Die Athleten müssen wegbleiben
Leichtathletik: Im Ausland wollten sich Ulmer Sportler auf Wettkämpfe vorbereiten – dann kam Corona
GULM - Als das Coronavirus die Leichtathletik das erste Mal im großen Stil traf, Ende Januar war das, wusste Wolfgang Beck wie alle anderen auch noch nicht, wo das alles enden wird. Damals war die Hallen-WM im chinesischen Nianjing wegen des Coronavirus abgesagt worden und der Abteilungsleiter des SSV Ulm 1846 hatte dazu unserer Redaktion gesagt: „Ich finde es besser, als wenn Sportler da hinfahren, krank werden und am Ende Olympia verpassen.“Nun sind anderthalb Monate vergangen und nicht nur ist die Leichtathletik zum Erliegen gekommen, auch um Becks damalige Hoffnung auf Olympische Spiele ist es düster geworden. „Eine Absage wäre für mich sehr schade“, sagt Beck. Er hatte sich privat Tickets besorgt und weiß jetzt nicht, wie es weitergehen wird. Das gilt aber nicht nur für seinen Tokio-Trip.
„Im Prinzip sind wir hilflos“, sagt der Abteilungsleiter über die sportliche Situation. Die Ulmer Sportstätten sind dicht, wer gegen die Vorgaben der Stadt verstößt und darauf trotzdem trainiert, muss empfindliche Strafen hinnehmen, die bis hin zu langen Platzverboten reichen. Und was soll ein Sportverein ohne Sportplätze tun? Die Frage stellt sich derzeit auch ohne Verbote. Wolfgang Beck bewegte sich in den vergangenen Tagen von einer Krisensitzung zur nächsten. Die Leichtathletik befindet sich wegen den Olympischen Spielen, die nur alle vier Jahre stattfinden, in einem wichtigen Jahr mit einer öffentlichen Aufmerksamkeit, die der Sport sonst nicht bekommt. Der Ausfall von Olympia wäre also „eine sportliche Katastrophe“, sagt Wolfgang Beck. „Für die
Sportler würde dann der Höhepunkt, sich präsentieren zu können, wegfallen.“Daran hängt einiges, auch abseits des Sports.
Die Athleten sind abhängig von Sponsoren, um so wenigstens Reisekosten oder die Ausrüstung bezahlen zu können. Für die Geldgeber ist es wichtig, einen Athleten bei Olympia zu haben, der ihre Organisation vertritt. Fällt diese Möglichkeit weg, besteht die Gefahr, dass ein Sponsor abspringt. Das ist die wirtschaftliche Seite. Dann gibt es noch die soziale. Viele Sportler studieren und pausieren ihr Studium, um Zeit für Wettkämpfe zu haben. Fallen diese aus, verlieren die Athleten wertvolle Zeit. Außerdem weiß niemand, wie fit er sein wird, wenn die Spiele nachgeholt würden. Die ganze Vorbereitung gipfelt in Olympia.
Um in Form zu sein, waren die Ulmer bis vor Kurzem im Trainingslager. In zwei Gruppen war der SSV unterwegs: Die Bundeskader-Zehnkämpfer Arthur Abele, Mathias Brugger, Tim Nowak, Manuel Eitel und Trainer Christopher Hallmann waren mit der Läuferin Alina Reh und der Stabhochspringerin Stefanie Dauber im südafrikanischen Stellenbosch, Wolfgang Beck war mit den Mehrkämpfern Fynn Zenker, Luca Dieckmann und Florian Obst in Monte Gordo in Portugal. Während die Kaderathleten vorzeitig aus Südafrika abreisen mussten, verpassten Beck und seine Schützlinge in Portugal nur eine Trainingseinheit und flogen planmäßig am vergangenen Samstag zurück nach Deutschland. Vom Coronavirus bekamen die SSV-Sportler in Portugal nicht viel mit. Die Schulen waren geschlossen worden, aber sonst war alles „normal“, erzählt Wolfgang Beck. Seit Sonntag sind alle Mehrkämpfer wieder zu Hause, bei Alina Reh und Stefanie Dauber war die Sache aber etwas schwieriger. Da sie nicht zum Zehnkampf-Kader gehören, mussten sie ihre Abreise selbst organisieren. Reh flog erst am Dienstag zurück, Dauber musste einen Tag länger warten, weil ihr ursprünglich geplanter Flug ausfiel.
Da die Sportstätten mindestens bis 19. April gesperrt sind, bleibt den SSVAthleten in der Heimat nichts anderes übrig, als sich selbst fit zu halten. Leichter wird es für sie erst mal nicht, ob das wichtige Mehrkampf-Meeting in Götzis stattfindet, ist auch nicht sicher. Beck sagt: „Wir haben im Trainingslager top trainiert, die Athleten haben Fortschritte gemacht. Eigentlich war jetzt alles für die Katz’.“