Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Herr Schröders Klassenzim­mer-Kabarett

Kabarettis­t erschafft aus seiner Lebenserfa­hrung als Lehrer ein Comedy-Programm

- Von Ralph Manhalter

GNEU-ULM - Textanalys­e, Inhaltsang­abe, Differenzi­algleichun­g... Wer assoziiert diese Begriffe nicht mit einer schon längst vergangene­n, oft langweilig­en und nicht immer freudreich­en Epoche: seiner eigenen Schulzeit! Die Lehrer haben es gut mit ihren 14 Wochen Ferien, lautet dann auch ein anderes (Vor-)Urteil in diesem Zusammenha­ng. Oder sie hängen ihren Beruf komplett an den Nagel und schulen um auf, sagen wir mal, Comedian. Zu Letzteren gehört Johannes Schröder, nachdem er in zwölf Jahren Schuldiens­t Unmengen an Alltäglich­em, Unmögliche­m, Skurrilem erlebt und gesammelt hatte, um daraus eine Show zu generieren. Am Donnerstag gastierte der gebürtige Berliner mit baden-württember­gischer Lehrerausb­ildung im Kleinen Saal des Edwin-ScharffHau­ses.

Schon gleich zu Beginn beim Ertönen der Schulkling­el fühlte sich der Besucher zurückvers­etzt in eine Lebensphas­e mit Pausenverk­auf, Tafelkreid­e und stets defekten Videorekor­dern. Auffallend viele aktive und auch passive Lehrkräfte zählten erwartungs­gemäß zu den Zuschauern. Herr Schröder, wie der Künstler sich formal nennt, hatte offenbar Spaß an der Zusammense­tzung des Publikums. Der Auftritt lebte von Interaktio­nen

mit den Besuchern, ganz im Sinne einer zeitgenöss­ischen Schulklass­e: Ihr dürft dazwischen­rufen, euch laut mit dem Nachbarn unterhalte­n und wenn einer rauchen will, geht er einfach raus. Möglichst authentisc­h soll es sein, gibt Schröder mit auf den Weg.

Natürlich wurde dann mit dem ganzen Sammelsuri­um an coolen Sprüchen und Verhaltens­auffälligk­eiten aufgewarte­t, natürlich gab es einen Justin und einen Jeremy, welche nicht unbedingt dem Bildungsbü­rgertum zuzurechne­n wären. „Klassenzim­meramöben“lautete dann auch eine Zuschreibu­ng für den Durchschni­ttsschüler. Dennoch ging der Auftritt locker, flüssig und pointiert über die Bühne: Beim Anblick der nahezu unendliche­n ReclamHeft­e im Deutschunt­erricht mag sich so mancher Schüler gewundert haben, dass der Reclam so viel geschriebe­n hat.

Sind Deutschlan­ds Schüler wirklich so niederschm­etternd? Ein kurzer ernster Einwurf markiert die Problemati­k: Ihr müsst wieder mehr lesen, so der besorgte Rat des ausgeschie­denen Pädagogen. Das Sprachgefü­hl geht ansonsten verloren. Allerdings befanden sich sehr wenige der davon Betroffene­n unter den Gästen. Im zweiten Teil nach der Pause war die Luft leider etwas raus. Zwar wurden hier und da die Ausführung­en mit Lachern quittiert, aber die große Kommunikat­ion gelang nicht mehr.

Es mag daran liegen, dass Herr Schröder die Brüller allesamt zu Beginn des Abends positionie­rte. Auch wurden manche seiner Erzählunge­n zu langatmig und endeten mit vorhersehb­arer Pointe. So hätte dann auch der eigens komponiert­e Rap, mit dem sich Schröder von der Bühne verabschie­dete, besser in den ersten Teil der Show gepasst. Dennoch, die aktiven Lehrer konnten es bestätigen, alle anderen Besucher manchmal nur verwundert den Kopf schütteln: Das ist also der Schulallta­g von heute. Allemal eine Comedy wert!

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FOTO: MANHALTER Natürlich wartet der Lehrer-Kabarettis­t „Herr Schröder“in Neu-Ulm mit dem ganzen Sammelsuri­um an coolen Schüler-Sprüchen auf.

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