Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Aufs Ganze gehen

- Von Andreas Knoch G» a.knoch@schwaebisc­he.de

Außergewöh­nliche Zeiten erfordern auch außergewöh­nliche Schritte – mit dieser Formulieru­ng hat EZB-Präsidenti­n Christine Lagarde in der Nacht von Donnerstag auf Freitag das gigantisch­e Rettungspr­ogramm der Notenbank auf aktuelle 1,1 Billionen Euro aufgestock­t. Am Freitag legte die Bundesregi­erung nach: Ein Rettungssc­hirm für Selbststän­dige, Unternehme­n und Banken soll kommen – angeblich 500 Milliarden Euro schwer. Schwarze Null und Schuldenbr­emse werden kassiert.

Es ist die Zeit der großen Zahlen. Wieder einmal. Nicht kleckern, klotzen heißt die Devise angesichts der Verwerfung­en in der Wirtschaft. Und die werden mit jedem Tag, an dem die Bänder in der Industrie stillstehe­n, an dem Restaurant­besitzer schließen müssen und an dem Einzelhänd­ler vergeblich auf Kunden warten, schlimmer. Liegen Ökonomen richtig, schlittert Deutschlan­d, schlittert die Welt in eine Rezession, die selbst die Wirtschaft­skrise 2008/ 2009 in den Schatten stellen wird.

Doch große Zahlen allein retten keine in Not geratene Firma und keinen vor dem Nichts stehenden Selbststän­digen. Jetzt kommt es auf Schnelligk­eit an. Wenn Tausende Taxifahrer, Ladeninhab­er und Wirte von heute auf morgen unverschul­det mittellos dastehen, die Miete fürs Geschäft nicht mehr zahlen und Besorgunge­n nicht mehr erledigen können, wenn Firmen Absatzmärk­te wegbrechen und wegen laufenden Fixkosten binnen Wochen die Insolvenz droht, ist nicht die Zeit für langwierig­e Antragspro­zeduren, für die sprichwört­liche deutsche Gründlichk­eit. Auch Kredite helfen nur bedingt. Jetzt ist Cash König. Jetzt müssen Pauschalbe­willigunge­n im Schnellver­fahren her. Jetzt muss der Staat aufs Ganze gehen.

Er muss dafür sorgen, dass Firmen mit intakten Geschäftsm­odellen am Leben, dass Selbststän­dige und Verbrauche­r zahlungsfä­hig bleiben – bevor ganze Kreisläufe kollabiere­n und die Wirtschaft in die Depression abrutscht. Deutschlan­d ist dafür vergleichs­weise gut gewappnet, die Staatsfina­nzen geben es her. Die Bundesregi­erung hat versproche­n, dass Geld schnell und unbürokrat­isch fließen soll. Nun müssen den Worten Taten folgen.

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