Helikopter-Flüge in der Dunkelheit
Der Ulmer Rettungshubschrauber „Christoph 22“hebt nun auch zu später Stunde ab
GULM - Im März waren gefühlt deutlich mehr Hubschrauber über Ulm und Neu-Ulm unterwegs als sonst. Vor allem in den Abend- und Nachtstunden füllten sich die Kommentarspalten der sozialen Medien mit Hubschrauber-Sichtungen und wilden Vermutungen. Tatsächlich war die bayerische Polizei gleich zweimal am späten Abend mit einem Hubschrauber auf Einbrechersuche. Einmal war im Ulmer Norden ein Polizeihubschrauber im Rahmen einer SEK-Übung unterwegs. Außerdem gibt es zahlreiche Trainingsflüge der Bundeswehr rings um den Truppenübungsplatz Lerchenfeld zwischen Ulm und Dornstadt.
Mit den neuen Maschinen des Typs M 145 vom Standort Laupheim üben zum einen Spezialkräfte des KSK in Calw, außerdem laufen intensive Trainings für Einsätze in Afrika. Mehrere Hubschrauber sind bereits in den westafrikanischen Staat Niger verlegt worden. Daneben fliegen einige Rettungshubschrauber aus Süddeutschland die Uniklinik und das Bundeswehrkrankenhaus am Ulmer Eselsberg an. Auch der Ulmer Rettungshubschrauber Christoph 22 wickelt fast 1500 Einsätze jährlich von seinem Stützpunkt am Eselsberg ab.
Bisher erfolgen die Einsätze des Rettungshubschraubers von sieben Uhr morgens bis zum Beginn der Dämmerung. Gerade im Winter ist das für Verletzte, die dringend Hilfe benötigen, unbefriedigend. In einigen Bundesländern wird daher an der Ausweitung der Einsätze bis in die Dunkelheit hinein gearbeitet. Neben einigen wenigen Hubschraubern, die voll nachtflugtauglich sind und überwiegend für dringende Verlegungsflüge zwischen Kliniken eingesetzt werden, sollen möglicherweise an einigen Stationen die Flugzeiten ausgeweitet werden.
In Baden-Württemberg wird derzeit für das Sozialministerium eine Studie erstellt, die Bedarf und Möglichkeiten aufzeigt. Wenn sich das Land für eine Ausweitung der Betriebszeiten entscheidet, wird diese Leistung in einem Ausschreibungsverfahren bei den Betreibern der Rettungshubschrauber eingekauft. Auch die ADAC-Luftrettung bereitet sich auf diese Möglichkeit vor und hat in Ulm ideale Bedingungen dafür. Stationsmaschine ist ein nahezu fabrikneuer Airbus H 145, der mit aller notwendigen Technik ausgestattet ist. Außerdem ist einer der in Ulm stationierten Piloten Nachtfluglehrer und kann daher mit großer Ortskenntnis Kollegen ausbilden.
Außer der im Hubschrauber eingebauten Nachtflugtechnik benötigen der Pilot und der ihn als fliegerisches Crew-Mitglied unterstützende Notfallsanitäter Nachtsichtbrillen. Diese Restlichtverstärkerbrillen erlauben dem Piloten, sich auch bei sehr wenig Licht und auf unbeleuchteten Landeplätzen zu orientieren. Gerade bei Verkehrsunfällen im winterlichen Feierabendverkehr ist bisher kein Rettungshubschrauber mehr verfügbar.
Die NVIS-Brillen zu einem Stückpreis von rund 11 000 Euro zeigen dem Piloten Details an der Unfallstelle, die mit bloßem Auge bei Nacht nicht zu erkennen sind. Bereits seit mehreren Jahren werden mit speziellen Hubschraubern nächtliche Verlegungsflüge mit einem solchen System vorgenommen, dabei werden die Brillen aber zum Start und zur Landung auf den beleuchteten Klinik-Landeplätzen abgesetzt.
Neu ist nun, dass mit den Brillen auch an unbeleuchteten Einsatzstellen gelandet werden kann. Da die Brillen aber nur ein zweidimensionales Bild der Umgebung liefern können, ist für die Crew viel Training erforderlich, um im Kopf die dritte Dimension für einen sicheren Flug entstehen zu lassen.