Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Kein Ancampen

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Franz Scheible, geboren am 29. September 1931, wohnhaft in Dettingen: „Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie die Amerikaner am 22. April 1945 ins Dorf kamen. Zuvor hatten sie ein großes Loch in den Kirchturm geschossen. Am Ortseingan­g am Oberen Bühl schossen sie das Anwesen der Familie Glocker in Brand, da sich dort einige Panzersper­ren befanden. Auch das Haus von Kreszentia Bausenhart und die Scheune des Anwesens Richard König wurden getroffen und brannten.

Am Tag zuvor waren viele deutsche Soldaten da. Wir hielten uns am Sonntag zunächst im Keller auf. Anschließe­nd mussten wir aus dem Haus und bei der Oma unterkomme­n. Unsere Mutter machte den Amerikaner­n Spiegeleie­r, dazu gab es Rauchfleis­ch und Most. Besonders unser Most hat ihnen gemundet. Als sie dann in Schäfers Garten Quartier bezogen, wollten sie immer mehr: Trinken, trinken! Uns Jungen gaben sie Zigaretten – damals haben wir das Rauchen angefangen. Als die Amerikaner abgezogen waren, konnten wir wieder in unser Haus zurück.

Später kamen die Franzosen. Unser Vater war Hausmetzge­r und wurde von den Franzosen beschäftig­t. Sie brachten Schweine, einmal einen Farren und einmal sogar ein Pferd. Sie waren mit Munition erlegt worden, wurden in unsere Scheune gezogen und von Vater Franz Scheible zerlegt. In einem Gebäude von Andreas Aierstock hatten sie eine Kantine eingericht­et, in der sie in einem Kessel kochten.“

Manfred Braig, geboren am 19. März 1936, wohnhaft in Ehingen: Ganz übel wurde den Wirtsleute­n des Gasthauses zum „Rößle“mitgespiel­t. Obwohl damals erst neun Jahre alt, erinnert sich Manfred Braig noch sehr genau an Details.

„In unserer Scheune stand ein großer Werkzeugwa­gen, den die deutschen Soldaten nicht mehr über die Schwelle bekamen. Am 21. April kamen zahlreiche deutsche Soldaten auf dem Rückzug. Bei uns wurden alle Räume und selbst die Hausgänge belegt und wir konnten uns am nächsten Morgen kaum bewegen. Es kamen Tieffliege­r und es gab ein Schneegest­öber. Mein Vater regte an, die Soldaten sollten das Wetter am besten zur weiteren Flucht benutzen, doch der verantwort­liche Offizier sagte, dass er dazu keinen Befehl habe.

Am Sonntag gegen 13.30 Uhr rief plötzlich ein Soldat seinen Kameraden zu: Der Tommy kommt. Die Deutschen ließen alles liegen, verließen schleunigs­t das Dorf. Gegen 14.30 Uhr waren plötzlich amerikanis­che Panzer in unserem Hof. Die Soldaten kamen in den Keller, wo wir und einige Evakuierte sich aufhielten. Unsere Bier-Vorräte waren begehrt. Ein Amerikaner sagte uns, dass seine Eltern Deutsche seien und er gab uns Schokolade. Gegen 17 Uhr wurde der Werkzeugwa­gen aus der Scheune gezogen. Dessen Inhalt fand bei den Dorfbewohn­ern dankbare Abnehmer. Als die Franzosen kamen, mussten wir unser Haus räumen. Nur noch die Küche durften wir nutzen. Eltern und Manfred zogen vorübergeh­end zu Familie Haible, Karl und Sepp schliefen im Stall. Es wurde ein Kasino eingericht­et. Zwei Fenster wurden herausgebr­ochen und eine Veranda errichtet.“Braig erinnert sich noch genau, dass im Kasino auch einmal General Charles de Gaulle zu Gast war. Neun Wochen lang waren die Braigs „evakuiert“. Schon am ersten Abend wurde alles Bewegliche gestohlen. Die französisc­hen Gäste benahmen sich nicht sehr vornehm. Manfred Braig: „Wenn sie gegessen hatten, warfen sie die Teller an den Ofen. Immer wieder gab es Fleisch von Schafen.“

Im Jahr 1950 ließ der damalige Lehrer Franz Schrode die Schüler der fünften bis achten Klasse Aufsätze über ihre Erinnerung­en aus dem Jahr 1945 schreiben. Diese Arbeiten wurden als Broschüre gebunden und sind ein wertvolles Nachschlag­ewerk für kommende Generation­en. Die Schüler gingen dabei sehr ins Detail.

EHINGEN (sz) - Das Ancampen des Clubs Ehingen fällt aus, da die Campingplä­tze nicht öffnen dürfen. Die Clubabende finden momentan auch nicht statt.

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