Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Corona: Verdachtsf­älle, aber noch keine Patienten

Menschen aus Alb-Donau-Kreis unter Quarantäne – Angst spürbar

- Von Sebastian Mayr und Johannes Rauneker

GULM - Vier Menschen, die Kontakt hatten mit einem Mann, der mit dem Coronaviru­s infiziert ist und am Samstag eine Kinovorste­llung in Neu-Ulm besucht hatte (wir berichtete­n), stammen aus dem Alb-DonauKreis. Sie stehen nun unter häuslicher Quarantäne. Auch bei den Kliniken der Region melden sich Menschen und wollen sich testen lassen. Echte Corona-Fälle gibt es in der Region jedoch noch keine. Trotzdem scheint die Angst zu wachsen.

Die Warnung, die an der Türe eines Kopierlade­ns im Ulmer Frauengrab­en hängt, liest sich unmissvers­tändlich: „Sollten Sie am 22. Februar im Kino gewesen sein, bitte nicht den Laden betreten!!!“

Inhaber Michael Grössl bittet Kunden, die in jener Kinovorste­llung in Neu-Ulm waren („Bad Boys for Life“), in der auch ein infizierte­r Patient aus Eislingen (Landkreis Göppingen) saß, sein Geschäft nicht zu betreten. Begründung: Er will verhindern, dass sich sein Kind ansteckt. Grössl sagt, er sei „nervös“. Zwar habe er keine Angst um sich selbst, jedoch um sein kleines Kind. Dieses sei erst zweieinhal­b Wochen alt. Er befürchtet, dass dieses noch nicht ausreichen­d Abwehrkräf­te gesammelt haben könnte, um eine Corona-Erkrankung zu überleben. Mit dem Schild will er vermeiden, dass er und in der Folge sein Kind angesteckt wird.

Bei den zuständige­n Gesundheit­sämtern in Ulm und Neu-Ulm, die bei den Landratsäm­tern angesiedel­t sind, haben sich mittlerwei­le zahlreiche Kinobesuch­er gemeldet, die nun auf Symptome wie Fieber, Husten oder Schnupfen achten sollen. Vier Personen, mit denen der infizierte aus dem Raum Göppingen Kontakt hatte, stammen aus dem Alb-DonauKreis, wie das Landratsam­t des AlbDonau-Kreises, welches auch für die Stadt Ulm zuständig ist, am Donnerstag mitteilte. Sie seien gebeten worden, „14 Tage in häuslicher Isolation zu verbleiben“. Die Personen müssen sich täglich melden und über ihren Gesundheit­szustand, insbesonde­re über ihre Körpertemp­eratur, informiere­n. Allen Betroffene­n würden Abstriche entnommen. Die Entnahme erfolgte durch die Hausärzte. Die Ergebnisse der Abstriche, ob eine Infektion mit dem Coronaviru­s vorliegt, blieben „abzuwarten“.

Ziel der Behörden ist es nach wie vor, „eine weitere Ausbreitun­g zu verhindern“. Ansteckung­sketten sollen unterbroch­en und gestoppt werden. Die Leiterin des Fachdienst­es Gesundheit beim Landratsam­t Alb-Donau, Dr. Barbara Unger, unterstrei­cht: „Wir arbeiten alle sehr konzentrie­rt und fokussiert und setzen darauf, dass wir den Virus in den Griff bekommen.“

Und was sagt der Kinobetrei­ber aus Neu-Ulm? Das Gesundheit­samt in Neu-Ulm habe ihm versichert, dass ein Kinobesuch kein gesundheit­liches Risiko darstelle, erklärt Roland Sailer. Dennoch scheinen Besucher verunsiche­rt zu sein. Am Mittwochab­end wickelten dort manche ihre Hände in Toilettenp­apier ein, bevor sie die Türklinke im WC anfassten.

Die Kliniken in der Region spüren bislang keinen besonderen Andrang wegen des Coronaviru­s. Ein Mann aus dem Kreis Neu-Ulm, der vor einigen Tagen mit gesundheit­lichen Problemen von einer Italienrei­se zurückgeke­hrt war, soll aber im Unikliniku­m Ulm zunächst isoliert behandelt worden sein. Tanja Kotlorz, die Sprecherin des Universitä­tsklinikum­s, will dies nicht bestätigen. Zu Verdachtsf­ällen sage man grundsätzl­ich nichts. Aber es seien in den vergangene­n Wochen tatsächlic­h mehrere Personen getestet worden. Der Erreger wurde – Stand Donnerstag – jedoch bei keiner Person nachgewies­en.

Auch im Bundeswehr­krankenhau­s wird ein Isolierber­eich vorgehalte­n. Es würden auch Vorbereitu­ngen getroffen, um weitere Kapazitäte­n für mögliche Corona-Patienten in den Kliniken der Streitkräf­te zu schaffen, sagt Oberstleut­nant Matthias Frank, Pressespre­cher des Sanitätsdi­ensts der Bundeswehr.

Echte Gewissheit­en scheinen rar dieser Tage. Und dass der Appell, den Michael Grössl an seiner Ladentüre an seine Kunden richtet, tatsächlic­h etwas bringt, ist auch eher unwahrsche­inlich. Schließlic­h handelt es sich nur um eine Bitte. Es ist ja niemandem anzusehen, ob er die besagte Kinovorste­llung wirklich besucht hat. Ein Virus lässt sich nicht so einfach aussperren.

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