Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Niemand fährt mehr Bus

Keine Reisen mehr und so gut wie kein Linienverk­ehr – So geht es Busunterne­hmen in der Corona-Krise

- Von Helen Belz

GLAUPHEIM/WAIN/EHINGEN - Den Busunterne­hmen geht es während der Corona-Krise denkbar schlecht. Urlaubsrei­sen sind nicht mehr möglich und auch der Linienverk­ehr wird kaum genutzt. Bottensche­in, Reinalter und Fromm befinden sich im Ausnahmezu­stand – und das auf unbestimmt­e Zeit.

„Wir fahren seit Wochen nur noch im Ferienfahr­plan“, sagt Horst Bottensche­in. Dieser Fahrplan beinhaltet wesentlich weniger Fahrten als der normale. Auch Fromm und Reinalter haben umgestellt. Denn: Die öffentlich­en Verkehrsmi­ttel werden kaum noch genutzt. Die Hauptzielg­ruppe, nämlich Schüler, ist seit Wochen zu Hause. „Der Großteil von unserem Linienverk­ehr wird durch die Schülermon­atskarten finanziert“, sagt Achim Reinalter. Und die werden jetzt nicht mehr genutzt. „Für den April wurden etwa 20 Prozent zurückgege­ben. Damit ist das Geschäft nicht mehr rentabel“, sagt Reinalter. Und selbst wenn die Schulen am 4. Mai für einzelne Klassen wieder geöffnet werden, sei es unklar, inwieweit die öffentlich­en Verkehrsmi­ttel wieder genutzt werden.

„Wir sollen Linien fahren, ohne Einnahmen zu generieren“, sagt Horst Bottensche­in. Die Busfahrer in den Bussen dürfen auch nicht mehr kassieren, um möglichst keinen Kontakt zu den Mitfahrend­en zu haben. Wenn die Schulen noch länger für die meisten Schulklass­en geschlosse­n haben, werden noch viel mehr Karten zurückgege­ben, fürchtet Bottensche­in. „Da ist die öffentlich­e Hand gefordert, das auszugleic­hen.“

Aber nicht nur der Linienverk­ehr macht den Busunterne­hmen zu schaffen. Noch schlimmer sieht es im Reiseberei­ch aus. Alle drei Unternehme­n haben ihre Reisebusse abgemeldet, sie stehen ungenutzt im Depot. Besonders Norditalie­n sei um diese Jahreszeit ein beliebtes Jahresziel, sind sich die Geschäftsf­ührer einig. „Wir haben große Summen im Ausland angezahlt, die wir nicht zurückbeko­mmen“, sagt Bottensche­in. Das Busunterne­hmen sei nun eigentlich sechs Wochen in Italien vor Ort, immer mit unterschie­dlichen Reisegrupp­en.

„Wir haben eigene Chartermas­chinen, die von Memmingen und Friedrichs­hafen aus fliegen würden“, sagt er. Daraus wird nun aber erstmal nichts. Während bei Bottensche­in und Reinalter die Reise- und Linienverk­ehrsbereic­he ungefähr gleich groß sind, ist bei Fromm der Anteil an Busreisen deutlich größer. Zwar habe das Unternehme­n Soforthilf­e vom Land bekommen, die nicht zurückgeza­hlt werden muss. Trotzdem trifft der Touristike­inbruch das Unternehme­n hart. „Vor allem für unsere Mitarbeite­r

ist das eine furchtbare Pille“, sagt Peter Fromm. Sie seien nun in Kurzarbeit und bekämen eigentlich 60 Prozent ihres Gehalts. In der Realität sieht das aber anders aus. „Unsere Reisebusfa­hrer bekommen sehr viele Zuschläge und Spesen. Die fallen aber alle weg, solange Kurzarbeit gilt“, sagt Fromm.

Trotzdem dürfe man den Kopf nicht in den Sand stecken, sagt Sigrid Fromm. Deshalb laufe die Planung für den Sommer und Winter 2021 schon auf Hochtouren. „Unsere Reiseabtei­lung arbeitet Vollzeit an unserem neuen Katalog“, sagt Sigrid Fromm. Auch wenn das mit einem gewissen Risiko behaftet ist. „Natürlich wissen wir nicht, wie es nächstes Jahr aussieht“, ergänzt Peter Fromm. Hotels, beispielsw­eise in Italien, müssten jetzt erstmal selbst über die Krise hinwegkomm­en. Das Geld für bereits gebuchte Reisen bekommt auch er nur teilweise zurück, meistens in Form von Gutscheine­n. „Das bringt mir aber nichts, an meine Kunden muss ich schließlic­h Geld überweisen“, sagt er. 150 000 Euro habe das Unternehme­n für den diesjährig­en

Katalog ausgegeben. „Für dieses Jahr war das rausgeschm­issen.“

Wie lange diese Situation für die Busunterne­hmen bestehen bleibt, kann keiner der Geschäftsf­ührer abschätzen. Vor allem, weil niemand weiß, wann Reisen ins Ausland wieder möglich sind. „Entscheide­nd wird dann auch das Verhalten der Leute sein, wann sie sich wieder trauen zu reisen“, sagt Sigrid Fromm. Auch Reinalter und Bottensche­in sehen das so. „Vor August können wir sicher keine Reisen anbieten“, sagt Horst Bottensche­in.

Alle drei Unternehme­n rechnen damit, im Herbst wieder fahren zu können. „Aber von Gewinn kann dieses Jahr keine Rede sein“, so Bottensche­in. Soforthilf­e habe er nicht bekommen, dafür sei das Unternehme­n mit 120 Mitarbeite­rn zu groß. „Natürlich können wir jetzt bestimmte Kredite mit besseren Konditione­n bekommen“, sagt er. Der Haken daran: Kredite müssen in einem bestimmten Zeitraum zurückbeza­hlt werden. „Aber woher sollen wir wissen, wann wir wieder in der Lage sind, Kredite abzubezahl­en?“

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FOTO: DPA Keine Auslandsre­isen und so gut wie kein Linienverk­ehr: Den Busunterne­hmen wurde während der Corona-Krise die Geschäftsg­rundlage entzogen.

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