Eine neue Generation Gold
Emma Hinze und Pauline Grabosch fahren bei der Bahnrad-WM auf den Spuren von Vogel/Welte
BERLIN (dpa/SID) - Kristina Vogel und Miriam Welte waren mächtig stolz auf die neuen Golden Girls des deutschen Bahnradsports. „Jede Zeit hat ihre Athleten, ihre Stars. Ich war es vielleicht auch ein paar Jahre. Jetzt kommen neue Champions. Das macht total Spaß. Vielleicht war es auch das Richtige für sie, dass die zwei Alten weg sind und Platz für Neue machen“, sagte Vogel nach dem Gold-Coup der jungen deutschen Teamsprinterinnen bei der Heim-WM in Berlin. Gemeinsam schossen die fünf bei der Zusammenkunft der alten und neuen Generation gleich ein paar Selfies. „Die Wachablösung ist so was von geglückt“, rief Welte ihren Nachfolgerinnen um Emma Hinze zu.
Mit dem goldenen Auftakt bei den Titelkämpfen im Velodrom hatte kaum einer gerechnet. Zurück liegen 20 beschwerliche Monate, angefangen mit dem so schlimmen Trainingsunfall der seitdem querschnittsgelähmten Rekordweltmeisterin Vogel bis hin zum Rücktritt von Welte im vergangenen Jahr. Plötzlich waren Hinze, Pauline Grabosch und Lea Sophie Friedrich, die in der Qualifikation zum Einsatz kam, gefordert. Alle drei nicht älter als 22 Jahre und immer mit der Bürde, am einstigen Erfolgsduo gemessen zu werden. Schließlich hatten Vogel und Welte eine Ära geprägt, OlympiaGold 2012 in London geholt und viermal den WM-Titel eingefahren.
Vor allem Grabosch war nach dem Unfall von Vogel auf der Betonpiste in Cottbus in ein tiefes Loch gefallen, hatte sie den folgenschweren Zusammenprall der Olympiasiegerin mit einem niederländischen Nachwuchsfahrer doch im Training hautnah erlebt. Die Magdeburgerin legte zwischenzeitlich eine Pause ein, sogar ihre so verheißungsvoll begonnene Karriere stand auf der Kippe.
Erst in den letzten Wochen hatte sich Grabosch im Training gegen Friedrich auf der Anfahrer-Position durchgesetzt und zu alter Stärke zurückgefunden. „Ich habe mich neu fokussiert, hatte Vertrauen in mich selber, in die zwei Mädels“, beschrieb Grabosch die Zeit. Die gesamte Mannschaft habe sich nach dem Unfall von Vogel und dem Rücktritt von Welte neu sortieren müssen. Für alle sei es eine harte Zeit gewesen.
Herausgekommen ist ein vielversprechendes Trio für die Zukunft, vor allem im Hinblick auf Olympia in Tokio. „Wir haben gute Karten, wir sind alle schnell. Es wäre schön, wenn es im Sommer noch mal schneller geht und wir das als beflügelnden Moment nutzen können“, sagte Hinze, die sich in überragender Form präsentierte und sogar den Weltrekord von Vogel auf der Position zwei unterbot. „Das ist okay, Zeiten sind Schall und Rauch“, sagte Vogel und stellte noch einmal klar. „Die beiden sind nicht wie ich, sie sind keine Nachfolgerinnen von Kristina Vogel und Miriam Welte“, sagte die elfmalige Weltmeisterin: „Sie gehen ihren eigenen Weg.“
Für die Deutschen könnte es noch besser kommen: Eine Regeländerung des Radsport-Weltverbands UCI sieht vor, dass ab dem nächsten Jahr im Teamsprint ähnlich wie bei den Männern mit drei statt zwei Athletinnen gefahren wird. „Es gibt nicht viele Länder, die drei so gute Fahrerinnen haben. Vielleicht noch die Niederlande oder Russland, dann hört es fast schon auf“, sagte Vogel. In den Einzeldisziplinen winken weitere Erfolge. Insbesondere Hinze sind im Sprint oder Keirin weitere Medaillen zuzutrauen.
Nnoch mehr Freude gab es schon kurz darauf für das deutsche Team. Der Frauen-Vierer gewann bei der WM die Bronzemedaille. Franziska Brauße (Öschelbronn), Lisa Brennauer (Durach), Lisa Klein (Erfurt) und Gudrun Stock (München) setzten sich in der 4000-Meter-Mannschaftsverfolgung im kleinen Finale in 4:12,964 Minuten gegen Kanada (4:20,404) durch.