Oberholzheimer läuft am liebsten barfuß
Karlheinz Kösling hat die Joggingschuhe ausgezogen und seine Gehtechnik umgestellt
GACHSTETTEN-OBERHOLZHEIM - „Wer barfuß läuft, dem kann keiner was in die Schuhe schieben“, meint Karlheinz Kösling aus Oberholzheim scherzhaft. Der 55-Jährige läuft mit bloßen Füßen, und das zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter. Der Grund für seine Leidenschaft fürs Barfußlaufen ist ein allerdings anderer Natur.
„Schon seit 25 Jahren lege ich meinen rund sieben Kilometer langen Arbeitsweg von Oberholzheim nach Laupheim mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurück“, sagt Kösling. Das Thema Vorfußlaufen, also das Laufen mit dem Aufkommen auf dem Ballen, griff er schon vor fünf Jahren auf, bis vor zwei Jahren aber noch in herkömmlichen gedämpften Laufschuhen.
„Die Belastung auf das Sprung-, Knie-, Hüftgelenk und nicht zuletzt auf die Wirbelsäule ist bei Vorfußläufern um 40 bis 50 Prozent geringer als bei Fersenläufern“, erklärt der Oberholzheimer.
Beim Vorfußlauf werde die optimale Konstruktion des Fußes ausgenutzt. „Dieser ist nämlich ein Kunstwerk aus 26 Knochen, 19 Muskeln und 107 Bändern, und meiner Meinung nach könnte durch einen gepflegten Ballengang das ein oder andere künstliche Knie- und Hüftgelenk vermieden werden“, ist Kösling überzeugt. Zudem werde beim Ballengang die Achillessehne optimal ausgedehnt und das Fußgewölbe gestärkt. „Die Venenpumpe in den Waden springt wieder an und aktiviert den Blutfluss zurück zum Herzen.“
Das ursprüngliche, richtige Laufen sei am besten bei Kleinkindern zu sehen, davon ist Kösling überzeugt. „Vorausgesetzt, sie haben keine Schuhe an, setzen sie zuerst mit dem Ballen auf. Das ist das natürliche Laufen. Wenn dann Schuhe ins Spiel kommen, ist es mit dem natürlichen Laufen vorbei. Interessant ist auch, wenn man selbst die Schuhe auszieht und losrennt, dann wird man automatisch mit dem Ballen zuerst aufsetzen.“
„Meine Aufmerksamkeit fürs Barfußlaufen wurde dann vor zwei Jahren durch einen Artikel in einer Zeitschrift
über eine leidenschaftliche Barfußläuferin geweckt“, sagt Karlheinz Kösling. „Das Barfußlaufen ist auch vergleichbar mit dem Laufen in Barfußlaufschuhen, die eine dünne, nur drei Millimeter starke Gummisohle ohne Dämpfung und ohne Sprengung haben. In unwegsamem Gelände empfiehlt es sich, diese Schuhe zu tragen. Beim reinen Barfußlaufen sind wir jedoch mehr geerdet.“
Beim Barfußlaufen und auch beim Laufen in Barfußschuhen muss der Fuß zuerst mit dem Ballen und Sekundenbruchteile später mit der Ferse aufsetzen, auch die Zehen sind wieder aktiv beteiligt. Das erfordere natürlich sehr viel Übung und Durchhaltevermögen, weil bei der Umstellung vor allem die Wadenmuskulatur spürbar werde. Ganz einfach war die Umstellung auf das Barfußlaufen nicht, erinnert sich Kösling. „Es braucht viel Übung und es muss sehr behutsam, am besten unter Anleitung eines Fachmanns, erfolgen.“
Im vergangenen Jahr hat Karlheinz Kösling daher einen Heilpraktiker in München besucht, der sich intensiv mit dem Barfußlaufen und speziell mit den Füßen beschäftigt. „Nachdem er mir einiges über Körperaus- und aufrichtung erzählt hat, wurde ein Fuß-Scan durchgeführt. Anhand der unterschiedlichen Farben, die auf dem Scan zu erkennen waren, erhielt ich interessante Erkenntnisse über bestehende Disbalancen, die ein Unwohlsein auslösen können.“Am Ende erklärte ihm der Experte noch den idealen Ablauf beim Barfußlaufen.
„Anfangs sind die Fußsohlen natürlich noch sehr empfindlich, es kann auch zu kleineren Verletzungen kommen. Mit der Zeit bildet sich aber eine geschmeidige dickere Lederhaut“, so Kösling. „Eine Hornhaut ist bei Barfußläufern kein Thema mehr, aber natürlich müssen die Füße auch eine entsprechende Pflege erfahren.“
„Das Laufen in Barfußschuhen ist nicht nur auf das Joggen beschränkt“, sagt Kösling. „So habe ich im letzten Jahr die Nagelfluhkette und 350 Kilometer Jakobsweg, quer durch die Schweiz, mit diesen Schuhen absolviert. Die weiche Sohle passt sich ideal dem Untergrund an und verleiht somit einen guten Halt. Es empfehle sich aber nicht, den Einstieg ins Laufen mit Barfußschuhen gleich in bergigem Gelände durchzuführen, rät Kösling.
„Nach nun zwei Jahren Barfußlaufen habe ich das Gefühl, dass sich der Körper neu ausrichtet“, so Kösling. „Krämpfe oder Gliederschmerzen nach längeren Läufen gehören der Vergangenheit an. Erkältungen hatte ich seither keine. Es fühlt sich einfach gut an“, sagt der überzeugte Barfußläufer.