Ungewöhnliches Osterfest
Tagebuch-Serie: Ehinger Lehrerin und ihre Schüler erzählen von ihren Erlebnissen in der Krisenzeit
EHINGEN (seli) - Im dritten Teil unserer Tagebuch-Serie in Krisenzeiten veröffentlicht die Schwäbische Zeitung Ehingen Auszüge aus dem Tagebuch der Schüler und ihrer Lehrerin Susanna Balg. Sie schildern die Gedanken und Erlebnisse während der Osterfeiertage. Die Ehinger Lehrerin bat am vorerst letzten Schultag vor rund vier Wochen ihre Schüler darum, ab sofort ein Tagebuch zu führen und damit die sehr ungewöhnliche Zeit der Krise für sie festzuhalten. Für die SZ Ehingen öffnen sie ihre Gefühlswelt.
„Karfreitag. So einen, wie diesen gab’s bei uns in der Familie noch nie“, schreibt Susanna Balg. Eigentlich wäre sie nämlich an diesem Tag mit ihrer Familie wandern gegangen. „Gewandert wurde immer – bei Regen, Schnee, Schneeregen, Hagel, Wind, Sonnenschein. Alte Menschen, Ältere, Mittelalte, Teenager, Kinder und Babies in Kinderwagen. Wer schlecht zu Fuß war, konnte eine halbe Strecke laufen, Hin-oder Rückweg oder sich auch nur zur Mittagsstation fahren lassen. Es waren immer alle dabei.“Wandern gegangen seien die einzelnen Familienmitglieder trotzdem – und haben sich deshalb Bilder ihrer jeweiligen Tour zukommen lassen.
Während der Osterfeiertage bekommt Susanna Balg wieder Post von ihren Schülern und deren Eltern, per E-Mail oder per Brief. „So nette Nachrichten, mit so vielen lieben Wünschen für meine Familie und ein schönes Osterfest. Sogar mit Selbstgebasteltem über E-Mail oder in echt. Mir wird ganz warm ums Herz“, schreibt sie.
Doch der Ostersonntag bringt komische Gefühle mit sich: „Normalerweise trifft sich heute wieder die Familie. Ostersonntag in unserer Familie ist schon was ganz Besonderes. Und man muss unbedingt darauf achten, dass solche Feste nicht plötzlich weg brechen. Die Familie ändert sich Jahr für Jahr, Ältere sind plötzlich nicht mehr dabei und neue Familienmitglieder kommen dazu. Da zählt jedes Jahr. Und auch hier und heute mischt sich dieses blöde Corona wieder in unser Leben. Am Ostersonntag hatte ich zweimal Besuch von Kindern mit ihren Eltern. Sie kommen extra vorbei, um mir ein Ostergeschenk zu bringen.
Ein gebackenes Häsle, einen Schokobegleiter, das Tagebuch, einen Brief, eine Karte. Ich bin echt gerührt. So viel scheine ich nicht falsch zu machen. Die Eltern erzählen mir, dass das mit der Betreuung tatsächlich gut klappt und es noch keine Probleme gibt oder dass sie die Zeit mit ihren Kindern tatsächlich genießen.
Es sei wie früher, als die Kinder noch klein waren. Manche empfinden diese Zeit als Bereicherung. Echt schön zu hören. Die sporadischen Besuche meiner Schüler am Gartenzaun machen unheimlich viel Spaß. Wir haben uns ganz schön viel zu sagen. Irgendwie ist also doch Ostern in dieser schrägen Zeit. Der Ostermontag war diesmal meinem Mann, mir, den Pferden und unserer Terrasse vorbehalten. Das musste auch mal wieder sein. Einfach ein ganz normaler Feiertag.“
Von ihren Schülern bekommt Susanna Balg weiterhin fleißig Tagebucheinträge geschickt, durch welche die Lehrerin einen kleinen Einblick
in den Alltag ihrer Kinder erhält. So schreibt ein Kind etwa in ihr Tagebuch direkt an das Virus: „Hallo Corona. Ich weiß nicht, warum das Corona da ist. Aber ich gebe mir sehr viel Mühe, dass das Corona weg geht. Ich versuche mein Bestes, dass es aufhört. Ich hoffe, es hört irgendwann mal auf. Ich will nämlich auch wieder in die Schule gehen.“