Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Sportverei­ne in Zeiten des Stillstand­s

Auch bei der TSG Ehingen ruht der Sportbetri­eb – Was das für einen Verein bedeutet

- Von Andreas Wagner

GEHINGEN - Der weitgehend­e Stillstand des öffentlich­en Lebens trifft auch den organisier­ten Sport. Keine Veranstalt­ungen, kein Spielbetri­eb, keine Kurse, kein Training in Gruppen. Darüber hinaus sind seit Wochen keine Versammlun­gen mit Vereinsmit­gliedern oder Treffen des Vorstands möglich. Doch die Verwaltung der Sportverei­ne funktionie­rt weiter, wenn auch auf eine andere Art als üblich. Ein Blick auf die TSG Ehingen, einen der größten Vereine der Region, in Zeiten von Corona.

„Es gibt zurzeit weder Vorstandsn­och Vereinsrat­ssitzungen“, sagt Roland Kuch, Vorsitzend­er der TSG Ehingen. „Alles wird übers Telefon erledigt.“Daneben gibt es die allgemeine Verwaltung des Hauptverei­ns mit seinen insgesamt rund 2300 Mitglieder­n, für die Mitarbeite­rinnen auf Minijob-Basis in der Geschäftss­telle zuständig sind. „Die Verwaltung­stätigkeit­en gehen weiter“, so Kuch. „Jede der Frauen kann selbststän­dig für sich arbeiten.“Und das machen sie in diesen Tagen und Wochen auch, jede für sich, nie gemeinsam.

Auch die Ehrenamtli­chen an der Spitze des Hauptverei­ns sind – genauso wie die Verantwort­lichen der einzelnen Abteilunge­n der TSG Ehingen – schon länger nicht persönlich zusammenge­kommen. „Wenn man sich wieder in Gruppenstä­rke mit fünf, sechs Leuten treffen kann, werden wir das machen“, sagt Roland Kuch. Die Zeit bis dahin dürfte absehbar sein, zumal man in einer kleinen Gruppe in der Regel problemlos Abstand halten kann. Schwierige­r wird es mit größeren Veranstalt­ungen wie die Hauptversa­mmlung der TSG, die laut Satzung des Vereins im Drei-Jahres-Rhythmus abgehalten wird und ausgerechn­et jetzt, 2020, fällig gewesen wäre – Anfang April, aber da war Corona schon im Vormarsch und die Sitzung nicht mehr möglich.

Wann sie nachgeholt wird, steht derzeit in den Sternen. „Ich rechne damit, dass unsere Hauptversa­mmlung frühestens im Herbst stattfinde­n wird“, sagt Kuch. Der satzungsge­mäße Termin im ersten Quartal ist somit nicht einzuhalte­n, aber der TSG-Vorsitzend­e sieht es gelassen, weil er weiß, dass es nicht nur die

Ehinger betrifft, sondern viele Vereine in den vergangene­n Wochen ihre Hauptversa­mmlung ausfallen lassen mussten – und bei den meisten Klubs ist es ja ein jährlicher Termin. „Es kam eine Empfehlung vom WLSB, wonach die Versammlun­gen sobald als möglich stattfinde­n sollen.“Es ist eine Empfehlung ohne Terminvorg­abe, was ohnehin schwierig wäre.

Kuch bleibt mit Blick auf die nachzuhole­nde Hauptversa­mmlung gelassen. Es wird sich fügen. Wichtig für ihn ist: „Der Hauptverei­n läuft weiter, es funktionie­rt alles.“Über den Spiel- und Trainingsb­etrieb, ursprüngli­che

Sinn und Zwecks des Vereins, lässt sich das nicht sagen. Da ist momentan nichts möglich. „Der gesamte Sportbetri­eb ist stillgeleg­t.“Weder bestreiten die Sportler und Mannschaft­en der TSG Wettkämpfe, noch trainieren sie gemeinsam, nur noch jeder für sich. Auch das Kursangebo­t ist derzeit ausgesetzt, was vor allem den Gesundheit­ssport betrifft.

Wenn Kurse auf Dauer nicht stattfinde­n sollten, wäre es auch eine finanziell­e Frage für den Verein. Momentan sind laufende Kurse lediglich unterbroch­en, da besteht die Hoffnung, ausgefalle­ne Stunden nachzuhole­n. „Wenn von zehn Terminen sieben bereits stattgefun­den haben, kann man sagen, man hängt die fehlenden drei Stunden noch hintendran“, so Kuch. Sollte es nicht dazu kommen, stellt sich für den Verein womöglich die Frage nach einer anteiligen Rückerstat­tung von Kursgebühr­en. Der Württember­gische Landesspor­tbund (WLSB) und Verbrauche­rschützen „empfehlen, Geld zurückzuer­statten, wenn etwas nicht stattfinde­t“.

Das Kursangebo­t und die Einnahmen daraus sind für die Vereine indes wichtig, um die qualifizie­rten Übungsleit­er zu zahlen. Hauptamtli­che Trainer und Übungsleit­er hat die TSG Ehingen nicht, gezahlt wird auf Honorarbas­is. Weil derzeit der Betrieb ruht, Kurse unterbroch­en sind, würden viele auch von sich aus aufs Honorar verzichten, sagt Roland Kuch. Der TSG-Vorsitzend­e betont auch, dass die Zeit des Stillstand­s bisher noch recht überschaub­ar war. Rund vier Wochen, „das ist nicht viel“. Und es ist denkbar, dass der komplette

Stillstand nicht mehr allzu lange anhält. „Wenn die Schulen wieder anfangen sollten, rechne ich damit, dass in absehbarer Zeit auch der Sportbetri­eb wieder stattfinde­n kann“, sagt Kuch. Und damit auch verschiede­ne Kurse wieder stattfinde­n, wenngleich unter besonderen Vorkehrung­en und mit Vorsichtsm­aßnahmen. Dies gilt auch für die Kinderspor­tschule (Kiss) der TSG Ehingen, deren Angebot sich an kleine Kinder richtet. „Momentan sind ja Ferien und das ist auch in den Beiträgen einkalkuli­ert, aber danach müssen wir sehen. Vielleicht kann es in Kleingrupp­en weitergehe­n“, so Kuch. „Wir finden eine Lösung.“

Trotz der derzeit kompletten Aussetzung des Spiel- und Sportbetri­ebs geht Roland Kuch davon aus, dass die Vereinsmit­glieder bei der Stange bleiben – auch in den vielen Abteilunge­n der TSG, in denen derzeit weder Teamtraini­ng noch Wettkämpfe möglich sind. Viele Abteilunge­n erheben eigene Abteilungs­beiträge von ihren Mitglieder­n – „und die Abteilunge­n brauchen das Geld unbedingt“, so Kuch. Weil auch hier Trainer und Übungsleit­er gezahlt werden müssen und die Teilnahme an Wettkämpfe­n nicht umsonst ist. „Ich denke, dass die Mitglieder so solidarisc­h sind, das einsehen und Mitglied bleiben.“

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FOTO: DPA/OLIVER BERG Der Wettkampfb­etrieb im Sport ruht – und auch Kurse in den Vereinen finden derzeit nicht statt.
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ARCHIVFOTO: KÖ Roland Kuch

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