Öffentliches Leben eingeschränkt
Welche Regeln ab sofort in Bayern und Baden-Württemberg gelten
GSTUTTGART - Wegen der CoronaPandemie gelten in Bayern ab Samstag strikte Ausgangsbeschränkungen für alle Bürger, Baden-Württemberg geht diesen Schritt noch nicht. Doch auch der Südwesten hat seine Regeln verschärft. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Was ist in Baden-Württemberg erlaubt, was ist verboten?
Alle Gaststätten müssen ab Samstag schließen. Sie dürfen aber weiter Essen zum Mitnehmen verkaufen und ausliefern. In der Öffentlichkeit sind Ansammlungen von mehr als drei Personen verboten, es sei denn, es handelt sich um Familien mit eigenen Kindern. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) rief eindringlich dazu auf, auch private Feiern und Treffen zu unterlassen, „auch wenn wir das nicht so gut kontrollieren können“. Das Land hat zahlreiche Grenzübergänge zu den Nachbarstaaten bereits geschlossen, die Kontrollen an den geöffneten werden intensiviert. Durchreisen aus Risikogebieten sind verboten. Berufspendler, die zu ihren Arbeitsplätzen in Deutschland müssen, dürfen mit einem Passierschein einreisen, aber nicht hier einkaufen. Besuche in Alten-, Pflege- und Behindertenheimen sind sehr stark eingeschränkt, in Krankenhäusern sind sie grundsätzlich verboten. Ausnahmen: Besuche bei Sterbenden, außerdem dürfen Eltern ihre kranken Kinder besuchen und werdende Väter Gebärende begleiten. Weitere Ausnahmen können die Kliniken im Einzelfall zulassen. Die Maßnahmen gelten als letzter Versuch, Ausgangseinschränkungen wie in Bayern zu verhindern. Derzeit halten sich zu viele Menschen nicht an die Empfehlungen, sich nicht in Gruppen zu treffen. Bislang bleibt es damit erlaubt, Haus oder Wohnung zu verlassen. Friseure müssen schließen, ob Bau- und Gartenmärkte geöffnet bleiben, war noch unklar.
GWas ist in Bayern erlaubt, was ist verboten?
Das Verlassen der eigenen Wohnung ist ab Samstag nur noch bei Vorliegen triftiger Gründe gestattet. Erlaubt bleiben: der Weg zur Arbeit, notwendige Einkäufe, Arzt- und Apothekenbesuche, Hilfe für andere, aber auch Sport und Bewegung an der frischen Luft – dies aber nur alleine oder mit den Personen, mit denen man zusammenlebt. Man darf auch nicht jeden besuchen, sondern nur noch Lebenspartner, Alte, Kranke oder Menschen mit Behinderungen sowie eigene Kinder. Auch im Freistaat müssen Restaurants und Wirtshäuser schließen. Besuche in Alten-, Pflege- und Behindertenheimen sind verboten, das gilt auch für Krankenhäuser. Ausnahmen: Angehörige dürfen Sterbende und Eltern ihre kranken
GKinder besuchen, werdende Väter dürfen Gebärende begleiten. Die Maßnahmen gelten zunächst für zwei Wochen. Die Durchreise durchs Land von Baden-Württemberg aus ist weiter möglich – jedenfalls in den genannten kleinen Gruppen.
Kommen auch in anderen Bundesländern solche Ausgangsbeschränkungen?
