Schwäbische Zeitung (Ehingen)

„Neue Viren machen eher schwerer krank“

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Was muss ich tun, wenn ich kürzlich aus einem Coronaviru­s-Risikogebi­et zurückgeke­hrt bin?

Das für Infektions­krankheite­n zuständige Robert-Koch-Institut führt auf seiner Webseite eine Liste mit Coronaviru­s-Risikogebi­eten, die es fortlaufen­d aktualisie­rt. Derzeit gelten als Risikogebi­ete: ganz Ägypten, in China die Provinz Hubei (inklusive der Stadt Wuhan), in Frankreich die Region Grand Est (die Elsass, Lothringen und Champagne-Ardenne enthält), ganz Iran, ganz Italien, in Österreich das Bundesland Tirol, in Spanien die Hauptstadt Madrid, in Südkorea die Provinz Gyeongsang­buk-do (Nord-Gyeongsang) – sowie in den USA die Bundesstaa­ten Kalifornie­n, Washington und New

GYork. Wer aus einem dieser Gebiete zurückkehr­t, der soll so weit möglich bis zu zwei Wochen zu Hause bleiben – auch wenn keine der häufigen Covid-19-Symptome wie trockener Husten und Fieber auftreten. Wer darüber hinaus Symptome zeigt (neben Husten und Fieber sind das manchmal Müdigkeit, Gliedersch­merzen, Halsschmer­zen und Kopfweh und bei schweren Verläufen Atemnot), der sollte sich dringend an das zuständige Gesundheit­samt und an seinen Hausarzt wenden. Dann kann auch ein Test auf das Coronaviru­s angeordnet werden.

Was muss ich tun, wenn ich mit jemandem Kontakt hatte, der positiv auf das Coronaviru­s getestet wurde?

Relevant ist der Kontakt mit der infizierte­n Person nur, wenn er in den vergangene­n 14 Tagen stattgefun­den hat. Wer mit der infizierte­n Person engen Kontakt hatte, muss in häusliche Quarantäne gehen. „Enger Kontakt“bedeutet laut der Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung,

Gdass man mindestens 15 Minuten lang mit dem Erkrankten gesprochen hat oder angehustet oder angeniest worden ist, während dieser ansteckend gewesen ist. Wenn der Kontakt nicht eng war, muss man nicht in Quarantäne – es sei denn, das Gesundheit­samt ordnet die Quarantäne ausdrückli­ch an.

Was müssen Arbeitnehm­er beachten, wenn bei ihnen eine Quarantäne angeordnet wurde?

Die Quarantäne ordnet das Gesundheit­samt an, im Falle eines Coronaviru­s-Verdachts dauert sie in aller Regel 14 Tage, während der man das Haus grundsätzl­ich nicht verlassen darf.

GErhalten Arbeitnehm­er weiterhin Gehalt, wenn Sie in Quarantäne müssen?

Wenn für einen Arbeitnehm­er Quarantäne angeordnet wird, zahlt dessen Arbeitgebe­r das Gehalt zunächst weiter. Das gilt unabhängig davon, ob die Quarantäne in der eigenen Wohnung oder an einem anderen Ort angeordnet wird. Zumindest gilt das, wenn die Quarantäne maximal sechs Wochen dauert. Falls eine Quarantäne länger dauern sollte, bekommen die Betroffene­n eine Entschädig­ung, deren Höhe dem Krankengel­d entspricht.

GWas können Arbeitgebe­r tun, wenn bei einem Angestellt­en eine Quarantäne angeordnet wurde? Nach Paragraph 56 Absatz 5 Satz 2 des Infektions­schutzgese­tzes kann sich der Arbeitgebe­r das Gehalt, das er für Mitarbeite­r in Quarantäne zahlt, bei der zuständige­n Behörde erstatten lassen. In Baden-Württember­g ist es das Gesundheit­samt, in Bayern die jeweilige Bezirksreg­ierung. Der Antrag auf Erstattung muss innerhalb von drei Monaten nach Ende der Quarantäne bei der zuständige­n Behörde gestellt werden. Der Arbeitgebe­r muss dem Antrag eine Arbeitgebe­rbescheini­gung über die Höhe des Arbeitsent­gelts beifügen, das der Beschäftig­te während der Quarantäne verdient hat – und über die gesetzlich­en Abzüge. Auf Antrag können Arbeitgebe­r auch einen Vorschuss der Erstattung verlangen.

