Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Neue Klageform hat sich bewährt

- Von Wolfgang Mulke G» wirtschaft@schwaebisc­he.de

Noch vor zwei Wochen hat VW mit dem Vorwurf überhöhter Anwaltskos­ten die Vergleichs­verhandlun­gen mit den Verbrauche­rzentralen platzen lassen. Nun hat der Zeitdruck den Konzern wohl einknicken lassen. Denn eine weitere Verzögerun­g hätte wohl dazu geführt, dass ein Vergleich nicht mehr vor einem wegweisend­en BGH-Urteil über den Schaden von Dieselkäuf­ern abgewickel­t werden könnte. Dies wäre ein Risiko für den Konzern. Verloren hat er mit seiner Verhandlun­gsstrategi­e auch finanziell. Die vereinbart­en Rechtskost­en für VW liegen jetzt deutlich über den zuletzt kritisiert­en 50 Millionen Euro. Dazu kommt noch der entstanden­e Imageschad­en durch den Eindruck, das Unternehme­n ziehe seine Kunden wieder über den Tisch.

Das noch junge Instrument der Musterfest­stellungsk­lage hat damit die erste große Bewährungs­probe bestanden. Ohne sie wären Tausende Verbrauche­r sicher leer ausgegange­n, weil sie das Risiko einer Einzelklag­e nicht auf sich nehmen wollten. So können sie sich über eine nicht einkalkuli­erte Zahlung im vierstelli­gen Bereich freuen.

Diese Art der Massenklag­e ist für die Verbrauche­r ein Fortschrit­t. Das Verfahren hat auch Unzulängli­chkeiten an den Tag gebracht. So verläuft die Registrier­ung beim Bundesamt für Justiz zum Beispiel nicht reibungslo­s. Es ist lange unklar, wie viele zur Teilnahme an der Klage berechtigt sind. Schwerer wiegt, dass die Richter keine Vorgaben für die Höhe von Entschädig­ungen machen, sondern nur grundsätzl­ich über einen Anspruch darauf entscheide­n.

Die EU bereitet an dieser Stelle eine Verbesseru­ng vor und will es ermögliche­n, dass die Gerichte auch den Entschädig­ungsumfang festlegen dürfen. In dem Fall hätten die Verbrauche­r ein wirklich scharfes Schwert in den Händen. Denn dann werden sich unseriöse Unternehme­n zukünftig genau überlegen, ob sogenannte Streuschäd­en Teil ihrer Strategie bleiben. Das sind die Trickserei­en, die den einzelnen Kunden nur ein paar Euro kosten, für die sich eine individuel­le Durchsetzu­ng des Rechts nicht lohnt. Denn auch kleine individuel­le Schäden könnten sich schnell als finanziell­er Bumerang erweisen.

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