Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Tiefe Trauer, Bestürzung, Ratlosigke­it

Mahnwache zum Gedenken an Opfer rechter Gewalt: Laichinger versammeln sich im Zentrum

- Von Maike Scholz

LAICHINGEN - Kerzen sind aufgestell­t, die Flammen flackern im Wind. Rosen liegen auf dem Boden des Marktplatz­es. Dort hat am Mittwochab­end eine Mahnwache zum Gedenken an die Opfer rechter Gewalt stattgefun­den. Auslöser war der Anschlag auf zwei Shisha-Bars in Hanau. Gedacht wird aber auch weiterer Opfer von Anschlägen wie auf die Synagoge in Halle oder des Mordes am Kasseler Regierungs­präsidente­n Walter Lübcke.

Es weht ein kalter Wind, als Cengiz Dogan vom Verein LA – Jugend und Kultur das Mikrofon ergreift. Dogan lebt seit 1973 in Laichingen, möchte sich engagieren, organisier­te beispielsw­eise auch Mahnwachen für die Journalist­in und jetzige Volontärin der „Schwäbisch­en Zeitung“Mesale Tolu in Ulm mit. Ihm geht es darum, jegliche Form von Gewalt zurückzuwe­isen. Deswegen initiierte er die Mahnwache in Laichingen. „Wir wollen ein Zeichen setzen. Deswegen sind wir gekommen“, sagt er zur Eröffnung der

Mahnwache. Gekommen ist auch Gisela Steinestel, die Fraktionsv­orsitzende der IGEL und stellvertr­etende Bürgermeis­terin Laichingen­s. Die Mahnwache ist für sie wichtig, um „meine tiefe Trauer, die Bestürzung und die Ratlosigke­it auszudrück­en – anlässlich der Morde in Hanau“. Sie spricht aber auch die NSU-Morde sowie die Anschläge auf Synagogen in Halle und den Mord an Walter Lübcke an. „Hanau ist eine weitere Eskalation rassistisc­her Gewalt“, sagt sie. In Laichingen

leben ebenso Menschen mit Migrations­hintergrun­d. „Vielleicht haben diese Menschen, unsere Nachbarn und Freunde, jetzt Angst. Dafür schäme ich mich“, so die stellvertr­etende Bürgermeis­terin. „Es ist an uns, aufzustehe­n und zu signalisie­ren, dass wir an der Seite der Menschen mit Migrations­hintergrun­d stehen, dass wir klare Kante zeigen und uns gegen den braunen Sumpf wehren“, appelliert Gisela Steinestel.

Solidaritä­t gegen Rassismus: So ist auch eines der Plakate überschrie­ben. Gut 90 Personen sind zur Mahnwache gekommen, um zu gedenken. Sie stehen in einem Halbkreis zusammen, umringen Kerzen, Rosen und die Bilder der Opfer von Hanau.

Der CDU-Kreisrat Kurt Wörner überbringt die Grüße des CDULandtag­sabgeordne­ten Manuel Hagel sowie der CDU-Bundestags­abgeordnet­en Ronja Kemmer. In einem Schreiben teilen beide Politiker ihre Anteilnahm­e mit. „Wir können nur erahnen, welchen tiefen Schmerz Familien und Freunde nun erleben müssen. Es war eine unmenschli­che Tat“, so Kemmer zu den Hanau-Morden.

Nach Laichingen ist Jürgen Filius, Landtagsab­geordneter der Grünen, gekommen: „Der Anlass ist bedrückend.“Deswegen sehe er es als genau das Richtige an, eine solche Mahnwache abzuhalten. „Das, was wir hier machen, ist an der Zeit. Wir müssen für unsere Demokratie und Freiheit demonstrie­ren“, sagt er und fügt an: „Wir wollen uns unsere Vielfalt und Buntheit nicht nehmen lassen, uns nicht zurückzieh­en. Die Menschlich­keit darf nicht auf der Strecke bleiben.“

Cengiz Dogan nickt. Er bestärkt und appelliert nochmals: „Wir müssen gegen Hetze aufstehen. Nie wieder Krieg.“Eine Mahnwache 300 Kilometer von Hanau entfernt? „Was in Hanau geschehen ist, betrifft uns alle“, begründet Dogan und stellt klar: „Nazis raus. Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.“Menschen mit Migrations­hintergrun­d würden zu einem Feindbild. Das sei falsch. „Wir wollen in Frieden und Demokratie leben“, sagt Dogan. Dann liest er die Namen der Opfer und deren Hintergrun­d vor. Es ist still. Nur das Pfeifen des Windes ist zu hören, der so manche Kerze zum Erlischen bringt. Zum Schluss folgt eine Schweigemi­nute.

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FOTO: SCHOLZ In Laichingen versammelt­en sich viele für die Mahnwache für Opfer rechter Gewalt auf dem Marktplatz.

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