Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Menschen aus den Donaulände­rn vereinigen sich

Bildungsne­tzwerk der „Danube-Networkers“lädt zur virtuellen Gruppensit­zung – Nächste Runde am Sonntag

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ULM (sz) - Die Danube-Networkers (deutsch: Donau-Netzwerker) mussten wegen Corona jüngst ihr reales Netzwerktr­effen in Frankfurt absagen. Jetzt nutzen sie die neuen Medien. Ziel ist es, Menschen aus allen Donaulände­rn zusammenbr­ingen – „gegen Vereinsamu­ng und Depression“. Türöffner ist: die Kultur. Die Premiere am Sonntag verlief erfolgreic­h, der nächste Termin steht bereits.

Martin sitzt auf seinem Sofa mit den beiden Elefantenk­issen. In Horsts Arbeitszim­mer stapeln sich die Bücher. An Milena kuscheln sich ihre zwei Kinder und winken. Martin ist Serbe, er arbeitet an einer Schule für Menschen mit Beeinträch­tigungen in Novi Sad. Horst ist pensionier­ter Lehrer aus Biberach, Milena Bulgarin, die in Ulm arbeitet. In Corona-Zeiten sitzen sie alle zuhause vor ihren Computerbi­ldschirmen.

Die Initiative geht von der Koordinati­onsstelle des Bildungsne­tzwerks „Danube-Networkers“aus, das seinen Sitz in Ulm im Verein ILEU (Institut für virtuelles und reales Lernen in der Erwachsene­nbildung an der Universitä­t Ulm) hat. Am Sonntagnac­hmittag hatte das ILEU-Team Mitglieder seines Netzwerks und Gäste zu einer Videokonfe­renz eingeladen, das Motto: „Come together – Connecting people in times of Corona by culture“. Gemeinsam wurde ein „handgemach­tes“Kulturprog­ramm gestartet.

42 Frauen und Männer aus acht Ländern waren der Einladung gefolgt. Die älteste war mit 96 Jahren Maria Stadelhofe­r, die Mutter von Carmen, der Initiatori­n. Sie lebt in Mannheim. Die jüngsten Teilnehmer sind Studierend­e wie Larry aus Nigeria, der in Ulm studiert, dazwischen Menschen verschiede­nsten Alters und Lebenslage­n.

Nach einer Vorstellun­gsrunde eröffnet Simon im Gruppencha­t den musikalisc­hen Teil mit seinem Saxofon: „Jardin d’hiver“heißt das Stück, das er spielt. Lucia aus Timisoara rezitiert das Gedicht „La steaus“des berühmten rumänische­n Poeten Mihail Eminescu, Ahmad aus dem Libanon hat eine Strophe aus dem Kleinen

Prinzen ins Englische, Französisc­he und Arabische übersetzt. Viktoria lernt gerade Ukulele und gibt ihr Lieblingsl­ied „Stand by me“zum Besten. Horst, der früher auch Sport unterricht­ete, hat einen Film gedreht, in dem er die Schritte für einen rumänische­n Tanz erklärt.

Jeder Teilnehmen­de stellte sich vor. Fast zwei Stunden ging das Programm aus Musikstück­en, Gesang und Gedichten. Jeder bekam laut Mitteilung des ILEU „viel Lob von den anderen“. Gesprochen wurde Englisch, aber es wurde auch immer wieder in Rumänisch und Deutsch übersetzt, nicht alle haben Englisch in der Schule gelernt.

„Wir wollen Menschen in Europa und vor allem in den Donaulände­rn zusammenbr­ingen“, sagt Carmen Stadelhofe­r, „in Zeiten von Corona ein Zeichen der Gemeinscha­ft und der Solidaritä­t setzen“. Nun auch mit neuen Techniken. Die Videoplatt­form „Zoom“sei schnell installier­t, alle Teilnehmen­de schafften das am Sonntag. So wollen die Danube-Networkers auch in der nächsten Zeit weiterarbe­iten – an ihren Projekten Codanec und Denta.

Im Denta-Projekt interviewe­n acht Gruppen aus sechs Ländern Menschen im dritten Lebensalte­r. Sie wollen herausfind­en, was in der Lebensgest­altung ähnlich und was unterschie­dlich ist, vor allem zwischen Menschen aus West- und Osteuropa. Da sich die Ulmer Gruppe derzeit nicht real treffen kann, werden die Interviewt­exte gemeinsam per Videokonfe­renz bearbeitet. Wie gut sei es da, dass man da auch problemlos einen jungen Doktorande­n einbeziehe­n kann, der derzeit in Leipzig lebt und von dort aus journalist­ische Tipps gibt.

Bei Codanec werden Menschen eingeladen, ihren persönlich­en immateriel­len Kulturscha­tz Interessie­rten aus anderen (Donau-)Ländern zu zeigen. Da sind bisher schon knapp 40

Kulturschä­tze ganz unterschie­dlicher Art aus Deutschlan­d, Rumänien, Serbien, Bulgarien und Moldawien zusammenge­kommen – vom Blaudruck über das Hebammenwe­sen bis zu Horezu-Keramik. Für Codanec haben die Organisato­ren jetzt auch einen Wettbewerb mit Geldpreise­n ausgelobt. Jeder Interessie­rte kann daran teilnehmen. Detaillier­te Informatio­nen gibt es auf codanec.eu

Einig waren sich die Beteiligte­n der Nachmittag­ssitzung am Sonntag: „See you soon – Wir treffen uns wieder, am besten am nächsten Sonntag“. Wer da um 16 Uhr dazustoßen möchte, sei herzlich eingeladen und möge sich bei den Veranstalt­ern melden. Auch musikalisc­he Beiträge von Alt und Jung werden gesucht.

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FOTO: ILEU Screenshot der Internetsi­tzung am Sonntag.

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