Die Ministerpräsidenten aller Länder und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wollen das am Sonntag in einer Telefonkonferenz besprechen. Baden-Württembergs Landesregierung lässt Voraussetzungen und Regelung für solche Maßnahmen schon vorgreifend prüfen. In vielen Teilen Deutschlands, auch im Südwesten, halten sich Menschen nicht an die Empfehlungen. „Faustregel: alles nicht unbedingt Nötige unterlassen“, hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) appelliert, ebenso wie Mediziner und Wissenschaftler. Warum das wichtig ist, zeigt diese Rechnung: Menschen haben sich in den vergangenen Tagen infiziert und wissen es noch nicht. Wer sich nun weiter verhält wie normal, kann im Schnitt in 30 Tagen mehr als 400 Mitmenschen anstecken. Wer seine Sozialkontakte um drei Viertel reduziert, infiziert im Schnitt nur 2,5 weitere Personen. Verbreitet sich das Virus weiter so schnell, droht eine Überlastung der Krankenhäuser wie in einigen Regionen Italiens oder im Elsass.
GWas bedeutet das dann in BadenWürttemberg?
GDie Details werden am Sonntag festgelegt, falls es zu Ausgangsbeschränkungen kommt. Es ist davon auszugehen, dass wie in Bayern Besuche bei Ärzten und in Apotheken ebenso erlaubt bleiben wie Lebensmitteleinkäufe oder der Weg zur Arbeit. Auch Spaziergänge allein oder mit der Familie, das Gassigehen mit Hunden und Hilfe für andere Bürger bleiben möglich – etwa das Einkaufen für Ältere.
Wer kontrolliert die Maßnahmen, welche Strafen drohen?
Die Ordnungsämter und die Polizei überwachen die geltenden Regeln bereits – sie kontrollieren zum Beispiel, ob Einzelhändler wie angeordnet ihre Läden geschlossen haben oder ob es Partys gibt. Treffen und Versammlungen aller Art sind seit Mittwoch verboten. Einzelne Großstädte wie Mannheim, Stuttgart und Freiburg haben dafür bereits Beamte zusammengezogen. Bayern kündigte ebenfalls an, die Bereitschaftspolizei für Kontrollen zu verstärken und Verstöße konsequent mit Bußgeldern von bis zu 25 000 Euro zu ahnden. Ralf Kusterer, Chef der Polizeigewerkschaft DPolG in Baden-Württemberg, sagt: „Verstöße gegen die Auflagen werden nicht ungesühnt bleiben, das ist kein Pillepalle.“Die Polizei versuche es zunächst im Guten, dann drohen Platzverweise, Anzeigen und Gewahrsam. Die Sanktionen sind empfindlich und reichen über Geld- bis zu Haftstrafen. Es können Bußgelder von bis zu 25 000 Euro verhängt werden. „Die Justiz hat bereits klargemacht, dass sie diese
GStraftaten konsequent verfolgen wird“, sagt Kusterer. Zur Unterstützung der Polizei könnten die Bundesländer auch die Bundeswehr für Kontrollen anfordern. Die handelt dann auf Weisung der Landesinnenministerien in Amtshilfe.
Meine Rechte werden sehr stark eingeschränkt – darf der Staat das überhaupt?
„Der Staat darf ziemlich viel tun, wenn es wirklich erforderlich ist“, sagt Professor Wolfgang Armbruster, Verwaltungsrechtler und ehemaliger Richter aus Sigmaringen. Grundlage dafür ist unter anderem das Infektionsschutzgesetz. Demnach können Bund, Länder und Kommunen geeignete Maßnahmen treffen, um Gefahren wie die Corona-Pandemie einzudämmen.
GKönnte es noch weitere Maßnahmen geben und wenn ja, welche? Nach den Ausgangsbeschränkungen wären noch striktere Ausgangssperren fast das allerletzte Mittel, das Bund und Länder haben. Danach kommt laut Verwaltungsrechtler Armbruster nur noch die Anwendung der Notstandsgesetze infrage. Die Verfassung sieht eigentlich keinen Katastrophenfall vor, in dem die Bundesregierung allein entscheiden darf. Katastrophenalarm dürfen nur die einzelnen Länder auslösen. Deswegen wurden 1968 unter großen Protesten Notstandsgesetze für Kriegs- oder Katastrophenfälle erlassen. Mögliche Einschränkungen und Maßnahmen kann die Bundesregierung dann schneller treffen.
G