nur erahnen, welchen tiefen Schmerz Familien und Freunde nun erleben müssen. Es war eine unmenschliche Tat“, so Kemmer zu den Hanau-Morden.
Nach Laichingen ist Jürgen Filius, Landtagsabgeordneter der Grünen, gekommen: „Der Anlass ist bedrückend.“Deswegen sehe er es als genau das Richtige an, eine solche Mahnwache abzuhalten. „Das, was wir hier machen, ist an der Zeit. Wir müssen für unsere Demokratie und Freiheit demonstrieren“, sagt er und fügt an: „Wir wollen uns unsere Vielfalt und Buntheit nicht nehmen lassen, uns nicht zurückziehen. Die Menschlichkeit darf nicht auf der Strecke bleiben.“
Cengiz Dogan nickt. Er bestärkt und appelliert nochmals: „Wir müssen gegen Hetze aufstehen. Nie wieder Krieg.“Eine Mahnwache 300 Kilometer von Hanau entfernt? „Was in Hanau geschehen ist, betrifft uns alle“, begründet Dogan und stellt klar: „Nazis raus. Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.“Menschen mit Migrationshintergrund würden zu einem Feindbild. Das sei falsch. „Wir wollen in Frieden und Demokratie leben“, sagt Dogan. Dann liest er die Namen der Opfer und deren Hintergrund vor. Es ist still. Nur das Pfeifen des Windes ist zu hören, der so manche Kerze zum Erlischen bringt. Zum Schluss folgt eine Schweigeminute.