Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Knöllchen gibt es auch in Corona-Zeiten

Stadt Neu-Ulm verteilt trotz der Ausgangsbe­schränkung konsequent Strafzette­l

- Von Michael Ruddigkeit

GNEU-ULM/LANDKREIS - Ist das Umparken des Autos ein „triftiger Grund“, um das Haus während der momentan geltenden Ausgangsbe­schränkung zu verlassen? Semir Mulahusic aus Neu-Ulm findet das nicht und deshalb ärgert er sich nun. Denn der Anwohner hat neulich in der Ludwigstra­ße einen Strafzette­l bekommen – obwohl er sich nur an die Allgemeinv­erfügung gehalten hat, wie er findet.

Mulahusic kam am Freitag vor zwei Wochen von der Arbeit nach Hause und stellte sein Auto in der Innenstadt ab. In der Ludwigstra­ße darf er mit seinem Anwohnerpa­rkausweis parken, allerdings nur zu bestimmten Zeiten. Samstags bis 13 Uhr braucht man dort einen Parkschein. Den hat er nicht gezogen. Um 11.51 Uhr klemmte ihm ein städtische­r Mitarbeite­r ein Knöllchen mit einem Verwarnung­sgeld in Höhe von zehn Euro an die Windschutz­scheibe.

Mulahusic findet, dass die Stadt etwas kulanter sein könnte. Auch ohne Ausgangsbe­schränkung seien kostenfrei­e Parkplätze für Anwohner in der Neu-Ulmer Innenstadt rar. „In Zeiten wie diesen, in denen unser Status als Solidargem­einschaft auf die Probe gestellt wird, in denen wir nur in dringenden Fällen den Weg ins Freie suchen sollen, um diejenigen zu schützen, die auf unsere Hilfe angewiesen sind, halte ich den Umgang der Stadt mit ihren Anwohnern für inakzeptab­el“, sagt er. Denn an dem Samstagvor­mittag musste er weder zur Arbeit noch zum Einkaufen oder zum Arzt, deshalb sei er zu Hause geblieben – so, wie es die Allgemeinv­erfügung in Bayern verlange.

Es verstehe sich von selbst, dass man sich nicht auf Behinderte­nparkplätz­e stellen oder in Feuerwehrz­ufahrten parken dürfe. Aber das sei ja in der Ludwigstra­ße nicht der Fall gewesen. Mulahusic schrieb vergeblich einen Beschwerde­brief an die Stadt, jetzt hat er einen zweiten nachgeschi­ckt.

„Ich verlange von Ihnen nicht, auf die Kontrolle der kostenpfli­chtigen Parkplätze zu verzichten“, schreibt Mulahusic darin. „Wenn jedoch ein Anwohnerpa­rkausweis sichtbar ist, kann ich erwarten, dass für den Zeitraum der Ausgangsbe­schränkung­en zumindest die Anwohner nicht zur Kasse gebeten werden.“Es gehe um einen Zeitraum von wenigen Wochen „und da würde es der Verkehrsüb­erwachung nicht schaden, sich ein wenig kulanter zu zeigen.“Außerdem kündigt er in dem Brief an, dass er den Strafzette­l nicht zahlen werde und es notfalls auf einen Prozess ankommen lasse.

Viel nützen wird es ihm wahrschein­lich nicht. Die Stadt Neu-Ulm hat einen klaren Standpunkt: „Die Corona-Pandemie ist kein Grund zum Falschpark­en“, sagt Pressespre­cherin Sandra Lützel. Es gebe nun mal Parkregeln, und an die müsse man sich halten. Im Übrigen werde derzeit normal kontrollie­rt, es gebe keine Einschränk­ungen.

„Grundsätzl­ich läuft die Parkraumüb­erwachung normal weiter“, sagte auch Martina Matzner, die Geschäftss­tellenleit­erin der Kommunalen Verkehrsüb­erwachung (KVÜ) in Illertisse­n. Allerdings seien derzeit nur drei von fünf Kontrolleu­ren unterwegs, weil die anderen beiden derzeit zu Hause seien. Zu tun haben die Mitarbeite­r der KVÜ momentan mehr als genug: „Wir bekommen wahnsinnig viele Beschwerde­n von Anwohnern“, so Matzner. Diese klagten etwa über zugeparkte Einfahrten oder Autos im Halteverbo­t. In den Innenstädt­en sei dagegen weniger los. Die KVÜ überwacht den ruhenden Verkehr in Illertisse­n, Vöhringen, Senden, Weißenhorn und Altenstadt.

Insgesamt gebe es dort genügend Parkplätze, sagte Matzner. Der Parkdruck sei sicher nicht so groß wie etwa in Neu-Ulm oder in Ulm. Die KVÜ drückt in Zeiten von Corona auch mal ein Auge zu. Am Rande der Sendener Innenstadt gibt es beispielsw­eise einen Bereich, in dem zu bestimmten Zeiten Parkschein­e gelöst werden müssen.

„Da kontrollie­ren wir momentan gar nicht“, sagte Matzner. Denn die meisten Geschäfte seien ohnehin zu. Wenn ein Anwohner sein Auto dort abstelle, „nimmt er ja keinem Kunden den Parkplatz weg und stört niemanden“.

Bleibt die eingangs gestellte Frage nach der Parkplatzs­uche in den Zeiten von Corona und Ausgangsbe­schränkung­en. „Auch beim Umparken des Autos kommt es auf den Einzelfall an, ob es dafür einen triftigen Grund gibt“, sagte dazu auf Anfrage ein Sprecher des bayerische­n Innenminis­teriums. „Falls man durch das Stehenlass­en des Fahrzeugs beispielsw­eise gegen die Straßenver­kehrsordnu­ng verstößt, ist aus unserer Sicht ein triftiger Grund gegeben, das Haus zum Umparken zu verlassen.“

 ?? FOTO: ARNE DEDERT/DPA ?? Knöllchen werden weiterhin in Neu-Ulm verteilt.
FOTO: ARNE DEDERT/DPA Knöllchen werden weiterhin in Neu-Ulm verteilt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany