Knöllchen gibt es auch in Corona-Zeiten
Stadt Neu-Ulm verteilt trotz der Ausgangsbeschränkung konsequent Strafzettel
GNEU-ULM/LANDKREIS - Ist das Umparken des Autos ein „triftiger Grund“, um das Haus während der momentan geltenden Ausgangsbeschränkung zu verlassen? Semir Mulahusic aus Neu-Ulm findet das nicht und deshalb ärgert er sich nun. Denn der Anwohner hat neulich in der Ludwigstraße einen Strafzettel bekommen – obwohl er sich nur an die Allgemeinverfügung gehalten hat, wie er findet.
Mulahusic kam am Freitag vor zwei Wochen von der Arbeit nach Hause und stellte sein Auto in der Innenstadt ab. In der Ludwigstraße darf er mit seinem Anwohnerparkausweis parken, allerdings nur zu bestimmten Zeiten. Samstags bis 13 Uhr braucht man dort einen Parkschein. Den hat er nicht gezogen. Um 11.51 Uhr klemmte ihm ein städtischer Mitarbeiter ein Knöllchen mit einem Verwarnungsgeld in Höhe von zehn Euro an die Windschutzscheibe.
Mulahusic findet, dass die Stadt etwas kulanter sein könnte. Auch ohne Ausgangsbeschränkung seien kostenfreie Parkplätze für Anwohner in der Neu-Ulmer Innenstadt rar. „In Zeiten wie diesen, in denen unser Status als Solidargemeinschaft auf die Probe gestellt wird, in denen wir nur in dringenden Fällen den Weg ins Freie suchen sollen, um diejenigen zu schützen, die auf unsere Hilfe angewiesen sind, halte ich den Umgang der Stadt mit ihren Anwohnern für inakzeptabel“, sagt er. Denn an dem Samstagvormittag musste er weder zur Arbeit noch zum Einkaufen oder zum Arzt, deshalb sei er zu Hause geblieben – so, wie es die Allgemeinverfügung in Bayern verlange.
Es verstehe sich von selbst, dass man sich nicht auf Behindertenparkplätze stellen oder in Feuerwehrzufahrten parken dürfe. Aber das sei ja in der Ludwigstraße nicht der Fall gewesen. Mulahusic schrieb vergeblich einen Beschwerdebrief an die Stadt, jetzt hat er einen zweiten nachgeschickt.
„Ich verlange von Ihnen nicht, auf die Kontrolle der kostenpflichtigen Parkplätze zu verzichten“, schreibt Mulahusic darin. „Wenn jedoch ein Anwohnerparkausweis sichtbar ist, kann ich erwarten, dass für den Zeitraum der Ausgangsbeschränkungen zumindest die Anwohner nicht zur Kasse gebeten werden.“Es gehe um einen Zeitraum von wenigen Wochen „und da würde es der Verkehrsüberwachung nicht schaden, sich ein wenig kulanter zu zeigen.“Außerdem kündigt er in dem Brief an, dass er den Strafzettel nicht zahlen werde und es notfalls auf einen Prozess ankommen lasse.
Viel nützen wird es ihm wahrscheinlich nicht. Die Stadt Neu-Ulm hat einen klaren Standpunkt: „Die Corona-Pandemie ist kein Grund zum Falschparken“, sagt Pressesprecherin Sandra Lützel. Es gebe nun mal Parkregeln, und an die müsse man sich halten. Im Übrigen werde derzeit normal kontrolliert, es gebe keine Einschränkungen.
„Grundsätzlich läuft die Parkraumüberwachung normal weiter“, sagte auch Martina Matzner, die Geschäftsstellenleiterin der Kommunalen Verkehrsüberwachung (KVÜ) in Illertissen. Allerdings seien derzeit nur drei von fünf Kontrolleuren unterwegs, weil die anderen beiden derzeit zu Hause seien. Zu tun haben die Mitarbeiter der KVÜ momentan mehr als genug: „Wir bekommen wahnsinnig viele Beschwerden von Anwohnern“, so Matzner. Diese klagten etwa über zugeparkte Einfahrten oder Autos im Halteverbot. In den Innenstädten sei dagegen weniger los. Die KVÜ überwacht den ruhenden Verkehr in Illertissen, Vöhringen, Senden, Weißenhorn und Altenstadt.
Insgesamt gebe es dort genügend Parkplätze, sagte Matzner. Der Parkdruck sei sicher nicht so groß wie etwa in Neu-Ulm oder in Ulm. Die KVÜ drückt in Zeiten von Corona auch mal ein Auge zu. Am Rande der Sendener Innenstadt gibt es beispielsweise einen Bereich, in dem zu bestimmten Zeiten Parkscheine gelöst werden müssen.
„Da kontrollieren wir momentan gar nicht“, sagte Matzner. Denn die meisten Geschäfte seien ohnehin zu. Wenn ein Anwohner sein Auto dort abstelle, „nimmt er ja keinem Kunden den Parkplatz weg und stört niemanden“.
Bleibt die eingangs gestellte Frage nach der Parkplatzsuche in den Zeiten von Corona und Ausgangsbeschränkungen. „Auch beim Umparken des Autos kommt es auf den Einzelfall an, ob es dafür einen triftigen Grund gibt“, sagte dazu auf Anfrage ein Sprecher des bayerischen Innenministeriums. „Falls man durch das Stehenlassen des Fahrzeugs beispielsweise gegen die Straßenverkehrsordnung verstößt, ist aus unserer Sicht ein triftiger Grund gegeben, das Haus zum Umparken zu verlassen.“