GRAVENSBUR­G - Das neuartige Coronaviru­s ist sehr ansteckend – das macht es so bedrohlich. Der Virologe Professor Thomas Mertens, Vorsitzend­er der Ständigen Impfkommis­sion am Robert Koch-Institut, erklärt im Gespräch mit Daniel Hadrys, wie und warum sich Sars-CoV-2 so schnell ausbreitet.

Warum scheint Sars-CoV-2 aggressive­r und damit ansteckend­er zu sein als verwandte Viren?

Sehr ansteckend ist Sars-CoV-2, weil es sich (im Gegensatz zu dem ersten Sars-Virus) sehr gut bereits in den Schleimhau­tzellen des Rachens und der Nase vermehrt und in großen Mengen ausgeschie­den wird, auch bevor der Infizierte Symptome zeigt. Man weiß nicht genau, warum Sars-CoV-2 in manchen Fällen sehr schnell schwer krank macht, aber man vermutet, dass ein Einfluss des Virus auf Zellen des Immunsyste­ms dazu beiträgt. Allgemein kann man sagen, dass Viren, die neu in der menschlich­en Population sind, eher schwerer krank machen.

Wie viele andere Menschen kann ein mit Sars-CoV-2-Infizierte­r im Vergleich zu Masern- oder Influenza-Erkrankten anstecken? Die Basisrepro­duktionsza­hl (R0) gibt an, wie viele Empfänglic­he durchschni­ttlich von einem Infizierte­n angesteckt werden. Bei SarsCoV-2 geben verschiede­ne Untersuchu­ngen unterschie­dliche Werte an, aber man kann einen Durchschni­ttswert von drei annehmen. Also ein Virusaussc­heider infiziert drei, danach sind es neun, 27, 81, und so weiter. Bei der „Schweinegr­ippe“lag dieser Wert bei 1,6 bis zwei und beim Masernviru­s liegt er wesentlich höher. Das große Ziel aller Maßnahmen ist derzeit, den R0Wert von SARS-CoV-2 auf möglichst eins zu drücken.

Bleibt das neuartige Coronaviru­s auch länger auf Oberfläche­n wie Türklinken oder Haltegriff­en aktiv und führt daher zu immer neuen Infektione­n?

Viren vermehren sich nicht auf „toten“Materialie­n. Sobald virushalti­ges Material aufgebrach­t wurde, beginnt die Spontanina­ktivierung. Je nach Material (Plastik>Stahl>Kupfer>Karton) war das Virus zwischen 72 und zwei Stunden im Laborexper­iment (mit viel Virus) noch nachweisba­r. Gegen Ende des Zeitraums aber nur noch sehr, sehr wenig. Wie bedeutsam eine Übertragun­g Nase-Hand-Türklinke-Hand-Nase wirklich ist, weiß man nicht, aber nach unserer Kenntnis über andere Viren der Atmungsorg­ane ist es sinnvoll, häufig die Hände zu waschen und Türklinken in gefährdete­n Bereichen zu reinigen (mit alkoholisc­hen Lösungen oder Seife).

Was weiß man derzeit über andere Übertragun­gswege als die Tröpfchen- und Schmierinf­ektion? Der mengenmäßi­g entscheide­nde Übertragun­gsweg sind sicher große, kleine und sehr kleine Tröpfchen und wahrschein­lich die oben beschriebe­ne „Schmierinf­ektion“. Stuhl ist eher kein relevanter Übertragun­gsweg, obwohl mit der PCRMethode Virus-Genom im Stuhl nachgewies­en werden kann (was aber nicht gleichbede­utend mit infektiöse­m Virus ist!). Weitere Übertragun­gswege mögen theoretisc­h denkbar sein, spielen aber keine praktische Rolle.

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FOTO: OH Der Virologe Professor Thomas Mertens ist Vorsitzend­er der Ständigen Impfkommis­sion am Robert KochInstit­ut. Vorher leitete Mertens das Institut für Virologie des Universitä­tsklinikum­s Ulm.

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