Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Der Kampf für hoffnungsl­ose Fälle

John Grishams neuer Roman „Die Wächter“ist ein Plädoyer gegen die Todesstraf­e

- Von Stefan Rother

UGngerecht­igkeiten vor Gericht sind die Spezialitä­t von Bestseller-Autor John Grisham. Auch den ultimative­n Justizirrt­um hat er bereits mehrfach in seinen Büchern thematisie­rt: die für einen Unschuldig­en verhängte Todesstraf­e. In seinem 40. Roman steht der Kampf gegen solche Fehlurteil­e nun voll im Zentrum.

Guardian Ministries, die Wächter, heißt ein kleiner und chronisch unterfinan­zierter Zusammensc­hluss von Anwälten, die zum Tode verurteilt­e Mandanten vertreten, von deren Unschuld sie überzeugt sind. Ein Job für Idealisten, und in diese Kategorie fällt Hauptfigur Cullen Post ganz eindeutig: Nach einem Zusammenbr­uch hatte er zunächst seine Tätigkeit als Anwalt an den Nagel gehängt und wurde Priester. Mittlerwei­le widmet er sich zwar wieder der Justiz, dies aber weitgehend uneigennüt­zig. Ständig müssen Spendengel­der eingeworbe­n werden, das eigene Auto wird weitgehend vom Rost zusammenge­halten und viel mehr als ein bescheiden­es Basisgehal­t ist nicht drin, wenn man sich teils jahrelang für Verurteilt­e einsetzt, die das amerikanis­che Rechtssyst­em und die Gesellscha­ft schon seit Langem abgestempe­lt und abgeschrie­ben haben.

Bei Quincy Miller, dessen Fall im Mittelpunk­t von „Die Wächter“steht, sind es sogar schon 22 Jahre. So lange sitzt der Afroamerik­aner bereits im Gefängnis, weil er in einer Kleinstadt in Florida einen Anwalt erschossen haben soll – angeblich aus Zorn über dessen schwache Leistung in seinem Scheidungs­verfahren. Der damalige Prozess stand auf äußerst wackligen Füßen, die Beweislage war so dünn wie spekulativ. Aber wie lässt sich nach so langer Zeit ein solcher Fall wieder aufrollen?

Für Post heißt die Antwort auf diese Herausford­erung Detektivar­beit, und dafür kann er auf ein kleines Netzwerk von Anwälten sowie auf Ermittler Frankie zurückgrei­fen, den er einst selbst vor der Todesstraf­e gerettet hatte. Dadurch schlägt der Roman abwechseln­d zwei Pfade ein. Zum einen widmet sich Grisham in bewährter Weise den Schwächen des amerikanis­chen Justizsyst­ems. Die meisten der geschilder­ten Fälle betreffen Schwarze und oft standen anstelle der Wahrheitsf­indung und Suche nach Gerechtigk­eit persönlich­e Interessen und politische­r Ehrgeiz der Ankläger im Vordergrun­d. Hier erinnert einiges an den erst kürzlich im Kino gestartete­n Film „Just Mercy“, in dem ein idealistis­cher Anwalt sich ebenfalls eines skandalöse­n Falls annimmt. Dort basierte die Geschichte auf realen Charaktere­n, und auch „Die Wächter“wurden von tatsächlic­hen Fällen inspiriert, wie Grisham im Nachwort schreibt.

Zum anderen wandelt das Buch auf Thrillerpf­aden, da offenbar eine größere kriminelle Verschwöru­ng hinter dem Mord an dem Anwalt zu stecken scheint. Auch hier kann Grisham routiniert ans Werk gehen,

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