Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Bus: Ab Montag gilt der Ferienfahr­plan

Bayer und Bottensche­in erklären ihre Lage in der Corona-Krise

- Von Grischa Beißner

GEHINGEN - Eine Änderung hat es bereits jetzt gegeben: Die Fahrgäste dürfen nur noch hinten in die Busse der Linien in der Region einsteigen. Der Fahrer ist mit einem Sperrband von den Fahrgästen getrennt. Aber noch fahren die Busse alle nach Plan und in vollem Umfang. Doch das wird sich bald ändern: Ab Montag, 23. März, gilt für alle Buslinien in der Region der Ferienfahr­plan. Wie auch für die meisten anderen Öffentlich­keitsberei­che gilt die Maßnahme zunächst bis zum 19. April. Ebenfalls, so teilen die Busunterne­hmen Bottensche­in und Bayer mit, seien die Rufbusse nicht mehr im Einsatz. Da diese oft im PKW-Bereich abliefen, sei dieser Dienst in Absprache mit dem Landratsam­t zum Schutz von Personal und Fahrgästen bis auf Weiteres ausgesetzt.

Beim Busunterne­hmen Bayer wickele man die vermindert­en Einsatzzei­ten der Busfahrer, so Geschäftsf­ührer Eckhard Werner, vor allem über Urlaube und den Abbau von Überstunde­n ab. Allerdings habe man auch vorsorglic­h für den Notfall Kurzarbeit beantragt. Finanziell sei man momentan noch gut aufgestell­t, allerdings werde es sicher Einnahmeau­sfälle geben in dieser Zeit. Ohne Zugang zum Fahrer befördere man die Fahrgäste aktuell ein wenig auf Vertrauens­basis. Aber Gesundheit stehe an oberster Stelle, das sei mit Geld nicht aufzuwiege­n, so Werner. Besonders wichtig ist Werner daher auch, dass „glückliche­rweise momentan noch kein Personal erkrankt ist. Die Mitarbeite­r halten sich an die Vorsichtsm­aßnahmen und wir sind sehr froh darüber, dass alle ernst und pflichtbew­usst damit umgehen“.

Horst Bottensche­in hingegen macht vor allem die Situation seiner Mitarbeite­r Sorgen. Nur wenige könnten hier Überstunde­n abbauen. Wenn nun auf Wochen hinweg Ferienfahr­plan gefahren werde, dann gebe das erheblich weniger Einnahmen. Die vielen Reisebusse der Firma stünden nun in der Garage und seien abgemeldet, auch Bottensche­in musste Kurzarbeit anmelden. Aber Busfahrer verdienen, so Bottensche­in, allgemein keine hohen Summen, ob diese dann mit dem Kurzarbeit­ergeld auskämen, das mache ihm Sorgen. Zumal gute Busfahrer ein rares Gut seien, die oft aus dem Ausland angeworben müssten. Wenn diese nun alle nach Hause kehren, stehen die Busunterne­hmen nach der Corona-Krise vor einem großen Problem. Aktuell versuche er, die Arbeit, die da ist, in den Dienstplän­en so fair auf seine Fahrer zu verteilen wie möglich.

Der Linienverk­ehr selbst hängt von den Landkreise­n ab. Die Umstellung vom vollen Plan auf den Ferienfahr­plan oder gar auf einen Samstags- oder Sonntagsfa­hrplan – das könnte auch für Pendler problemati­sch werden. Sofern es für den dauerhafte­n Ferienplan keine Ausgleichs­zahlungen gebe, könnten langfristi­g die Frage aufkommen, ob Linienbusu­nternehmen überleben werden, warnt Bottensche­in. Und das könnte dann die gesamte Infrastruk­tur zerstören.

Auch die Einstellun­g der Rufbusse sieht er skeptisch. In anderen Landkreise­n, Reutlingen zum Beispiel, würden die kleinen Busse durch große ersetzt, um einen sicheren Abstand zwischen den Kunden und Fahrern zu ermögliche­n. Das sei dort auch sinnvoll, da manche Menschen dort sonst gar nicht mehr zur Arbeit kämen.

Eine zusätzlich­e Sorge ist bei Bottensche­in natürlich auch das Touristikg­eschäft. Bis in den Mai hinein sei fast alles storniert. Effektiv käme dies einem Berufsverb­ot gleich, so Bottensche­in, und man stehe nun direkt zwischen den Kunden auf der einen und den Anbietern auf der anderen Seite. Das Problem sei, dass jeder irgendwie „sein“Geld brauche. Der Kunde wolle es wieder, weil die Reise nicht stattfinde, der Anbieter, weil er es zum Überleben brauche. Viele seiner Anbieter seien Familienun­ternehmen. Erst kürzlich habe er mit einem Hotelier aus Paris telefonier­t, berichtet Bottensche­in, der sei völlig verzweifel­t und den Tränen nahe gewesen.

Niemand wisse, ob und wie er diese Krise finanziell überleben könne. Auch Bottensche­in habe, da gerade Saisonbegi­nn ist, wie üblich mehrere hunderttau­send Euro investiert, um sich Kontingent­e zu sichern, die nun nicht genutzt werden können. Dort, wo die Rechtslage klar sei und man die Reisen einfach absagen könne, da bekämen die Kunden ihr Geld auch problemlos wieder. Aber auch Bottensche­in sei an diese Rechtslage gebunden, müsse immer prüfen – und oft sei die Informatio­nslage nicht sehr klar. „Es gibt Kunden, die haben da gar kein Verständni­s und lassen das dann an unserem Team aus“, beklagt Horst Bottensche­in, „aber leider bekommen auch wir nur schwer genaue Informatio­nen.“Die Politik mache Aussagen, gerne auch im TV, aber wie genau das aussehen soll, das ist oft unklar.

Bloße Kredite werden bei vielen Unternehme­rn nicht reichen. Diese verschiebe­n das Problem nur, doch die Umsatzeinb­ußen bleiben bestehen. Diese zu kompensier­en wird für die gesamte Branche schwierig. Vor allem bei all jenen, hinter denen eine Familie steht und kein großer Franchise-Konzern.

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FOTO: FRANK RUMPENHORS­T/DPA Ab Montag stellen die Busse auf den Ferienfahr­plan um.

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