Herr Schröders Klassenzimmer-Kabarett
Kabarettist erschafft aus seiner Lebenserfahrung als Lehrer ein Comedy-Programm
GNEU-ULM - Textanalyse, Inhaltsangabe, Differenzialgleichung... Wer assoziiert diese Begriffe nicht mit einer schon längst vergangenen, oft langweiligen und nicht immer freudreichen Epoche: seiner eigenen Schulzeit! Die Lehrer haben es gut mit ihren 14 Wochen Ferien, lautet dann auch ein anderes (Vor-)Urteil in diesem Zusammenhang. Oder sie hängen ihren Beruf komplett an den Nagel und schulen um auf, sagen wir mal, Comedian. Zu Letzteren gehört Johannes Schröder, nachdem er in zwölf Jahren Schuldienst Unmengen an Alltäglichem, Unmöglichem, Skurrilem erlebt und gesammelt hatte, um daraus eine Show zu generieren. Am Donnerstag gastierte der gebürtige Berliner mit baden-württembergischer Lehrerausbildung im Kleinen Saal des Edwin-ScharffHauses.
Schon gleich zu Beginn beim Ertönen der Schulklingel fühlte sich der Besucher zurückversetzt in eine Lebensphase mit Pausenverkauf, Tafelkreide und stets defekten Videorekordern. Auffallend viele aktive und auch passive Lehrkräfte zählten erwartungsgemäß zu den Zuschauern. Herr Schröder, wie der Künstler sich formal nennt, hatte offenbar Spaß an der Zusammensetzung des Publikums. Der Auftritt lebte von Interaktionen
mit den Besuchern, ganz im Sinne einer zeitgenössischen Schulklasse: Ihr dürft dazwischenrufen, euch laut mit dem Nachbarn unterhalten und wenn einer rauchen will, geht er einfach raus. Möglichst authentisch soll es sein, gibt Schröder mit auf den Weg.
Natürlich wurde dann mit dem ganzen Sammelsurium an coolen Sprüchen und Verhaltensauffälligkeiten aufgewartet, natürlich gab es einen Justin und einen Jeremy, welche nicht unbedingt dem Bildungsbürgertum zuzurechnen wären. „Klassenzimmeramöben“lautete dann auch eine Zuschreibung für den Durchschnittsschüler. Dennoch ging der Auftritt locker, flüssig und pointiert über die Bühne: Beim Anblick der nahezu unendlichen ReclamHefte im Deutschunterricht mag sich so mancher Schüler gewundert haben, dass der Reclam so viel geschrieben hat.
Sind Deutschlands Schüler wirklich so niederschmetternd? Ein kurzer ernster Einwurf markiert die Problematik: Ihr müsst wieder mehr lesen, so der besorgte Rat des ausgeschiedenen Pädagogen. Das Sprachgefühl geht ansonsten verloren. Allerdings befanden sich sehr wenige der davon Betroffenen unter den Gästen. Im zweiten Teil nach der Pause war die Luft leider etwas raus. Zwar wurden hier und da die Ausführungen mit Lachern quittiert, aber die große Kommunikation gelang nicht mehr.
Es mag daran liegen, dass Herr Schröder die Brüller allesamt zu Beginn des Abends positionierte. Auch wurden manche seiner Erzählungen zu langatmig und endeten mit vorhersehbarer Pointe. So hätte dann auch der eigens komponierte Rap, mit dem sich Schröder von der Bühne verabschiedete, besser in den ersten Teil der Show gepasst. Dennoch, die aktiven Lehrer konnten es bestätigen, alle anderen Besucher manchmal nur verwundert den Kopf schütteln: Das ist also der Schulalltag von heute. Allemal eine Comedy wert!