Willibert Pauels geht Dasein auf Grund
Guter Humor und befreite Religiosität passen beim rheinischen Karnevalisten zusammen
GRISSTISSEN - „Gehen Sie mit der Pappnase nur noch dahin, wo es schön ist“, hat ein erfahrener Psychiater dem bekannten rheinischen Karnevalisten Willibert Pauels empfohlen, als er 2012 an Depression erkrankte. Am Sonntag kam er in die Arche nach Rißtissen und fand es hier besonders schön.
Im Rahmen der Reihe „Christsein bewegt“hielt Pauels einen Vortrag zum Thema „Lachen, Leiden, Lust – die heilende Kraft der Religion“. Ja, fromm ist der fröhliche Mann auch, aber nicht erst seit dem Erreichen eines Alters, in dem die Eigenschaft gerne den Angehörigen des angeblich ältesten Berufsstandes der Welt zugeschrieben wird. Als Kind begeisterte er sich für den Beruf des Priesters „auf der Bühne“vor dem Altar. „Je älter ich werde, desto größer wird meine Sehnsucht nach dem Glauben“, sagte er in Rißtissen und meinte die dem Bewusstsein des Menschen innewohnende Sehnsucht nach der Erkenntnis des Seins. Hormonell bedingt wurde er nicht katholischer Priester, sondern Diakon. „Mein Hauptberuf ist Kabarettist und Büttenredner, mein Nebenberuf Diakon“, beschreibt er seinen vitalen Daseinszweck.
„Entweder ich nehme die Bibel wörtlich oder ernst“, beruft sich Willibert Pauels auf das Religionswissenschaftlerehepaar Pinchas und Ruth Lapide im Bemühen um eine authentische Interpretation der jüdischen Schriften. „In Märchen und Gedichten erkennt man die wahren Geschichten“, zitiert er den romantischen Dichter Novalis und nennt die Mythen jenseits historischer Fakten zutiefst wahr. „Etwas
Besseres als den Tod werden wir überall finden“, bringt er den in einem Märchen ausgedrückten Selbsterhaltungswillen zu Bewusstsein und definiert die dort genannten Räuber als dämonische Gedanken, die vertrieben werden können. Pauwels vertrieb seine Dämonen mit Hilfe der Psychotherapie und der Einnahme von Antidepressiva. Heute steht er wieder da, wo er hingehört, auf der Bühne.
„Uralte archaischen Geschichten enthalten Lebenserfahrung“, hat Pauwels erkannt und empfiehlt, „liebevoll über den Dingen zu stehen“. Eine mit Angst verbundene Religion nennt er ebenso vergiftet wie eine rein materielle Weltsicht.. „Guter Humor und befreite Religiosität passen zusammen“, lautet das fröhlichem Spott nicht abholde Motto.
„Wenn im Rheinland jemand über Bänke und Tische springt, ist das normal, in Westfalen wird das stationär behandelt“, lautet ein Gelächter auslösenden Seitenhieb auf Landsleute. Vor religiös verbrämten Jenseitsvorstellungen macht der rheinische Humor nicht halt, wenn die Kölner Oberwitzfiguren Tünnes und Schäl stockbesoffen auf einem Friedhof einschlafen. Am Morgen erwacht Tünnes und sieht die vielen Grabsteine um sich herum. „Was ist los?“, fragt Schäl, als er wieder zu sich kommt. „Auferstehung“, jubelt Tünnes, „wir beiden sind die ersten“.