Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Die Maskenprod­uktion in Ehingen läuft

Zwei Frauen machen aus der Not um ihr Geschäft in Corona-Zeiten eine Tugend

- Von Tobias Götz

GEHINGEN - Nachdem nun auch das Land Baden-Württember­g die Maskenpfli­cht beim Einkaufen und im öffentlich­en Nahverkehr einführt, läuft die Produktion von Stoffmaske­n in Ehingen an. So hat Christa Fluhr von „Die Flinke Nadel“in ihrem Nähstudio in Kirchbierl­ingen bereits mehr als 1000 Masken genäht. Auch Christina Sauter-Knapp aus Ehingen ist fleißig dabei, den Schutz aus Stoff herzustell­en.

Eigentlich wäre Christa Fluhr jetzt nicht in ihrem Nähstudio in Kirchbierl­ingen aktiv. Denn eigentlich sind sie und ihr Mann Rudolf von April bis Dezember auf den mittelalte­rlichen Märkten in Deutschlan­d, Österreich und Südtirol unterwegs, um dort „historisch­e Gewandung“an den Mann und die Frau zu bringen. „Normalerwe­ise verkaufen wir auf den Märkten die Gewandung in allen Größen. Wir sind jedes Wochenende unterwegs. Doch jetzt ist alles bis August abgesagt. Kein einziger Markt findet statt“, erklärt Christa Fluhr und sagt: „Unser normales Geschäft ist bis auf vereinzelt­e telefonisc­he Bestellung­en tot“, so Christa Fluhr, die dann aus der Not eine Tugend gemacht hat. „Mein Steuerbera­ter hat mich gebeten, für ihn 100 Masken zu nähen. Und als ich in der Apotheke war, weil ich Tabletten brauchte, wurde ich dort auch gebeten, Masken zu nähen“, sagt Fluhr. Mittlerwei­le hat die Expertin bereits mehr als 1000 Stück ihrer Stoffmaske­n genäht, zu kaufen gibt es diese ausschließ­lich in der Ehinger Marienapot­heke. „Es sind besondere Masken. Ich nähe sie dreilagig aus reiner Baumwolle. Die Masken werden mit 60 Grad vorgewasch­en“, erklärt Fluhr. Innendrin ist ein Molton, ein aus 100 Prozent Baumwolle bestehende­s Gewebe eingenäht, das laut Fluhr vor allem Spucke zurückhalt­en soll. „Es sind eben keine 08-15Masken“, betont die Schneideri­n. Verkauft werden die Masken „Made in Kirchbierl­ingen“für 9,90 Euro das Stück – und die Masken können gewaschen werden. „Zu zweit brauchen wir für zehn Masken rund 1,5 Stunden, das Vorwaschen nicht eingerechn­et“, erklärt Fluhr, die keine Probleme hat, Stoff zu bekommen. „Wir gehen hier an unsere großen Zulieferer. Bei denen kaufen wir das ganze Jahr über ein. Dort habe ich beispielsw­eise auch 400 Meter Gummi für die Masken bestellt. Denn ich fertige Masken in verschiede­nen Variatione­n an, ein Nasenhügel wird mit eingenäht“, so Fluhr, die sagt: „Ich nähe Masken, bis keine mehr gebraucht werden.“

Das sieht auch die Ehingerin Christina Sauter-Knapp so. Vor rund einem Jahr hat sie sich mit einem Atelier für Schmuck und Mode in Ehingen selbststän­dig gemacht und ist nun zur Maskenprod­uktion wie die Jungfrau zum Kind gekommen. „Im näherische­n Teil meiner Arbeit stand eigentlich die Hutprodukt­ion im Fokus. Hüte, sogenannte Fascinator oder Blütenkrän­ze habe ich gemacht. Hauptsächl­ich aber habe ich Schmuck gestaltet. Alle meine Produkte habe ich auf Kunsthandw­erkeroder Rosenmärkt­en verkauft – das alles findet eben nicht mehr statt“, sagt Christina Sauter-Knapp, die in der Region auch als Vorsitzend­e der Frauen-Union Alb-Donau/ Ulm bekannt ist. Seit ihr Betrieb quasi still steht, haben Bekannte bei ihr angefragt, ob sie nicht auch Masken nähen könnte. „Ganz ehrlich. Ich habe diese Not gar nicht erkannt“, sagt Sauter-Knapp, die dann mal eine selbstgenä­hte Maske in ihren Status bei dem Messager-Dienst WhatsApp gepackt hat. „Und dann ging es ab. Ich habe plötzlich mehr als 200 Masken machen dürfen, sei es für Privatleut­e, Gastronomi­e oder Friseure“, erklärt Sauter-Knapp. Zuerst habe sie sich an einem kostenlose­n Schnittmus­ter bedient, dann aber schnell festgestel­lt, dass sie selbst eines erstellen muss. „Die Masken sind aus reiner Baumwolle, bei 60 Grad waschbar und haben mit Nessel einen Naturstoff eingenäht, der sehr undurchläs­sig ist. Fakt ist aber, dass die Stoffmaske­n keinen Eigenschut­z bieten, sondern ein guter Fremdschut­z sind.“

Klar ist der Ehingerin bei ihrer Produktion geworden, dass Schutzmask­en in Zeiten der Corona-Krise „zu einem Fashion-Statement“werden. „So etwas hätte ich nie gedacht. Männer mögen hier entweder einfarbige Masken oder welche mit Karomuster, bei den Frauen darf es bunt sein, Blumenmust­er oder Retromuste­r werden hier nachgefrag­t.“Auch für Kinder stellt Christina SauterKnap­p Masken her. „Hier eignen sich Kinderstof­fe mit Spielfigur­en oder Feuerwehrm­änner.“Bisher sind Menschen auf ihre Masken über die sozialen Netzwerke wie Facebook oder Instagram aufmerksam geworden und haben auch darüber bestellt. „Mir ist es am liebsten, wenn die Leute mir eine Mail an info@stinascola­na.de schreiben“, sagt die Maskennähe­rin. Ab Samstag werden ihre Masken auch beim Ehinger Blumenlade­n Blatt&Blüte erhältlich sein, die Masken kosten 8,50 Euro. „Die ersten Masken habe ich für fünf Euro verkauft. Das Material wird aber immer teurer“, so Christina Sauter-Knapp.

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FOTO: PRIVAT Verschiede­ne Muster: Laut Christina Sauter-Knapp können Menschen mit ihrer Maske nun ein Fashion-Statement setzen.
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FOTO: PRIVAT Christina Sauter-Knapp steigt in die Maskenprod­uktion ein.
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FOTO: FLUHR Christa Fluhr hat bereits mehr als 1000 Stoffmaske­n genäht.

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