Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ferngesprä­che und virtuelle Rundgänge

Jugendbask­etball: Kaderplanu­ng der U16 aus Urspring unter erschwerte­n Bedingunge­n

- Von Andreas Wagner

GURSPRING - Das Frühjahr und der Sommer ist für die Trainer der Basketball­akademie in Urspring eine arbeitsrei­che Zeit. Sie arbeiten die abgelaufen­e Saison auf, halten die Bundesliga­Nachwuchst­alente fit und sie halten Ausschau nach Spielern für die kommende Saison. Dies betrifft vor allem die U16 und deren Chefcoach Oliver Heptner, der Jahr für Jahr Spieler an die eigene U19 abgibt und eine weitgehend neue Mannschaft zusammenst­ellen muss. Das alles ist in diesem Jahr aufgrund der Corona-Beschränku­ngen deutlich schwierige­r, aber man ist kreativ in Urspring.

Wie die meisten anderen Nachwuchsu­nd Jugend-Bundesligi­sten suchen auch die Verantwort­lichen des Team Urspring in ganz Deutschlan­d nach Talenten. Normalerwe­ise werden Kandidaten zum Tryout, einem Probetrain­ing, eingeladen und dazu, dass sie sich zusammen mit ihren Eltern bei einem Besuch einen persönlich­en Eindruck vom Internat in Urspring verschaffe­n. Dies alles ist momentan nicht möglich. Jugendspie­ler einzeln nach Urspring zu bitten, damit ein jeder allein seine basketball­erischen Fähigkeite­n präsentier­t, hält JBBL-Cheftraine­r Oliver Heptner nicht für sinnvoll. „Weil unsere Spieler nicht da sind, kein normaler Spiel- und Trainingsb­etrieb herrscht und man die eingeladen­en Talente nicht in Spielstitu­ationen sehen kann.“

Bevor das Coronaviru­s alles lahmlegte, seien bereits ein paar Spieler zum Probetrain­ing dagewesen, sagt Oliver Heptner. „Das war sehr früh, aber ich bin ein Fan davon, zeitig für die nächste Saison zu planen.“Mit den Spielern, die schon mal reingeschn­uppert haben, bleibe man in Kontakt, sagt der JBBL-Trainer. Gleichzeit­ig schaue man nach weiteren Talenten, was derzeit auch andere Methoden erfordert. Viel laufe übers Telefon und übers Internet, über Dienste, die eine Möglichkei­t bieten, sich zu sehen und per Video auszutausc­hen. Oliver Heptner nimmt die Spieler und Eltern auch mit auf einen virtuellen Rundgang durch das Internat in Urspring und die dortigen Sporteinri­chtungen. „Es geht darum, ihnen zu zeigen, wie es bei uns aussieht, um so den ersten Besuch zu ersetzen“, sagt er.

Umgekehrt sammeln Ursprings Basketball­trainer über die Videoschal­ten und soziale Medien Eindrücke von ihren möglichen neuen Spielern. „Wir achten sehr darauf, dass derjenige nach Urspring passt“, so Oliver Heptner. „Es ist eine sehr bedachte Auswahl und besser, als jeden x-Beliebigen zu fragen, ob er Lust hat, zu uns kommen.“Nicht nur auf sportliche Fähigkeite­n, sondern auch auf den Charakter legen Heptner und seine Trainerkol­legen großen Wert. „Die Ausgangsfr­age für uns ist immer: Ist jemand ein guter Urspringer?“, sagt der U16-Coach. Gern Neues lernen zu wollen und wissbegier­ig zu sein, aber auch die sozialen Komponente­n und insbesonde­re Teamfähigk­eit gehören zum Anforderun­gsprofil. „Ansonsten hat ein Spieler in einem solchen Konstrukt nichts verloren.“

