Sportvereine in Zeiten des Stillstands
Auch bei der TSG Ehingen ruht der Sportbetrieb – Was das für einen Verein bedeutet
GEHINGEN - Der weitgehende Stillstand des öffentlichen Lebens trifft auch den organisierten Sport. Keine Veranstaltungen, kein Spielbetrieb, keine Kurse, kein Training in Gruppen. Darüber hinaus sind seit Wochen keine Versammlungen mit Vereinsmitgliedern oder Treffen des Vorstands möglich. Doch die Verwaltung der Sportvereine funktioniert weiter, wenn auch auf eine andere Art als üblich. Ein Blick auf die TSG Ehingen, einen der größten Vereine der Region, in Zeiten von Corona.
„Es gibt zurzeit weder Vorstandsnoch Vereinsratssitzungen“, sagt Roland Kuch, Vorsitzender der TSG Ehingen. „Alles wird übers Telefon erledigt.“Daneben gibt es die allgemeine Verwaltung des Hauptvereins mit seinen insgesamt rund 2300 Mitgliedern, für die Mitarbeiterinnen auf Minijob-Basis in der Geschäftsstelle zuständig sind. „Die Verwaltungstätigkeiten gehen weiter“, so Kuch. „Jede der Frauen kann selbstständig für sich arbeiten.“Und das machen sie in diesen Tagen und Wochen auch, jede für sich, nie gemeinsam.
Auch die Ehrenamtlichen an der Spitze des Hauptvereins sind – genauso wie die Verantwortlichen der einzelnen Abteilungen der TSG Ehingen – schon länger nicht persönlich zusammengekommen. „Wenn man sich wieder in Gruppenstärke mit fünf, sechs Leuten treffen kann, werden wir das machen“, sagt Roland Kuch. Die Zeit bis dahin dürfte absehbar sein, zumal man in einer kleinen Gruppe in der Regel problemlos Abstand halten kann. Schwieriger wird es mit größeren Veranstaltungen wie die Hauptversammlung der TSG, die laut Satzung des Vereins im Drei-Jahres-Rhythmus abgehalten wird und ausgerechnet jetzt, 2020, fällig gewesen wäre – Anfang April, aber da war Corona schon im Vormarsch und die Sitzung nicht mehr möglich.
Wann sie nachgeholt wird, steht derzeit in den Sternen. „Ich rechne damit, dass unsere Hauptversammlung frühestens im Herbst stattfinden wird“, sagt Kuch. Der satzungsgemäße Termin im ersten Quartal ist somit nicht einzuhalten, aber der TSG-Vorsitzende sieht es gelassen, weil er weiß, dass es nicht nur die
Ehinger betrifft, sondern viele Vereine in den vergangenen Wochen ihre Hauptversammlung ausfallen lassen mussten – und bei den meisten Klubs ist es ja ein jährlicher Termin. „Es kam eine Empfehlung vom WLSB, wonach die Versammlungen sobald als möglich stattfinden sollen.“Es ist eine Empfehlung ohne Terminvorgabe, was ohnehin schwierig wäre.
Kuch bleibt mit Blick auf die nachzuholende Hauptversammlung gelassen. Es wird sich fügen. Wichtig für ihn ist: „Der Hauptverein läuft weiter, es funktioniert alles.“Über den Spiel- und Trainingsbetrieb, ursprüngliche
Sinn und Zwecks des Vereins, lässt sich das nicht sagen. Da ist momentan nichts möglich. „Der gesamte Sportbetrieb ist stillgelegt.“Weder bestreiten die Sportler und Mannschaften der TSG Wettkämpfe, noch trainieren sie gemeinsam, nur noch jeder für sich. Auch das Kursangebot ist derzeit ausgesetzt, was vor allem den Gesundheitssport betrifft.
Wenn Kurse auf Dauer nicht stattfinden sollten, wäre es auch eine finanzielle Frage für den Verein. Momentan sind laufende Kurse lediglich unterbrochen, da besteht die Hoffnung, ausgefallene Stunden nachzuholen. „Wenn von zehn Terminen sieben bereits stattgefunden haben, kann man sagen, man hängt die fehlenden drei Stunden noch hintendran“, so Kuch. Sollte es nicht dazu kommen, stellt sich für den Verein womöglich die Frage nach einer anteiligen Rückerstattung von Kursgebühren. Der Württembergische Landessportbund (WLSB) und Verbraucherschützen „empfehlen, Geld zurückzuerstatten, wenn etwas nicht stattfindet“.
Das Kursangebot und die Einnahmen daraus sind für die Vereine indes wichtig, um die qualifizierten Übungsleiter zu zahlen. Hauptamtliche Trainer und Übungsleiter hat die TSG Ehingen nicht, gezahlt wird auf Honorarbasis. Weil derzeit der Betrieb ruht, Kurse unterbrochen sind, würden viele auch von sich aus aufs Honorar verzichten, sagt Roland Kuch. Der TSG-Vorsitzende betont auch, dass die Zeit des Stillstands bisher noch recht überschaubar war. Rund vier Wochen, „das ist nicht viel“. Und es ist denkbar, dass der komplette
Stillstand nicht mehr allzu lange anhält. „Wenn die Schulen wieder anfangen sollten, rechne ich damit, dass in absehbarer Zeit auch der Sportbetrieb wieder stattfinden kann“, sagt Kuch. Und damit auch verschiedene Kurse wieder stattfinden, wenngleich unter besonderen Vorkehrungen und mit Vorsichtsmaßnahmen. Dies gilt auch für die Kindersportschule (Kiss) der TSG Ehingen, deren Angebot sich an kleine Kinder richtet. „Momentan sind ja Ferien und das ist auch in den Beiträgen einkalkuliert, aber danach müssen wir sehen. Vielleicht kann es in Kleingruppen weitergehen“, so Kuch. „Wir finden eine Lösung.“
Trotz der derzeit kompletten Aussetzung des Spiel- und Sportbetriebs geht Roland Kuch davon aus, dass die Vereinsmitglieder bei der Stange bleiben – auch in den vielen Abteilungen der TSG, in denen derzeit weder Teamtraining noch Wettkämpfe möglich sind. Viele Abteilungen erheben eigene Abteilungsbeiträge von ihren Mitgliedern – „und die Abteilungen brauchen das Geld unbedingt“, so Kuch. Weil auch hier Trainer und Übungsleiter gezahlt werden müssen und die Teilnahme an Wettkämpfen nicht umsonst ist. „Ich denke, dass die Mitglieder so solidarisch sind, das einsehen und Mitglied bleiben.“