Lohner appelliert an Vernunft aller
Munderkingens Bürgermeister über die aktuelle Entwicklung zu Corona in der Stadt
GMUNDERKINGEN - Einen monotonen Alltag hat ein Bürgermeister generell nicht. Doch das, was es derzeit zu entscheiden und zu beraten gilt, ist alles andere als gewöhnlich. So steht auch Munderkingens Bürgermeister Michael Lohner derzeit vor Aufgaben, die eine Menge an Sensibilität und Verantwortung erfordern.
Zwar beschäftigt Lohner das Coronavirus und die Auswirkungen, die es mit sich bringt, schon länger. Für ihn stellte der vergangene Freitag jedoch einen Wendepunkt in der ganzen Entwicklung dar. „Als Ministerpräsident Winfried Kretschmann in der Pressekonferenz die ersten Maßnahmen bekanntgab und anordnete, dass alle Schulen und Kitas schließen müssen“, erklärt Michael Lohner. Seit dem heißt es für ihn, die Situation ständig neu zu erfassen, sich abzustimmen und abzuwägen. Denn zwar treffen die Entscheidungen über die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie der Bund und die Länder. Ausführendes und kontrollierendes Organ sind aber am Ende die „Kleinen“- die Städte und Gemeinden. Für Munderkingen heißt das: Die Entscheidungen muss Michael Lohner jetzt als Chef der Gemeinde treffen.
Aktuell hält er engen Kontakt mit Hauptamtsleiterin Birgit Müller und Florian Stöhr vom Ordnungsamt. Zusammen bilden sie den Verwaltungsstab, sind im Kontakt mit Polizei und Feuerwehr und treffen sich mindestens einmal am Tag, um neue Entwicklungen zu beurteilen und eventuelle Maßnahmen zu besprechen. „Es gibt beinahe täglich Änderungen, das kann ich aber auch nachvollziehen. Da muss man flexibel sein“, sagt Michael Lohner, der die Verantwortung, die er gerade schultern muss, deutlich spüre.
Momentan habe der Verwaltungsstab eine vordergründige Aufgabe: Die Maßnahmen zur Eindämmung einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus konsequent umzusetzen. Dabei stellte der Bürgermeister in den vergangenen Tagen jedoch etwas Unerfreuliches in der Bevölkerung fest: „Zwei Drittel machen mit und verstehen den Ernst der Lage. Das restliche Drittel hat das aber glaube ich noch nicht ganz verstanden.“Es gelte deshalb für alle, Vernunft walten zu lassen.
„Es kommt auf jeden Einzelnen an. Wenn da eine Gruppe zögerlich ist, dann leben sie auf Kosten anderer“, macht Lohner deutlich. Vor allem auf dem gesperrten Spielplatz sehe man derzeit leider noch zu viele Familien, die dort mit ihren Kindern sorglos spielen. „Es sind zu viele Kinder draußen unterwegs und spielen zusammen, als ob nichts wäre“, so der Bürgermeister. Hier sieht er noch großen Handlungsbedarf.
Im Fokus der Arbeit des Verwaltungsstabs stehe deshalb in den kommenden Tagen und Wochen, die nun geltenden Regelungen zu kontrollieren und im Notfall Konsequenzen zu ziehen. Dennoch sei das Thema Kontrollen noch ein unsicheres Feld. Zwar gibt es Vorgaben und Fristen, „aber die Theorie ist das eine, die Praxis das andere“, merkt Lohner an.
Viele Anrufe habe der Bürgermeister vor ein paar Tagen erhalten, als viele Hauptversammlungen in Munderkingen von verschiedenen Gruppen und Vereinen anstanden. „Da herrschte eine große Unsicherheit von Anfang an“, sagt Lohner und betont dabei die Eigenverantwortung der Vereine.
Bürgermeister Lohner hofft, dass sich nun alle Bürger an die notwendigen Maßnahmen halten. Denn im nächsten Schritt folge eine Ausgangssperre in Deutschland. „Unwahrscheinlich ist das nicht“, sagt er. Glücklicherweise gebe es in Munderkingen noch keinen bisher bekannten Fall eines mit dem Coronavirus Infizierten, „aber zwischen sieben und zehn Leute sind oder waren bereits in Quarantäne hier“. Die Stadt sei hier auf die Meldungen des Landratsamts angewiesen. „Sollte es hier die ersten Fälle haben, dann nimmt das ein ganz anderes Ausmaß an“, so Lohner.
Froh ist der Bürgermeister über die Unterstützung von allen Seiten – sei es Gemeinderat, Feuerwehr oder andere Einrichtungen. „Als die Schulschließung anstand, hat die Schule an der Donauschleife selbstständig gearbeitet und alles in die Wege geleitet.“Auch im Kindergarten habe die Kommunikation geklappt, eine Notbetreuung sei aktuell bei keinem der drei Kindergärten nötig.
Hart treffe es jedoch die Geschäfte, dessen ist sich Michael Lohner bewusst. Welche konkreten Folgen die Schließungen und Einschränkungen für die Betriebe in Munderkingen mit sich bringen, das könne man derzeit nicht abschätzen. Mit Blick in die Zukunft sorgt sich Munderkingens Bürgermeister jedoch noch um etwas ganz Anderes: „Ich fürchte, dass unsere politische Lage deutschlandweit über die nächsten Monate schwierig wird. Wenn vielen Leuten das Geld ausgeht, sie arbeitslos sind, dann spüren Populisten ihre Chance und machen Stimmung. Das könnte die ganze Situation schwieriger machen, als sie ohnehin schon ist“, so Lohner.
Doch gerade in diesen schwierigen Zeiten sei es wertvoll, sich auf die positiven Dinge auszurichten – wie etwa die Solidarität und Mithilfe aller. „Ich kann die Solidarität der Menschen spüren, sie ist da. Aber sie wird wohl noch viel mehr gefordert sein als bisher“, vermutet der Bürgermeister. Besonders erfreut sei er deshalb über den Brief von Vertretern des Jugendhauses gewesen, in dem zehn Mitglieder ihre Hilfe für ältere Mitbürger anbieten.
Auch wenn es schwer sei, auf soziale Kontakte zu verzichten und daheim zu bleiben, ist sich Michael Lohner sicher: „Aus einer Krise kann man auch gestärkt hervor gehen. Und gerade auch in Munderkingen werden wir zusammenstehen.“
„Es kommt auf jeden Einzelnen an.“Bürgermeister Michael Lohner