Mozarts neue Fetzigkeit
Die Idee des Dirigenten Nikolaus Harnoncourt, die drei letzten Mozart-Sinfonien als Einheit zu begreifen und unmittelbar nacheinander aufzuführen, findet immer mehr Anhänger. Nun auch beim in Hamburg ansässigen Ensemble Resonanz. Mit dem Dirigenten Riccardo Minasi, dem Nachfolger Ivor Boltons beim Salzburger Mozarteum-Orchester, arbeitet sich das Ensemble, das aus Musikern der Jungen Deutschen Philharmonie besteht und sein Themenfeld eher in der Moderne hat, zu historischen Aufführungen vor.
Minasi, selbst Geiger mit entsprechender Ausbildung und mit Erfahrung beim ruppigen Ensemble Giardino Armonico, setzt nun auch bei Mozart aufs Grelle, Schnelle und Kontrastreiche, nicht nur in der großen Anlage, sondern auch innerhalb einzelner Phrasen.
Man erlebt diese Musik als sehr vital, reich akzentuiert und dekoriert, bisweilen gar mit Ferneffekten oder Ausflügen ins derbe Stampfen – jedenfalls denkbar fernab von einem homogenen oder, wie so oft, routinierten Dahinströmen. Am deutlichsten wird dieses Verfahren an der Sinfonie Nr. 40 vorgeführt. Leider auch didaktisch vorexerziert mit einem forcierten Rausschmeißer-Finale und einem wie ein Strudelteig ausgezogenen langsamen Satz. Da geht die „Klangrede“ins Buchstabieren über. Den rundesten Eindruck erweckt die Jupiter-Sinfonie, zumal hier das Orchester voller und runder wirkt. Angesichts der fetzigen Aufnahme erscheint der Booklet-Beitrag der Musikwissenschaftlerin Florence Badol-Bertrand umso betulicher. (man)