Schwäbische Zeitung (Ehingen)

So geht es Ulms erster Corona-Infizierte­n

Fünf Tage verbrachte sie im Krankenhau­s – Jetzt spricht sie über die Zeit

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ULM - Sie war die erste bestätigte Corona-Infizierte im Raum Ulm. Die 45-Jährige, die anonym bleiben will, war in den Faschingsf­erien mit Freunden in Südtirol im Urlaub. Obwohl sie sich abgesehen von einer Erkältung nicht wirklich krank fühlte, bestand ihr Chef auf einen Test: Der fiel positiv aus. Mehrere Tage verbrachte sie dann in Quarantäne am Universitä­tsklinik Ulm. Schwäbisch­e.de hatte damals und hat jetzt wieder mit ihr gesprochen, wie sie diese Zeit erlebt hat.

Wie geht es Ihnen? Mir geht es sehr gut.

Was haben Sie in den vergangene­n Tagen und Wochen erlebt? Die Erfahrunge­n waren sehr gemischt, interessan­t. Ich war entsetzt, wie die Menschen teils reagiert haben. Am ersten Tag, nachdem ich entlassen worden war, war ich beim Einkaufen und habe bekannte Leute getroffen. Sie haben Abstand gehalten, obwohl ich ihnen erklärt habe, dass alles gut ist. Ich kam mir vor wie eine Außenseite­rin. Das hat mich traurig gemacht.

Was glauben Sie, woran das liegt? Ich weiß es nicht. Vielleicht haben sich die Menschen zu wenig darüber informiert. Ich habe dann bei Instagram einen Post abgesetzt und meine Situation darin beschriebe­n. Ich hatte einfach das Bedürfnis, das zu tun.

Wie waren sonst die Reaktionen, als Sie wieder rausdurfte­n? Manche waren natürlich auch schön. „Schön, du hast es hinter dir“gehörte zum Beispiel auch dazu. Es war gemischt. Viele haben aber nach wie vor Angst. Ansonsten geht es mir gut. Ich arbeite ganz normal. Nur das Bittere: Als wir wieder rauskonnte­n, wurden die Ausgangsbe­schränkung­en eingeführt. Das war natürlich besch...

Wie waren die restlichen Tage in der Quarantäne in der Uniklinik? Ich war am Ende nur fünf Tage dort. Die Tests waren aber weiterhin positiv, das war für mich ein harter Schlag. Die Situation blieb unveränder­t. Aber ich konnte nicht in dieser Isolation bleiben: keine frische Luft, ich konnte nicht raus und niemand konnte zu mir. Ich wollte zurück zu meiner Familie. Noch dazu: Ich hatte ja keine Probleme – nur diesen Virus. Da hatte ich im Kopf ganz schön zu kämpfen.

Wie ging es dann weiter? Freitagnac­ht (6. März, Anmerk. d. Red.) haben sie mich in die häusliche Isolation entlassen unter der Voraussetz­ung, dass ich häuslich getrennt von meiner Familie lebe. Wir haben eine große Wohnung, da war das zum Glück möglich. Dann saß ich da mit Mundschutz und Handschuhe­n. Aber es war deutlich besser. Immerhin konnte ich so bei meiner Familie sein.

Heute hätten Sie die Ärzte vermutlich gleich wieder nach Hause geschickt.

Das stimmt. Wir waren wirklich der Anfang der Phase. Wären schon damals Patienten da gewesen, die wirklich Beatmungsg­eräte gebraucht hätten, hätten sie mich vermutlich direkt wieder gehen lassen.

Und jetzt? Es heißt ja, wer es einmal hatte, der ist quasi geheilt. Richtig. Ich kann machen, was ich will. So zumindest die Aussage der Virologen. Was mich aber weiterhin ärgert, ist das Gesundheit­samt.

Warum? Sie hatten schon bei unserem ersten Gespräch gesagt, die Behörden seien überforder­t. Das ist alles noch nicht zu Ende gedacht. Als ich den Bescheid bekommen habe, dass die Isolation aufgehoben ist, wurde ich informiert, dass mein Verdiensta­usfall über das Infektions­schutzgese­tz übernommen wird. Ich habe beim Gesundheit­samt angerufen, eine E-Mail geschriebe­n. Aber seit drei Wochen schon warte ich auf eine Reaktion. Ich bekomme keine Rückmeldun­g, wie es jetzt weitergeht, was sie von mir brauchen. Sogar ein Fax habe ich schon geschickt. Für mich ist das jetzt nicht so schlimm. Aber für eine alleinerzi­ehende Mutter mit zwei Kindern kann das ganz schön schwierig werden. Optimal ist das noch nicht.

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FOTO: DANIEL REINHARDT/DPA Die erste Ulmerin, die sich mit Covid-19 ansteckte, erzählt im Interview, wie es ihr in Quarantäne und vor allem in der Zeit danach erging.

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