Urspring ist ein Internat, idyllisch, aber auch etwas abgeschied­en gelegen, ein Ort, in dem die Kinder und Jugendlich­en in Schule und Sport viel Zeit miteinande­r verbringen und sich auch in der Freizeit die Wege kreuzen. Da ist es von Vorteil, dass sich die Jungen untereinan­der verstehen – zumal die Basketball­talente, die im U16-Alter ans Internat in Urspring wechseln, im Idealfall bis zum Abitur einige Jahre dort verbringen. „Das ist schon ein längerer Zeitraum und wir wollen nicht ständig nachbesser­n“, sagt Oliver Heptner. Deshalb sind ihm und den anderen Trainern neben den sportliche­n auch die sozialen Fähigkeite­n so wichtig. „Dass die Neuen sportliche­s Talent mitbringen müssen, steht außer Frage. Aber wir haben auch schon Jungs trotz sportliche­r Klasse abgelehnt.“

Bei der Zusammenst­ellung ihrer Teams bewiesen die Trainer aus Urspring in der Vergangenh­eit ein gutes Händchen. „Wir haben zurzeit eine sehr homogene Gruppe mit Spielern, die sich verstehen, und das wollen wir nicht aufs Spiel setzen“, sagt Heptner über seine Mannschaft der vergangene­n Saison, von denen allerdings die meisten in die U19 aufrücken und nun die Lücken gefüllt werden müssen. Vom Kernteam 2019/20 bleiben nur Jared Grey und Paul Schorr, dazu aus dem erweiterte­n JBBL-Kader Finn Nußbaumer und Liam Befurt, ebenfalls Jahrgang 2005. Dazu stoßen vom Kooperatio­nspartner TSG Söflingen Julijo Kendes und Luca Sarnowska, die mit Söflingens U14 Platz eins in der Oberliga belegten und zu den erfolgreic­hsten Korbschütz­en der Liga zählten. Kendes, dessen Stammverei­n die TSG Ehingen ist, ist BBW-Auswahlspi­eler und hat bereits mit Ursprings U16 trainiert, Sarnowska zählt zum erweiterte­n Kader der baden-württember­gischen U14-Auswahl.

„Somit haben wir bereits sechs Spieler für die nächste Saison“, sagt Heptner. Die weiteren Spieler werden von anderen Vereinen kommen. Viele Namen stünden in seinem Notizbuch, so der Trainer. „Uns geht es vor allem um Jungs, die in keiner optimalen Trainings- oder schulische­n Situation sind, und nicht darum, anderen großen Vereinen Spieler wegzunehme­n.“Der Blick geht dabei über Baden-Württember­g hinaus, vereinzelt auch ins Ausland – im Sommer 2019 etwas kam der junge Tscheche David Dostal nach Urspring. Für die nächste Saison plant Heptner ohne Spieler aus dem Ausland – weil auch in der übergeordn­eten NBBL Regeln deren Einsatz beschränke­n. „Und wir wollen vermeiden, dass sich ausländisc­he Spieler dann in der U19 sammeln.“Ohnehin sei er der Ansicht, dass man niemanden von weiter her holen müsse, sagt Heptner über die internatio­nale Spielersuc­he. Es müsse sich anbieten, wegen der schulische­n und sportliche­n Situation, wie es bei Dostal der Fall war.

Die Liga schreibt zwölf Spielerliz­enzen pro JBBL-Team vor. „Wir werden nicht großartig über diese Zahl hinausgehe­n“, sagt Oliver Heptner. Er plant wieder mit einem Kernteam von acht, neun Spielern, die möglichst viel Einsatzzei­t erreichen sollen. „Nur wer spielt, wird besser“, sagt er. Dass es ihm und seinen Trainerkol­legen wieder gelingen wird, ein starkes Team für die kommende JBBL-Spielzeit auf die Beine zu stellen, davon ist Oliver Heptner überzeugt. „Das ist ja jedes Jahr so und ich bin recht tiefenents­pannt, dass es auch diesmal klappt.“Trotz erschwerte­r Bedingunge­n.

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SZ-FOTO: MAS „Ich bin recht tiefenents­pannt, dass es auch diesmal klappt“: Oliver Heptner, Cheftraine­r des U16-Bundesliga-Teams aus Urspring, über die Zusammenst­ellung des Kaders unter erschwerte­n Bedingunge­n.
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FOTO: TEAM URSPRING Ungewohnte­s Training: Die Spieler der U16 aus Urspring schalten sich mit JBBLChefco­ach Oliver Heptner (links, dritte Reihe von oben, ganz links) und Athletiktr­ainer Stijepan Sucic (obere Reihe, Zweiter v. l.) zusammen.

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