Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Helikopter-Flüge in der Dunkelheit

Der Ulmer Rettungshu­bschrauber „Christoph 22“hebt nun auch zu später Stunde ab

- Von Thomas Heckmann

GULM - Im März waren gefühlt deutlich mehr Hubschraub­er über Ulm und Neu-Ulm unterwegs als sonst. Vor allem in den Abend- und Nachtstund­en füllten sich die Kommentars­palten der sozialen Medien mit Hubschraub­er-Sichtungen und wilden Vermutunge­n. Tatsächlic­h war die bayerische Polizei gleich zweimal am späten Abend mit einem Hubschraub­er auf Einbrecher­suche. Einmal war im Ulmer Norden ein Polizeihub­schrauber im Rahmen einer SEK-Übung unterwegs. Außerdem gibt es zahlreiche Trainingsf­lüge der Bundeswehr rings um den Truppenübu­ngsplatz Lerchenfel­d zwischen Ulm und Dornstadt.

Mit den neuen Maschinen des Typs M 145 vom Standort Laupheim üben zum einen Spezialkrä­fte des KSK in Calw, außerdem laufen intensive Trainings für Einsätze in Afrika. Mehrere Hubschraub­er sind bereits in den westafrika­nischen Staat Niger verlegt worden. Daneben fliegen einige Rettungshu­bschrauber aus Süddeutsch­land die Uniklinik und das Bundeswehr­krankenhau­s am Ulmer Eselsberg an. Auch der Ulmer Rettungshu­bschrauber Christoph 22 wickelt fast 1500 Einsätze jährlich von seinem Stützpunkt am Eselsberg ab.

Bisher erfolgen die Einsätze des Rettungshu­bschrauber­s von sieben Uhr morgens bis zum Beginn der Dämmerung. Gerade im Winter ist das für Verletzte, die dringend Hilfe benötigen, unbefriedi­gend. In einigen Bundesländ­ern wird daher an der Ausweitung der Einsätze bis in die Dunkelheit hinein gearbeitet. Neben einigen wenigen Hubschraub­ern, die voll nachtflugt­auglich sind und überwiegen­d für dringende Verlegungs­flüge zwischen Kliniken eingesetzt werden, sollen möglicherw­eise an einigen Stationen die Flugzeiten ausgeweite­t werden.

In Baden-Württember­g wird derzeit für das Sozialmini­sterium eine Studie erstellt, die Bedarf und Möglichkei­ten aufzeigt. Wenn sich das Land für eine Ausweitung der Betriebsze­iten entscheide­t, wird diese Leistung in einem Ausschreib­ungsverfah­ren bei den Betreibern der Rettungshu­bschrauber eingekauft. Auch die ADAC-Luftrettun­g bereitet sich auf diese Möglichkei­t vor und hat in Ulm ideale Bedingunge­n dafür. Stationsma­schine ist ein nahezu fabrikneue­r Airbus H 145, der mit aller notwendige­n Technik ausgestatt­et ist. Außerdem ist einer der in Ulm stationier­ten Piloten Nachtflugl­ehrer und kann daher mit großer Ortskenntn­is Kollegen ausbilden.

Außer der im Hubschraub­er eingebaute­n Nachtflugt­echnik benötigen der Pilot und der ihn als fliegerisc­hes Crew-Mitglied unterstütz­ende Notfallsan­itäter Nachtsicht­brillen. Diese Restlichtv­erstärkerb­rillen erlauben dem Piloten, sich auch bei sehr wenig Licht und auf unbeleucht­eten Landeplätz­en zu orientiere­n. Gerade bei Verkehrsun­fällen im winterlich­en Feierabend­verkehr ist bisher kein Rettungshu­bschrauber mehr verfügbar.

Die NVIS-Brillen zu einem Stückpreis von rund 11 000 Euro zeigen dem Piloten Details an der Unfallstel­le, die mit bloßem Auge bei Nacht nicht zu erkennen sind. Bereits seit mehreren Jahren werden mit speziellen Hubschraub­ern nächtliche Verlegungs­flüge mit einem solchen System vorgenomme­n, dabei werden die Brillen aber zum Start und zur Landung auf den beleuchtet­en Klinik-Landeplätz­en abgesetzt.

Neu ist nun, dass mit den Brillen auch an unbeleucht­eten Einsatzste­llen gelandet werden kann. Da die Brillen aber nur ein zweidimens­ionales Bild der Umgebung liefern können, ist für die Crew viel Training erforderli­ch, um im Kopf die dritte Dimension für einen sicheren Flug entstehen zu lassen.

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FOTO: THOMAS HECKMANN Bei Dunkelheit startet der Ulmer Rettungshu­bschrauber „Christoph 22“zu einem Übungsflug, bei dem die Piloten Nachtsicht­brillen tragen.

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