Ferngespräche und virtuelle Rundgänge
Jugendbasketball: Kaderplanung der U16 aus Urspring unter erschwerten Bedingungen
GURSPRING - Das Frühjahr und der Sommer ist für die Trainer der Basketballakademie in Urspring eine arbeitsreiche Zeit. Sie arbeiten die abgelaufene Saison auf, halten die BundesligaNachwuchstalente fit und sie halten Ausschau nach Spielern für die kommende Saison. Dies betrifft vor allem die U16 und deren Chefcoach Oliver Heptner, der Jahr für Jahr Spieler an die eigene U19 abgibt und eine weitgehend neue Mannschaft zusammenstellen muss. Das alles ist in diesem Jahr aufgrund der Corona-Beschränkungen deutlich schwieriger, aber man ist kreativ in Urspring.
Wie die meisten anderen Nachwuchsund Jugend-Bundesligisten suchen auch die Verantwortlichen des Team Urspring in ganz Deutschland nach Talenten. Normalerweise werden Kandidaten zum Tryout, einem Probetraining, eingeladen und dazu, dass sie sich zusammen mit ihren Eltern bei einem Besuch einen persönlichen Eindruck vom Internat in Urspring verschaffen. Dies alles ist momentan nicht möglich. Jugendspieler einzeln nach Urspring zu bitten, damit ein jeder allein seine basketballerischen Fähigkeiten präsentiert, hält JBBL-Cheftrainer Oliver Heptner nicht für sinnvoll. „Weil unsere Spieler nicht da sind, kein normaler Spiel- und Trainingsbetrieb herrscht und man die eingeladenen Talente nicht in Spielstituationen sehen kann.“
Bevor das Coronavirus alles lahmlegte, seien bereits ein paar Spieler zum Probetraining dagewesen, sagt Oliver Heptner. „Das war sehr früh, aber ich bin ein Fan davon, zeitig für die nächste Saison zu planen.“Mit den Spielern, die schon mal reingeschnuppert haben, bleibe man in Kontakt, sagt der JBBL-Trainer. Gleichzeitig schaue man nach weiteren Talenten, was derzeit auch andere Methoden erfordert. Viel laufe übers Telefon und übers Internet, über Dienste, die eine Möglichkeit bieten, sich zu sehen und per Video auszutauschen. Oliver Heptner nimmt die Spieler und Eltern auch mit auf einen virtuellen Rundgang durch das Internat in Urspring und die dortigen Sporteinrichtungen. „Es geht darum, ihnen zu zeigen, wie es bei uns aussieht, um so den ersten Besuch zu ersetzen“, sagt er.
Umgekehrt sammeln Ursprings Basketballtrainer über die Videoschalten und soziale Medien Eindrücke von ihren möglichen neuen Spielern. „Wir achten sehr darauf, dass derjenige nach Urspring passt“, so Oliver Heptner. „Es ist eine sehr bedachte Auswahl und besser, als jeden x-Beliebigen zu fragen, ob er Lust hat, zu uns kommen.“Nicht nur auf sportliche Fähigkeiten, sondern auch auf den Charakter legen Heptner und seine Trainerkollegen großen Wert. „Die Ausgangsfrage für uns ist immer: Ist jemand ein guter Urspringer?“, sagt der U16-Coach. Gern Neues lernen zu wollen und wissbegierig zu sein, aber auch die sozialen Komponenten und insbesondere Teamfähigkeit gehören zum Anforderungsprofil. „Ansonsten hat ein Spieler in einem solchen Konstrukt nichts verloren.“
Urspring ist ein Internat, idyllisch, aber auch etwas abgeschieden gelegen, ein Ort, in dem die Kinder und Jugendlichen in Schule und Sport viel Zeit miteinander verbringen und sich auch in der Freizeit die Wege kreuzen. Da ist es von Vorteil, dass sich die Jungen untereinander verstehen – zumal die Basketballtalente, die im U16-Alter ans Internat in Urspring wechseln, im Idealfall bis zum Abitur einige Jahre dort verbringen. „Das ist schon ein längerer Zeitraum und wir wollen nicht ständig nachbessern“, sagt Oliver Heptner. Deshalb sind ihm und den anderen Trainern neben den sportlichen auch die sozialen Fähigkeiten so wichtig. „Dass die Neuen sportliches Talent mitbringen müssen, steht außer Frage. Aber wir haben auch schon Jungs trotz sportlicher Klasse abgelehnt.“
Bei der Zusammenstellung ihrer Teams bewiesen die Trainer aus Urspring in der Vergangenheit ein gutes Händchen. „Wir haben zurzeit eine sehr homogene Gruppe mit Spielern, die sich verstehen, und das wollen wir nicht aufs Spiel setzen“, sagt Heptner über seine Mannschaft der vergangenen Saison, von denen allerdings die meisten in die U19 aufrücken und nun die Lücken gefüllt werden müssen. Vom Kernteam 2019/20 bleiben nur Jared Grey und Paul Schorr, dazu aus dem erweiterten JBBL-Kader Finn Nußbaumer und Liam Befurt, ebenfalls Jahrgang 2005. Dazu stoßen vom Kooperationspartner TSG Söflingen Julijo Kendes und Luca Sarnowska, die mit Söflingens U14 Platz eins in der Oberliga belegten und zu den erfolgreichsten Korbschützen der Liga zählten. Kendes, dessen Stammverein die TSG Ehingen ist, ist BBW-Auswahlspieler und hat bereits mit Ursprings U16 trainiert, Sarnowska zählt zum erweiterten Kader der baden-württembergischen U14-Auswahl.
„Somit haben wir bereits sechs Spieler für die nächste Saison“, sagt Heptner. Die weiteren Spieler werden von anderen Vereinen kommen. Viele Namen stünden in seinem Notizbuch, so der Trainer. „Uns geht es vor allem um Jungs, die in keiner optimalen Trainings- oder schulischen Situation sind, und nicht darum, anderen großen Vereinen Spieler wegzunehmen.“Der Blick geht dabei über Baden-Württemberg hinaus, vereinzelt auch ins Ausland – im Sommer 2019 etwas kam der junge Tscheche David Dostal nach Urspring. Für die nächste Saison plant Heptner ohne Spieler aus dem Ausland – weil auch in der übergeordneten NBBL Regeln deren Einsatz beschränken. „Und wir wollen vermeiden, dass sich ausländische Spieler dann in der U19 sammeln.“Ohnehin sei er der Ansicht, dass man niemanden von weiter her holen müsse, sagt Heptner über die internationale Spielersuche. Es müsse sich anbieten, wegen der schulischen und sportlichen Situation, wie es bei Dostal der Fall war.
Die Liga schreibt zwölf Spielerlizenzen pro JBBL-Team vor. „Wir werden nicht großartig über diese Zahl hinausgehen“, sagt Oliver Heptner. Er plant wieder mit einem Kernteam von acht, neun Spielern, die möglichst viel Einsatzzeit erreichen sollen. „Nur wer spielt, wird besser“, sagt er. Dass es ihm und seinen Trainerkollegen wieder gelingen wird, ein starkes Team für die kommende JBBL-Spielzeit auf die Beine zu stellen, davon ist Oliver Heptner überzeugt. „Das ist ja jedes Jahr so und ich bin recht tiefenentspannt, dass es auch diesmal klappt.“Trotz erschwerter Bedingungen.